Читать книгу Zwischen Gartenbau und Gartenkunst: Gärtner und Gartengestalter in Wien und Umgebung 1918–1945 - Erika Karner - Страница 30
2.3.4.1 Österreichische Gärtner und Gartenarchitekten in Deutschland
ОглавлениеWährend in Deutschland die Höhere Gartenbauschule Berlin-Dahlem bereits 1824, damals noch unter dem Namen Gärtnerlehranstalt Wildpark – Dahlem, gegründet wurde,137 dauerte es in der Habsburger-Monarchie noch bis 1885 ehe die erste Höhere Gartenbauschule ins Leben gerufen wurde.138 Die Berliner Schule hatte einen hervorragenden Ruf und wurde auch von Österreichern besucht.
Einige österreichische Absolventen blieben in Deutschland. Ein Beispiel dafür ist Hans Nekam. Seine Lehrzeit absolvierte er in der Piattischen Schloßgärtnerei in Loosdorf (NÖ), danach besuchte er die Gartenbauschule „Elisabethinum“ in Mödling und leistete seinen Militärdienst in Wien. Im April 1900 begann er als Landschaftsgärtner in Düsseldorf zu arbeiten. Nekam war danach in Zürich, England, und Paris tätig ehe er nach Deutschland zurückkehrte. Dort arbeitete er im Hofgarten Herrenchiemsee in Bayern und in Berlin bei der Firma L. Späth. Danach wechselte er als Obergärtner nach Schloss Glienig bei Dahme, dann nach Zeuthen bei Berlin und schließlich arbeitete er auf Schloss Heilmannshöhe bei Güstrow. Von 1912 bis 1914 besuchte er die Gartenbauschule Berlin-Dahlem und trat nach deren Abschluss als Gartentechniker in den Dienst der städtischen Gartenverwaltung in Berlin-Steglitz. Während des Ersten Weltkriegs arbeitete er im Beirat der Kriegsgräberabteilung in Krakau. Nekam blieb in Berlin in unterschiedlichen Stellungen tätig, nebenberuflich war er auch Lehrer an der Gartenbauschule in Marienfelde. Ab 1920 arbeitete er als Gartenarchitekt im städtischen Gartenamt Berlin-Neukölln.139
Aus allen Teilen der Habsburger-Monarchie zog es Absolventen der Höheren Gartenbauschule in Eisgrub nach Deutschland, wo einige Karriere machten. So wurde beispielsweise der gebürtige Eisgruber Franz Tilk Leiter des Stadtgartenamtes Berlin,140 der aus dem mährischen Ort Malenowitz stammende Karl Rektorik wurde Stadtgartendirektor in Kiel141 und der ebenfalls aus Mähren stammende Georg Treutner wurde Stadtgartendirektor im westfälischen Herne bzw. scheint auch als Gartenarchitekt im westfälischen Wanne auf.142 Österreicher im Sinne der heutigen Staatsgrenzen dürften nur wenige dieser Personen gewesen sein. Vermutlich arbeitete der Wiener Max Gansinger als Gartentechniker in Hamburg.143
Tabelle 3: Österreichische Besucher der Höheren Gartenbauschule in Berlin-Dahlem in alphabetischer Reihung bis 1924.144
Name | Geburtsdatum und Ort | Schulbesuch |
M. Aczel (Frl.) | Wien | 1916 Praktikantin |
Jantje Duursma | 12.08.1892, Mödling, NÖ | 1913 Hospitantin |
Gustafine Dornbaum | 26.04.1894, Wien | WS 1913 |
Anna Fasching | 22.11.1873, Obernberg am Inn, OÖ | 1917 Hospitantin |
Hans Grubbauer | 22.01.1900, Marburg | 1922/24 |
Hans Nekam | 22.10.1875, Kantendorf, NÖ | 1912/14 |
Franz Nothhacksberger | 04.09.1882, Mistelbach, NÖ | 1903/04 |
Johann Konrad Rosenthal | 21.10.1848, Wien | 1867/68 |
Marie Clara Rössel | 18.07.1859, Hinterbrühl, NÖ | 1922/23 Hospitantin |
Karl Schaum | 21.01.1868, Langenzersdorf, NÖ | 1889/91 |
Hermann Schlegel | 25.02.1899, Salzburg | 1922/23 Hospitant |
Margarete Schmitt | 04.03.1858, Treitl bei Aspang, NÖ | 1916 Praktikantin |
Dora Wiener | 06.12.1874, Wien | WS 1908/09 Hospitantin |
Auch Franz Nothhacksberger zog es zur Ausbildung nach Berlin-Dahlem, davor war er bereits Volontär im k. k. Hofgarten Schönbrunn und hatte zudem die Höhere Gartenbauschule in Eisgrub besucht. Er blieb nach Beendigung seiner Ausbildung 1904 in Deutschland und arbeitete in Köln als Friedhofsinspektor bevor er wieder nach Wien zurückkehrte. Danach wechselte er mehrmals zwischen Österreich und Deutschland. Hatte er zuvor ein eigenes Gartenarchitekturbüro betrieben, arbeitete er ab 1909 in Pforzheim als städtischer Friedhofsverwalter und wechselte danach zur Firma Albert Lilienfein nach Stuttgart, wo er 1912 erster Gartenarchitekt und Geschäftsführer wurde. Anfang der 1920er-Jahre wurde er Leiter der Abteilung Gartengestaltung der Firma Hermann Rothe in Berlin.145 Nothhacksberger kehrte 1924 nach Wien zurück, wo er ein Sonderbüro für Gartengestaltung der Firma Rothe gründete.146
Der aus Sachsen stammende, aber lange Zeit in Österreich, unter anderem als Sekretär der Dendrologischen Gesellschaft für Österreich-Ungarn, tätige Camillo Schneider verlegte nach dem Ende des Ersten Weltkriegs seinen Wohn- und Arbeitsplatz nach Berlin.147
Danach gibt es für längere Zeit keine vorliegenden Informationen über ausgewanderte Gärtner. Erst mit der Ausschaltung des Parlaments durch Engelbert Dollfuß 1933 und dem damit einhergehenden Verbot der NSDAP finden sich Spuren von österreichischen Gartenarchitekten in Deutschland.
Ein Beispiel ist der Salzburger Gartenarchitekt Hans Kern. Er war im Juni 1932 der NSDAP beigetreten und wurde im Mai 1935 wegen Hochverrats zu 18 Monaten schweren Kerkers verurteilt. Nachdem er im April 1936 bedingt entlassen wurde, reiste er im Juni 1936 nach München, wurde als Flüchtling anerkannt und begann bei der Gartengestaltung Max Müller in Bamberg zu arbeiten. Bereits ein Jahr später arbeitete er als Landschaftsberater, später als Landschaftsanwalt in Halle an der Saale. Kern kehrte als Landschaftsanwalt nach dem „Anschluss“ nach Österreich zurück. Über seine weitere Arbeitsbiografie ist nichts bekannt.148
Ein anderes Beispiel ist Viktor Mödlhammer. Auch für ihn waren politische Gründe – seine „nationale Gesinnung“, wie er es nannte – ausschlaggebend für seinen Aufenthalt in Deutschland. Er arbeitete allerdings nur einige Monate, von November 1937 bis März 1938, bei Gartengestalter Rose in Dresden, bevor er nach Österreich zurückkehrte.149
Wie viele österreichische Gärtner und Gartengestalter nach dem „Anschluss“ als Gartentechniker ins „Altreich“ wechselten, ist nicht bekannt.