Читать книгу Praktische Fälle zum Kommunalrecht Nordrhein-Westfalen - Ernst-Dieter Bösche - Страница 6
2. Fall: Aufgaben der Gemeinde, Anweisung zur Beanstandung eines Ratsbeschlusses
ОглавлениеSachverhalt
Da in der Praxis und in der öffentlichen Diskussion in letzter Zeit wiederholt über unzureichende Lebensmittelkontrollen geklagt worden ist, beschloss der Rat der kreisangehörigen Stadt St, in eigener Regie Lebensmittelkontrollen aufgrund des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) durchzuführen. Der Bürgermeister beabsichtigt, zur wirksamen Umsetzung dieses Beschlusses u.a. zwei Lebensmittelkontrolleure für das Ordnungsamt einzustellen. Die stellenplanmäßigen Voraussetzungen dafür liegen vor.
Die zuständige Aufsichtsbehörde erhält Kenntnis von dem Beschluss und weist den Bürgermeister an, den Beschluss zu beanstanden.
Aufgabe
Ist diese Anweisung rechtmäßig?
Lösung
Nach § 122 Abs. 1 Satz 1 GO kann die Aufsichtsbehörde den Bürgermeister anweisen, Beschlüsse des Rates, die das geltende Recht verletzen, zu beanstanden. Die Anweisung wäre also rechtmäßig, wenn der Ratsbeschluss rechtswidrig wäre.
Nach § 2 GO sind die Gemeinden in ihrem Gebiet ausschließliche und eigenverantwortliche Träger der öffentlichen Verwaltung, soweit Gesetze nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmen. Das bedeutet, dass die Gemeinden grundsätzlich berechtigt sind, in ihrem Gebiet sämtliche öffentlichen Aufgaben wahrzunehmen. Nur in den Fällen, in denen Gesetze etwas anderes bestimmen, ist ihnen dies untersagt.
Eine solche gesetzliche Bestimmung könnte § 1 des Gesetzes über den Vollzug des Lebensmittel-, Futtermittel- und Bedarfsgegenständerechts NRW (LFBRVG NRW) sein. Danach obliegt der Vollzug des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB), also auch die Lebensmittelkontrolle, den Kreisordnungsbehörden als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung.
Die Aufgaben der Kreisordnungsbehörden nehmen nach § 3 Abs. 1 OBG die Kreise und kreisfreien Städte wahr.
Die Stadt St ist eine kreisangehörige Stadt. Der Ratsbeschluss verstößt somit gegen § 1 LFBRVG NRW i. V. m. § 3 Abs. 1 OBG.
Die Anweisung der Aufsichtsbehörde, den Ratsbeschluss zu beanstanden, ist folglich rechtmäßig.