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2.3.3 Landschaftsgärtner und Gartengestalter und der „Freiwillige Arbeitsdienst“126

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Für die Gartenarchitekten und Gartengestalter eröffneten sich durch den Machtwechsel neue Betätigungsfelder, z. B. der Bau von Sportstätten, es stieg aber auch die Konkurrenz.

Körperliche Betätigung, Turnen und Sport wurden von Dollfuß rasch als massenwirksam und deshalb wichtig erkannt, ebenso deren Potenzial für die „Volksertüchtigung und Wehrerziehung“.127 Dem Mangel an Übungsstätten wurde zunächst durch die Neuzuteilung der ehemaligen Sportplätze der Sozialdemokraten abgeholfen und später, wie der Historiker Matthias Marschik beschrieb, „durch ein weitreichendes Konzept zum Sportstättenbau entgegengewirkt, das mithilfe arbeitsloser Jugendlicher im Rahmen des ‚Freiwilligen Arbeitsdienstes‘ umgesetzt wurde“.128

Der „Freiwillige Österreichische Arbeitsdienst“ war ein von der Dollfuß-Regierung im August 1932 in Anlehnung an den „Freiwilligen Arbeitsdienst“ im Deutschen Reich beschlossenes Instrument zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Ein Jahr später, im Oktober 1933, leisteten bereits 20.000 Personen – die Hälfte davon lebte in den 240 Arbeitslagern – ihrer Arbeitsdienst und wurden dabei bei Großprojekten wie dem Bau der Höhenstraße auf dem Kahlenberg oder dem Reichsbrückenbau in Wien eingesetzt. Bis 1935 wurde der Arbeitsdienst ausgebaut, danach aber reduziert. 1937 wurden nur noch 4500 Personen zum Arbeitsdienst herangezogen.129

Da der Sportstättenbau ein wichtiges Betätigungsfeld und eine bedeutende Einnahmequelle für Gartenarchitekten und Landschaftsgestalter war, führte die Einbindung des „Freiwilligen Arbeitsdienstes“ rasch zu Klagen seitens der gewerblichen Gärtner, aber auch die Einbindung des „Freiwilligen Arbeitsdienstes“ im Rahmen von Instandhaltungsarbeiten bei den Bundesgärten wurde beklagt und in der Innungszeitschrift „Der Erwerbsgärtner“ kommentiert:

„Nun aber ist auch in Schönbrunn ein Lager des freiwilligen Arbeitsdienstes eingerichtet worden. Es ist vielleicht nicht in jeder Hinsicht unsere Sache, schon allein darüber ungehalten zu sein, daß für die bisherigen, gärtnerisch qualifizierten Arbeitskräfte, die dort jährlich bei den umfangreichen Instandhaltungsarbeiten ihr Brot fanden, nunmehr durch diesen freiwilligen Arbeitsdienst brotlos gemacht sind und unfreiwillig in die Liste der Arbeitslosen gedrängt wurden.

Jene Tatsache aber, daß dieser freiwillige Arbeitsdienst schon seit geraumer Zeit, im Dienste der Schönbrunner Schloßhauptmannschaft, überdies auch dazu benützt wird, dem Steuerzahlenden und von den vielen Abgaben sich weiß blutenden Gewerbe Arbeiten zu nehmen, interessiert uns sehr. Es ist unsere berufene Pflicht und Aufgabe mit einem restlosen Erfolg dagegen anzukämpfen und zwingt uns in unserem harten Existenzkampf gebieterisch zu der Forderung, daß hier ohne Verzug Abhilfe geschaffen wird. Hier beginnt jene ‚unreelle Konkurrenz‘, man könnte sagen jener ‚Dumping‘, wo dem steuerzahlenden Gewerbe und den ‚umsonst Kräften‘ der öffentlichen Hand die Konkurrenz gemacht wird. Denn diese Kräfte sind von der Bauleitung bis zum Hilfsarbeiter, aus Staatsmitteln besoldet und sind ihrerseits weder Steuer- noch Abgabenpflichtig. Wenn (im gegenständlichen Falle) diese Praxis der Schloßhauptmannschaft ‚Schule macht‘, so ist sie geeignet insbesondere jenen Teil der Landschaftsgärtner um ihre Existenz zu bringen, die sich bisher als Spezialität mit der Ausführung von Sport- und Spielanlagen, Rasenplätzen ec. befaßt hat.“130

Besonderen Ärger auf Seiten der gewerblichen Gärtnerschaft erregten die Vergabe landschaftsgärtnerischer Arbeiten im Zuge der Erweiterung und Regulierung der Billrothstraße, die Errichtung eines Sportplatzes am Institut für Turnlehrerausbildung in der Sensengasse 3 oder die Errichtung eines Sportplatzes für ein Gymnasium im 14. Bezirk an den „Freiwilligen Arbeitsdienst“.131

Zwischen Gartenbau und Gartenkunst: Gärtner und Gartengestalter in Wien und Umgebung 1918–1945

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