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2.3.4 Exkurs: Gärtnerische Verflechtungen

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Während der Habsburger-Monarchie gab es vielfältige berufliche Vernetzungen mit Deutschland und anderen europäischen Staaten. Zahlreiche der in führenden Stellungen tätigen Gärtner, waren in ganz Europa herumgekommen, hatten in verschiedenen deutschen, englischen oder belgischen Gartenbaubetrieben praktiziert oder in Berlin-Dahlem die Höhere Gartenbauschule besucht.

Beispielhaft für die vielfältige Arbeitstätigkeit innerhalb Europas sei der 1848 in Wien geborene Johann Konrad Rosenthal genannt. Er absolvierte seine Lehrzeit in einer Baumschule und Samenhandlung in Celle (Hannover) und war danach ein Jahr in Gent tätig. Von 1867 bis 1868 besuchte er die Höhere Gärtnerlehranstalt Berlin-Dahlem, arbeitete danach in Metz und wechselte ein Jahr später wieder den Arbeitgeber, um in Paris und Versailles zu wirken. 1870 ging Rosenthal nach Großbritannien und arbeitete in Edinburgh, Kew Gardens und Hampton Court. Er kehrte 1872 nach Wien zurück und übernahm eine Baumschule, die er 1897 wieder verkaufte, um im Jahr darauf bei der Firma Späth in Berlin zu arbeiten. Im Laufe seiner beruflichen Tätigkeit wurde ihm auch der Titel k. k. Hofkunstgärtner verliehen. Rosenthal starb im Alter von nur 51 Jahren 1899 in Deutschland.132

Ein weiteres Beispiel ist Wilhelm Lauche, der spätere Leiter der Höheren Obstund Gartenbauschule in Eisgrub. Lauche, am 12. Juni 1859 in Abtnaundorf bei Leipzig geboren, absolvierte in seinem Heimatdorf und an der Kgl. Gärtnerlehranstalt Wildpark-Potsdamm seine Ausbildung und studierte im Anschluss Botanik in Leipzig. Danach arbeitete er in Gent, Herrenhausen und Proskau um schließlich 1883 in die Dienste des Fürsten Liechtenstein zu treten. Er avancierte zum Direktor der Liechtensteinschen Hofgärten in Eisgrub, war k. k. Regierungsrat und Honorardozent an der Hochschule für Bodenkultur in Wien – mit einem Wort ein wichtiges und verdientes Mitglied der österreichischen Gesellschaft.133

Anhand dieses Beispiels wird deutlich, wie durchlässig der Arbeitsmarkt für gut ausgebildete Gärtner war und welch internationale „Wissensnetzwerke“ ihnen zur Verfügung standen. Reisestipendien und Empfehlungsschreiben trugen das Ihre zum europäischen Austausch bei.

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges erwies sich die internationale Zusammenarbeit mit den Kollegen aufgrund territorialer Verschiebungen als schwieriger und Karrierewege wie der zuvor beschriebene wurden nahezu unmöglich. Zwar publizierten die ehemaligen Mitbürger und nunmehrigen Tschechen, Ungarn, Serben etc. nach wie vor in österreichischen Gartenmedien der persönliche Kontakt und die Reisetätigkeit verkomplizierte sich jedoch aufgrund von Ländergrenzen, Reisepässen und hohen Transportkosten.

Der Wunsch nach einer engeren Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Österreich bestand um 1920 auf beiden Seiten. Unter dem Eindruck der Eingliederung verschiedener österreichischer Landesobstbauvereine in die Österreichische Gartenbau-Gesellschaft räsonierte der Eisenacher Gartendirektor Arthur Janson über einen Zusammenschluss des deutschen und österreichischen Gartenbaus:

„Der von uns und Oesterreich erpreßte Friedensvertrag hat freilich die Zusicherung erzwungen, auf eine Vereinigung von Deutsch-Oesterreich mit dem Deutschen Reiche zu verzichten. Jeder Erpressung aber fehlt die Rechtsgültigkeit. Wir alle, ob Reichsdeutsche oder Deutschösterreicher, fühlen, daß der Tag kommen wird, an dem wir ein eigenes Volk sein werden, und damit wird auch die Stunde kommen, wo der Gartenbau beider, jetzt noch getrennten Staaten, dieselben Ziele und Interessen haben wird. Es zeugt von der Weitsichtigkeit der österreichischen Gartenbaukreise, wenn sie den Willen aussprechen, diesen Zusammenschluß geistig vorzubereiten. Die Notwendigkeit des Zusammenschlusses mit Deutschland wird allgemein in Oesterreich lebhafter empfunden als bei uns. Das liegt in der Natur der Sache, weil wir selbst, trotz aller Nöte des Tages, doch die Ueberzeugung in uns tragen, daß wir für uns allein lebensfähig bleiben wohingegen Deutschösterreich das innere Bedürfnis der Anlehnung an Deutschland empfindet.“134

In Österreich reagierte man freundlich-zurückhaltend auf diese Ansage und antwortete vorsichtig und mit gewissen Vorbehalten:

„Vorläufig ist die politische und wirtschaftliche Lage noch zu verworren, um es schon zu ermöglichen, auf ein ganz bestimmtes Ziel loszugehen. Wir streben jedoch danach, die Vorgänge in Deutschland auf das ernsteste zu verfolgen und hoffen, daß recht bald eine Klärung der allgemeinen Lage erfolgt, die bei uns ein engeres Zusammenarbeiten ermöglicht. Eine Vorbedingung dafür ist jedoch, daß sich die führenden Gartenbaukreise in Deutschland auch ihrerseits zu einem energischen und freundlichen Zusammenarbeiten die Hände reichen, damit in einer so schweren Zeit, wie der heutigen, auf jedem Einzelgebiete die verderbliche Zersplitterung vermieden wird. Vielleicht regt Kollege Janson durch die ‚Gartenwelt‘ eine derartige Zusammenarbeit in Deutschland an, und er kann versichert sein, daß wir das Unsrige tun werden, um auch die österreichischen Gartenbaukreise zu veranlassen, in freundschaftlicher Weise mit den deutschen Hand in Hand zu gehen.“135

Ob und in welcher Art und Weise eine verstärkte Zusammenarbeit deutscher und österreichischer Gartenbauverbände stattfand, wurde im Rahmen dieser Arbeit nicht explizit erhoben. Mit der 1924 gegründeten Gruppe Deutsch-Österreich der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst gab es ein Bindeglied und da die österreichischen Mitglieder die Zeitschrift „Gartenkunst“ erhielten, waren sie in den fachlichen Diskurs in Deutschland eingebunden.136

Zwischen Gartenbau und Gartenkunst: Gärtner und Gartengestalter in Wien und Umgebung 1918–1945

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