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2.5.1 „Entnazifizierung“

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Der Begriff „Entnazifizierung“ bzw. das US-amerikanische Original „denazification“ ist eine Wortkreation, entwickelt im politischen Beraterstab des US-Generals und späteren US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower.288 Der Begriff umfasste ursprünglich folgende Aufgabengebiete: Auflösung der NSDAP, Entfernung des Nationalsozialismus aus Gesetzen und Verordnungen, Abschaffung von NS-Symbolen, Straßennamen und Denkmälern, Beschlagnahme des Vermögens und der Unterlagen der NSDAP, Internierung von NS-Führern, Verbot von aus der NSHerrschaft herrührenden Privilegien, Ausschluss von mehr als nur nominellen Mitgliedern der NSDAP vom öffentlichen Leben, Unterbindung von NS-Indoktrination in jeder Form und Verbot von Paraden und NS-Demonstrationen.289 In Österreich verstand man unter dem Begriff „Entnazifizierung“ meist die Entfernung von „Reichsdeutschen“ aus beruflichen Positionen.290

In Wien gingen unmittelbar nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs Wiener Lokalstellen an die Registrierung von Nationalsozialisten. Diese sogenannten „Vorregistrierungen“ erfolgten ohne gesetzliche Grundlage und wurden von der vom Bürgermeister damit betrauten Magistratsabteilung abgelehnt.291

Der Historiker Dieter Stiefel unterteilte die Entnazifizierung in Österreich im zeitlichen Ablauf in fünf Phasen, in denen er die Verfahren der Besatzungsmächte und der österreichischen Behörden getrennt darstellte:

„1. Von April 1945 bis Juni 1945, die militärische Sicherheitsphase, in der hauptsächlich Internierungen durch die Alliierten vorgenommen wurden.

2. Von Juni 1945 bis Februar 1946, die Phase der autonomen Entnazifizierung durch die Alliierten. In dieser Phase versuchten fünf verschiedene Instanzen (die österreichische Regierung und die vier Besatzungsmächte) in den einzelnen Besatzungszonen die Entnazifizierung durchzuführen, was zu Überschneidungen und widersprüchlichen Maßnahmen führen musste.

3. Von Februar 1946 bis Februar 1947, die Phase der österreichischen Entnazifizierung auf Grund der Gesetze von 1945 (Verbotsgesetz, Wirtschaftssäuberungsgesetz und Kriegsverbrechergesetz). Im Februar 1946 wurde der österreichischen Regierung die Entnazifizierungskompetenz für das ganze Land übertragen, die Alliierten zogen sich auf eine Kontrollfunktion zurück. Die Ergebnisse dieses autochthonen Entnazifizierungsprozesses waren jedoch auch unbefriedigend.

4. Von Februar 1947 bis Mai 1948, die Phase der österreichischen Entnazifizierung auf der Grundlage des Gesetzes von 1947. In dieser Phase wurden die vorgegebenen Entnazifizierungsmaßnahmen durchgeführt und abgeschlossen.

5. 1948 bis 1957, die Zeit der Amnestien.“292

In Österreich gab es nach Beendigung des Krieges 536.662293 NSDAP-Mitglieder, das entsprach in etwa acht Prozent der Wohnbevölkerung.294 Zwei Drittel dieser Personen sahen sich selbst als Ausnahmen und stellten sich als „gute Menschen“ dar.295

Der Historiker Ernst Hanisch betrachtete die Ergebnisse der Entnazifizierung zwiespältig. Während es in der ersten Phase zu einem Elitentausch kam, „das nationalsozialistisch durchsetzte Bürgertum verlor kurzfristig seine Positionen“, ergaben sich bald entgegengesetzte Ziele: „das Ziel des wirtschaftlichen und politischen Wiederaufbaues, das Fachkräfte einforderte, und das Ziel der Entnazifizierung, das einen großen Teil der Fachkräfte entfernte.“296

Ab 1946 schuf der Kalte Krieg ein neues Feindbild, den Kommunismus, das es zu bekämpfen galt. Eine Aufgabe, der ehemalige Nationalsozialisten etwas abgewinnen konnten. Für Ernst Hanisch war das, neben anderen, ein Grund für die „Minderbelastetenamnestie von 1948 (480.000 Betroffene)“, in weitere Folge „wirkte der Konkurrenzdruck der Parteien zugunsten der ehemaligen Nationalsozialisten“ und die „Parteien suchten sich bei der raschen Durchsetzung der Gnadengesuche zu überflügeln“.297

Im österreichischen Parlament wurde nun zusehends die Meinung vertreten, dass es in einer Demokratie auf Dauer unerträglich sei, Bürger zweiter Klasse zu haben. Als Konsequenz daraus wurde mit der Eingliederung ehemaliger Nationalsozialisten in die Gesellschaft begonnen. Als Erfolg der Entnazifizierung bewertete Hanisch, „dass sich keine offene faschistische Partei wie in Italien bilden konnte“, dafür bildete sich neben der offiziellen antinazistischen Position „eine graue Zone des heimlichen Einverständnisses mit dem Nationalsozialismus heraus (so schlecht war das gar nicht; Übertreibungen sind gewiß passiert; es war eben Krieg…), von Traditionsverbänden gestützt, die jede ehrliche Diskussion der NS-Problematik blockierte“ und die ehrliche Aufarbeitung der Zeit lange verhinderte.298

Unter den Gartenarchitekten gab es mehrere NS-Registrierte:

• Albert Esch wurde zwar in die Registrierungsliste eingetragen, jedoch mit Bescheid vom 2. Dezember 1947 aus der Liste gestrichen;299

• Wilhelm Hartwich wurde nach seiner Rückkehr aus jugoslawischer Kriegsgefangenschaft 1947 in die NS-Registrierungsliste eingetragen, als „minderbelastet“ eingestuft und mit Bescheid vom 20. Juni 1949 amnestiert;300

• Eduard Ihm wurde nach seiner Entlassung aus englischer Kriegsgefangenschaft in Wien in die Registrierungsliste 61/47/IX eingetragen und als „minderbelastet“ eingestuft. Die Streichung aus der Liste erfolgte 1950;301

• Viktor Mödlhammer wurde 1946 als Nationalsozialist registriert, als „minderbelastet“ eingestuft und musste Sühneabgabe leisten. Es ist unklar, wann Mödlhammer aus der Liste gestrichen wurde, laut A.V. vom 5. März 1952 war er in der Registrierungsliste des 7. Bezirkes mit der Nummer 398/Okt. 48 eingetragen;302

• Otto Trenkler wurde in die NS-Registrierungsliste eingetragen und als „belastet“ eingestuft; er erhob Einspruch und sollte mit Bescheid vom 17. November 1947 aus der Liste gestrichen werden. Die Kommunistische Partei Österreichs erhob Einspruch gegen diesen Bescheid. Das darauffolgende Verfahren wurde im November 1949 im Sinne Trenklers entschieden;303

• Josef Oskar Wladar wurde in die NS-Registrierungsliste eingetragen und als „minderbelastet“ eingestuft, musste Sühneabgabe leisten und war zumindest bis 4. April 1950 rechtskräftig in dieser Liste verzeichnet. Der Zeitpunkt der Streichung oder Amnestie ist unklar.304

Zwischen Gartenbau und Gartenkunst: Gärtner und Gartengestalter in Wien und Umgebung 1918–1945

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