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3.5.2.3 Das Charisma im Spannungsfeld von Ekklesia und Institution

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Die für Theorie und Praxis des Gemeindeaufbaus grundlegende Unterscheidung und funktionale Zuordnung von Kircheninstitution und Ekklesia spiegelt sich im Charismenverständnis wider: Ort der Erkenntnis und Praxis der Charismen ist in erster Linie die Ekklesia als einer durch Hören und Beten, Feiern und Arbeiten bestimmten ganzheitlichen Gemeinschaft. Der Kirche als Institution wird im Gegenzug charismatische Qualität abgesprochen. Sie kann und soll weder Ekklesia noch charismatische Gemeinde werden.

«Kirchenmitglieder sind nicht Träger des Heiligen Geistes, Charismatiker und königliche Priester, wenn sie kein persönliches Verhältnis zu Jesus haben und wenn sie nicht am Leben der Ekklesia teilhaben. Es ist deshalb völlig sinnlos, die neutestamentliche Erkenntnis, daß jeder Christ im Dienst steht und es deshalb keine passiven Glieder am Leib Christi geben kann, auf die Kirchenmitglieder zu beziehen, um sie so zur Aktivität zu motivieren.»[686]

Die von den Autoren beklagte «Unterscheidung zwischen Ordinierten und Laien» und die «Pastorenorientierung»[687] ist nicht innerhalb der Kirche, sondern nur innerhalb der Ekklesia zu überwinden. Veränderungen von Gestalt und Ordnung der Kirche können nur über das exemplarische Vorbild der Ekklesia geschehen.[688]

Dennoch steht die Institution nicht im prinzipiellen unvereinbaren Gegensatz zur Ekklesia und ebenso wenig zum Charisma. Im Gegenteil, sie hat mit ihrer Ordnung und ihrem Recht eine wichtige Funktion für die charismatische Gemeinde: Sie dient dazu, «den Heiligen Geist und seine Charismen in der Gemeinde zum Zuge zu bringen»[689]. Recht und Ordnung sind nur dann mit dem Charisma unvereinbar, wenn sie zu seinem Ersatz werden und es institutionell zu sichern suchen. Obwohl die Ekklesia der eigentliche Ort ist, an dem die Charismen entdeckt werden, ist das Wirken nicht auf sie beschränkt. Vielmehr befähigen die Charismen die Ekklesia zu einem engagierten Wirken in der Kirche, um in ihr Gemeindeaufbau zu betreiben. Die Kirche ist aber nicht nur «erster Adressat», sondern zugleich auch der «Transmissionsriemen»[690] (Gollwitzer) für das Wirken der Ekklesia in die Gesellschaft hinein. Im Rahmen der diakonischen und politischen Verantwortung der Kircheninstitution gelangen die Charismen auch in ihrer gesellschaftskritischen Relevanz zur Wirkung. Im Streit um die Wiederbewaffnung haben die Autoren selbst ein eindrückliches Beispiel eines solchen Engagements gegeben.[691] Das heißt: Die Charismen werden zwar in der Ekklesia entdeckt, bewahren sie jedoch vor selbstzufriedener Abschottung. Sie sind die Dynamis, die die Ekklesia zum engagierten Wirken in Kirche und Gesellschaft bewegt.

Charisma als Grundbegriff der Praktischen Theologie

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