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1.3. Privat offline – was bringt das?

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31 % der Menschen, die ihren Feierabend wieder in digitalen Netzen verbringen, können ihren ungesunden Stress auf diese Weise nicht abbauen.

Im Gegensatz dazu haben aber nur 5 % der Personen, die in ihrer Freizeit bewusst offline gehen, Probleme, ihren Disstress zu reduzieren. Die übrigen haben Bewältigungsstrategien entwickelt, die ihnen helfen ihre innere Anspannung gezielt abzubauen: Sport als Ausgleich, Treffen mit Familien und Freunden, genussvolles Essen ohne Handykontakt oder Hobbys, die Spaß machen und ablenken. (5)

Auch wir haben in unserem Stresscenter in Wien, im Gesundheitszentrum Döbling, viele Burnout-Patienten betreut und festgestellt, dass jeder fünfte Patient hoffte, sich durch das Internet und soziale Handykontakte von seinem angeschlagenen Gesundheitszustand abzulenken.

Die Betroffenen konnten dann aber nicht mehr abschalten und waren in ihrem Kopf 24 Stunden online beschäftigt. Dass diese Gruppe auch unter Schlafstörungen litt, war nur eine Folgeerscheinung ihrer innerlichen Unruhe und dem Wunsch ständig erreichbar zu sein.

Falls Sie ähnliche Muster erkennen und nicht sicher sind, ob eine Anfälligkeit in Richtung Internetsucht bereits gegeben ist, soll die Beschreibung einer unserer Patienten über seinen Zustand für Sie mehr Klarheit bringen.

Heinz:

Ich weiß, dass es besser wäre, mir Hobbys oder Entspannungstechniken zu suchen, aber ich habe ständig den exzessiven Drang, auch in meiner Freizeit nach meinem Handy zu greifen. Im Arbeitsalltag ist es normal, dass ich zwei Handys besitze, die ich abwechselnd kontrolliere und sogar auf das WC mitnehme, um nichts zu versäumen.

Meinen Arbeitstag verbringe ich mehrheitlich vor meinem PC und auch in der Mittagspause habe ich es mir neben dem Essen angewöhnt, meine Aktienkurse zu kontrollieren, wobei diese Tätigkeit mich an manchen Tagen noch zusätzlich stresst.

Mit meiner Frau habe ich abends dann jede Menge Ärger, weil sie behauptet, dass ich auch beim Abendessen ständig mit meinen beiden Handys spiele, statt ihr aktiv zuzuhören. Und wenn ich ehrlich zu mir bin, dann muss ich ihr recht geben. Kaum verlässt sie für einen Moment den Raum, halte ich bereits mein Handy in der Hand, um nachzuschauen, was ich versäumt haben könnte.

Unter Schlafstörungen leide ich bereits seit einigen Jahren, im Gegensatz zu meiner Frau, die kein Problem hat, rasch einzuschlafen. Natürlich habe ich da begonnen, ungestört mit dem Handy ins Internet zu gehen, um müde zu werden. Leider erfolglos, da ich oft zwei Stunden mit dem Handy in der Hand wach liege. Morgens bin ich schon um 5 Uhr munter, und wenn meine Frau die Augen aufschlägt, sieht sie mich meistens mit dem Handy in der Hand. Das hat bei uns bereits zu einer Beziehungskrise geführt, weil auch unsere sexuellen Kontakte durch meinen regen Handyverkehr stark reduziert wurden.

Langsam glaube ich selbst, dass meine mangelnde Lust auf Sex mit meiner Handysucht zu tun hat. Und ich merke auch, dass ich zunehmend gereizter werde, wenn mich jemand bei meinen Internetkontakten stört oder durch Aufgaben ablenken will. Wenn ich einige Stunden nicht im Netz war, habe ich auch gleich die Sorge, etwas Wichtiges verpasst zu haben.

Ich glaube, ich brauche jetzt wirklich rasche Hilfe, um meine Gesundheit und meine Beziehung wiederaufzubauen. Manchmal träume ich von der Zeit, in der ich kein Handy hatte, aber viele Interessen und Hobbys. Mein Leben muss sich wieder ändern.

Diese Beschreibung ist leider kein Einzelfall. 21 % der Männer haben Angst, etwas zu verpassen, wenn sie nicht online sind. So ist für diesen Typ bereits der Begriff FOMO – Fear of missing out entstanden. Unter dieser Angst leiden aber nur 14 % der Frauen.

Das Internet und unsere sozialen Netzwerke haben den Stresspegel vieler Menschen in unserem digitalen Zeitalter erhöht und stellen uns alle vor eine große persönliche Herausforderung. Wir müssen lernen, die unbegrenzten Möglichkeiten der digitalen Revolution für uns zu filtern und digitale Abwechslung in der Freizeit gezielt einzusetzen. Studien zeigen, dass Internetkonsum nur teilweise zum Stressabbau geeignet ist. Vor allem, wenn Sie den ganzen Tag sitzend vor dem Bildschirm verbringen und dann noch zu Hause in den Fernseher oder ins Handy schauen.

Der Deutsche Neurowissenschaftler und Psychiater Prof. Dr. Manfred Spitzer:

Digitale Demenz ist ein Prozess, der von einem optimalen Zustand des Geistes wegführt. Durch Zunahme digitaler Medien wird weniger Wissen erworben, wodurch unsere Gedächtnisleistung sinkt. Wir können dadurch weniger auswendig lernen und kommen so ins „Zeitalter der Vergesslichkeit“.

Vielleicht gehören Sie aber bereits zu der Gruppe, die einen digitalen Gegentrend entwickelt hat, und Spaß dabei empfindet, nicht immer online sein zu müssen – die Gruppe der JOMO – Joy of missing out. Das sind Menschen, die bewusst Offline-Phasen in ihre Freizeit integrieren, um sportliche oder mentale Techniken als Ausgleichsprogramm zu genießen. Wobei die Altersunterschiede hier sehr deutlich sind: 40 % der 18–39-Jährigen wollen „always on“ sein, während die Gruppe der 60+ nur zu 18 % immer dabei sein will. (6)

Meister deines Lebens

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