Читать книгу Charisma als Grundbegriff der Praktischen Theologie - Dirk Kellner - Страница 58

3.5.3 Der Gabentest

Оглавление

Während in der «Theologie des Gemeindeaufbaus» der Prozess der Entdeckung und der Identifikation der Gaben vor allem im konkreten Lebensvollzug der Ekklesia verortet wird, versucht ihn Christian A. Schwarz in weiteren Veröffentlichungen zu standardisieren und methodisieren. Hierbei kommt der pragmatische Ansatz der amerikanischen Church-Growth-Bewegung zum Tragen, den Christian A. Schwarz durch C. Peter Wagner kennen lernte. Dessen Buch «Your Spiritual Gifts Can Help Your Church Grow» (1979) hat er ins Deutsche übertragen und hält es für das «beste Buch über geistliche Gaben […], das derzeit erhältlich ist»[692]. Von keinem habe er «mehr auf diesem Gebiet gelernt, als von Peter Wagner»[693]. Daher lehnt sich der 1988 erstmals veröffentlichte, ständig weiterentwickelte und jeweils 1997 und 2001 in völlig neu bearbeiteter Auflage erschienene «Gabentest» sehr eng an Wagners Vorgaben an.[694]

So definiert Christian A. Schwarz in fast wörtlicher Übereinstimmung mit Wagner eine geistliche Gabe als «eine besondere Fähigkeit, die der Heilige Geist jedem Christen – nach Gottes Gnade – gibt und die zum Aufbau des Leibes Christi eingesetzt werden muss»[695]. In der Neuauflage von 2001 wird diese Definition verändert: Das Ursprungssubjekt der Charismen ist nicht mehr der «Heilige Geist», sondern «Gott». Damit versucht Schwarz dem neuen «trinitarischen Ansatz» gerecht zu werden, der diejenigen Gaben, die dem «geschöpflichen Bereich» zugeordnet sind, ebenso als «geistliche Gaben» versteht, wie jene, die heuristisch dem Bereich der «Erlösung» (bzw. dem Sohn) oder dem Bereich der «Heiligung» (bzw. dem Geist) zugerechnet werden können.[696]

In Übereinstimmung mit Wagner geht Schwarz davon aus, dass geistliche Gaben nicht «nur für den Augenblick», sondern «zum lebenslangen Gebrauch» gegeben seien, und dadurch ein bedeutender Hinweis auf die Berufung eines Menschen liefern.[697] Neu gegenüber Wagner ist die Unterscheidung von «manifesten Gaben» und «latenten Gaben».[698] Als letztere bezeichnet Schwarz zunächst nur die Gaben, die möglicherweise zu den bereits vorhandenen, «manifesten» Gaben gehören und sich durch «Experimentieren» als solche erweisen. Nach der Neuauflage des Gabentests von 1997 können «latente Gaben» auch «neue Gaben» sein. Ob es sich dabei um bereits verborgene und neu entdeckte oder neu geschenkte Gaben handelt, sei in der Praxis oft nicht zu entscheiden und ohne besondere Relevanz.[699] Der Begriff der «latenten Gabe» soll vor einem statischen Missverständnis bewahren und den «Blick für Bereiche öffnen, in denen sich in Zukunft Veränderungen zeigen können»[700].

Der Prozess der Entdeckung der Gaben vollzieht sich nach Schwarz in einem mehrteiligen Prozess, der Wagners Fünf-Schritte-Plan entspricht (→ 3.5.1.2). Zur Überprüfung der Ergebnisse bietet Christian A. Schwarz einen «60-Minuten-Gabentest»[701], der von der «Agentur für Gemeindeaufbau und Publizistik» nach der Auswertung von über 20 Gabentests aus dem anglo-amerikanischen Raum entwickelt wurde. Mittels 162 (in der Neuauflage von 1993 bzw. 2001: 180) Testfragen prüft er die emotionale Beteiligung («Freude»), den Wunsch zur Ausübung einer bestimmten Gabe, die bisherige Erfahrung, das Problembewusstsein in dem der Gabe entsprechenden Bereich, die Selbsteinschätzung der vorhandenen Fähigkeit und die Bereitschaft zu einem der Gabe entsprechenden bestimmten Dienst in der Gemeinde. Hinzu kommt ein Fragebogen, in der sich eine Fremdwahrnehmung abbilden soll.


Wie schon in der «Theologie des Gemeindeaufbaus» geht es Christian A. Schwarz auch im «Gabentest» um die konsequente Einbindung der Gaben in den Gemeindeaufbau. Der Entdeckungsprozess führt nicht nur den Einzelnen an den Ort seiner Berufung, sondern zeigt auch der Gemeinde den «Ausgangspunkt für den Gemeindeaufbau»[702]. Durch Erhebung der in der Gemeinde besonders gehäuft vorkommenden Gaben kann ihre spezifische «Gabenkombination»[703] erarbeitet werden. Sie zeigt, was Gott bereits in der Gemeinde gewirkt hat, wo ihre Stärken liegen und welche Aufgaben im Gemeindeaufbau als Nächstes angegangen werden können.

Charisma als Grundbegriff der Praktischen Theologie

Подняться наверх