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2.1 Wertschöpfung: Prozesse, Ketten und Netzwerke

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Wir wollen uns zunächst ein Begriffsverständnis zu Wertschöpfung, Wertschöpfungsprozessen und Wertschöpfungsnetzwerken bilden, um damit die Grundlage für eine Supply Chain-Definition zu schaffen. Nehmen wir hierzu als Ausgangspunkt eine allgemeine Prozesssichtweise ein, so kann zunächst das Konzept der Geschäftsprozesse (Business Processes) herangezogen werden, durch das betriebliche Abläufe erfasst und formal beschrieben werden (Staud, 1999). Synonym werden hierfür auch die Begriffe Unternehmens- oder Leistungsprozess verwendet (Lasch 1998). Geschäftsprozesse sind »[…] Abfolgen von Aktivitäten, die in einem logischen inneren Zusammenhang dadurch stehen, dass sie im Ergebnis zu einem Produkt bzw. Leistung führen, die durch einen Kunden(-prozess) nachgefragt wird« (Gaitanides,1996, Sp. 1683).

Ein Geschäftsprozess besteht aus einer »[…] Serie von Handlungen, Tätigkeiten oder Verrichtungen zur Schaffung von Produkten oder Dienstleistungen […], die in einem direkten Beziehungszusammenhang stehen […]« (Striening, 1988, S. 57). Geschäftsprozesse sind demnach »[…] betriebliche Abläufe, die zur Leistungserstellung und -vermarktung eines Produkts oder einer Dienstleistung vollzogen werden müssen« (Gaitanides et al., 1994, S. 166). Das Ergebnis von Geschäftsprozessen sind dann Leistungen, die von internen oder externen Kunden nachgefragt werden (Scheer, 1998). Gemäß dem Kunden-Lieferanten-Prinzip werden die einem bestimmten Geschäftsprozess vorgelagerten Prozesse als Lieferantenprozesse angesehen, während die ihm nachgelagerten Prozesse Kundenprozesse darstellen. Ein Kundenprozess bezieht von ihm vorgelagerten Lieferantenprozessen bestimmte Vorleistungen als Prozessinput, welcher unter Einsatz interner Inputfaktoren im Rahmen eines Geschäftsprozesses in das Prozessergebnis transformiert wird, das von nachfolgenden Kundenprozessen nachgefragt wird (Pibernik, 2001). Das Ergebnis eines Geschäftsprozesses, der Prozessoutput, stellt somit einen Teil des Prozessinputs der (des) ihm nachgelagerten Geschäftsprozesse(s) dar.

Der Vollzug eines Geschäftsprozesses schafft einen Wert für einen internen oder externen Kunden. Das Konzept des Geschäftsprozesses ist somit ergebnisorientiert und auf den mit dem Prozessergebnis bzw. Prozessoutput für interne oder externe Kunden geschaffenen Wert fokussiert. In diesem Kontext spricht auch Porter (1985, S. 39) von einem Wert (value), der durch einen Prozess (activity) geschaffen wird. Porter (1985) differenziert solche Wertaktivitäten in Unternehmen in primäre Wertaktivitäten, die unmittelbar auf die Leistungserstellung und Leistungsverwertung ausgerichtet sind, und sekundäre Wertaktivitäten, die die Durchführung einzelner primärer Wertaktivitäten oder auf der Unternehmensebene die Gesamtheit der Wertaktivitäten unterstützen ( Abb. 1-16).


Abb. 1-16: Value Chain (Wertkette) nach Porter (Quelle: Porter, 1985, S. 37)

Zu den primären Aktivitäten zählen die Produktionsprozesse, die auf die Erstellung von Gütern (Sach- und Dienstleistungen) ausgerichtet sind, Marketingprozesse, die den Verkauf der für den Markt bestimmten Güter ermöglichen oder unterstützen sowie Logistikprozesse, die das Unternehmen bedarfsgerecht mit den extern zu beschaffenden Gütern (Beschaffungslogistik, Einkauf) sowie den Markt bedarfsgerecht mit den erstellten Endprodukten (Distributionslogistik) versorgen. Primäre Aktivitäten lassen sich in einer logischen Reihenfolge ( Abb. 1-16) darstellen, d. h. von den Aktivitäten zu Beginn der Leistungserstellung hin zu den Aktivitäten zur Übergabe der Leistung an den Endkunden (Reisinger et al., 2017). Zu den sekundären Aktivitäten, welche die Voraussetzungen für die Durchführung der primären Prozesse schaffen oder ihre Ausführung unterstützen, zählen die Prozesse zur Beschaffung der Potenzialfaktoren. Die Prozesse der Personalbeschaffung und Personalentwicklung umfassen die Akquise sowie die Aus- und Weiterbildung des Personals. Die Prozesse der Technologiebeschaffung, -entwicklung und -instandhaltung betreffen die einzusetzenden technischen Ausrüstungen der Betriebsmittel (z. B. Maschinen, Werkzeuge, Transportmittel) sowie das notwendige technische Know-how für die durchzuführenden Arbeitsabläufe. Sie sorgen darüber hinaus für die Erhaltung des Leistungspotenzials und die technologische Weiterentwicklung. Zu den sekundären Aktivitäten, die auf Unternehmensebene die Gesamtheit der Aktivitäten unterstützen, zählen die Aktivitäten in den Funktionsbereichen Finanzierung, Rechnungswesen und Unternehmensführung.

Anstatt des korrekten Begriffs Wertkette wird für den von Porter verwendeten Begriff Value Chain häufig die fälschliche Übersetzung Wertschöpfungskette verwendet (Pibernik, 2001). Diese unglückliche Verwendung findet sich z. B. bei Hahn (1996, S. 411). Entsprechend wird der Begriff Value als Wertschöpfung bezeichnet und nicht als Wert. So findet sich bei Porter (1985, S. 38): »A firm is profitable if the value it commands exceeds the costs involved in creating the product.« In der Übersetzung (Porter 2014, S. 66) findet sich dann: »Ein Unternehmen arbeitet gewinnbringend, wenn seine Wertschöpfung über den Kosten für die Erstellung des Produktes liegt.« Auch wenn beide Aussagen richtig sind, wird doch eine inkorrekte und verwirrende Verwendung der Begriffe Wert (value) und Wertschöpfung (vaue added) bekräftigt.

Sowohl das Konzept der Geschäftsprozesse (Gaitanides, 1996) als auch das Konzept der Wertaktivitäten (Porter, 1985) fokussieren den Output in Form des durch einen Prozess geschaffenen Wertes ohne den dafür notwendigen Input zu berücksichtigen (Pibernik, 2001). Zur Abbildung der sich in Unternehmen vollziehenden Prozesse bietet es sich deshalb an, das Konzept der Wertschöpfungsprozesse heranzuziehen, welches aufgrund der expliziten Berücksichtigung des Prozessinputs über das Konzept der Geschäftsprozesse hinausgeht ( Abb. 1-17).


Abb. 1-17: Wertschöpfungsprozess

Ein Wertschöpfungsprozess (oder eine Wertschöpfungsprozesskette) ist »[…] any activity or group/series of activities that takes an input, adds value to it, and provides an output to an internal or external customer« (Harrington,1991, S. 9). Die Wertschöpfung (value added) eines Wertschöpfungsprozesses bezeichnet dann den Wert, der dem Gesamtwert der Vorleistungen durch den betrachteten Wertschöpfungsprozess hinzugefügt wird (Weber, 1993).

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