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4.5 Kriterien zur Beurteilung von Therapien und Förderkonzepten

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Bei der Auswahl und Anwendung von Therapien und Förderkonzepten und zur Beurteilung der verschiedenen Verfahren sollten Eltern, Pädagogen und Therapeuten eine kritische und reflektierte Haltung einnehmen.

Für eine Beurteilung der verschiedenen Verfahren sind vor allem folgende Aspekte wichtig zu beachten:

Das methodische Vorgehen und die theoretischen Begründungen sowie die Erreichbarkeit der angegebenen Ziele sind kritisch zu hinterfragen. Positiv sind Anregungen und Hilfen zu bewerten, die die Handlungsfähigkeit des Kindes erweitern und sich an seinen Interessen orientieren.

Es ist abzuklären, welches Verständnis der kindlichen Entwicklung der jeweiligen Methode zugrunde liegt. Fragwürdig sind Verfahren, die von der Machbarkeit der Entwicklung bei der Wahl der richtigen Mittel und Methoden ausgehen. Positiv sind Angebote zu werten, die dem Kind ermöglichen, gemäß seinen Interessen, seinen Fähigkeiten und seinem Zeitbedürfnis zu lernen.

Kritisch ist nach dem Menschenbild der verschiedenen Methoden zu fragen und nach den psychischen Auswirkungen für das Kind und seine Bezugsperson. Problematisch kann eine enge Normorientierung und rigider Förderoptimismus sein. Günstig ist dagegen zu werten, wenn eine responsive Haltung ermöglicht wird, die eine kindbezogene und familienorientierte Förderung erlaubt.

Ein Kind erlebt sich nicht als Defizit-Wesen; es erlebt aber, wie man mit ihm und seinen Möglichkeiten umgeht. Bei der Durchführung von Therapie und Förderung ist daher sein subjektives Befinden von Bedeutung und die Wertschätzung, die ihm als Person dabei direkt oder indirekt vermittelt wird.

Eine Therapie für das Kind kann sich in vielerlei Hinsicht auf die gesamte Familie auswirken. Die Eltern müssen also reflektieren, inwieweit der erforderliche Aufwand und die Einflüsse der verschiedenen Therapien auf das Familienleben insgesamt eher als Beeinträchtigung oder als Entlastung empfunden werden.

Eine kritische Kontrolle der Entwicklung des Kindes sowie des versprochenen Erfolgs der angewandten Therapie sind notwendig – auch wenn sich Wirkungen von Therapien nur schwer objektiv beurteilen lassen. Vor allem müssen kurzzeitige Trainingseffekte von dauerhaften positiven Auswirkungen auf die Entwicklung getrennt werden. Es ist nicht entscheidend, ob ein Kind eine Fähigkeit etwas früher erwirbt.

Therapie und Förderung sind Mittel zur Unterstützung der Entwicklungs- und Partizipationsmöglichkeiten des behinderten Kindes in seiner Familie und in seiner Lebenswelt. Die Auswirkungen einzelner Fördermaßnahmen müssen deshalb in diesem individuellen Bedeutungszusammenhang gesehen werden und sich dort positiv bewähren. Entsprechend sind Therapiemethoden und Verfahren sowie die jeweiligen Begründungen und die angegebenen Ziele kritisch zu hinterfragen:

Geben sie nur Anweisungen oder bieten sie wichtige Anregungen?

Ermöglichen sie dem Kind seine Handlungspläne zu aktivieren und zu erweitern?

Regen sie Eltern und Kind an, das gemeinsame Handeln als bedeutsam, fröhlich und angenehm zu erleben?

Können sie das emotionale Interesse des Kindes wecken?

Dann können entwicklungsfördernde Interaktionen gelingen und das Kind erlebt sich kompetent und nicht defizitär. Es fühlt sich angenommen, wie es ist, und nicht, wie es erst werden soll. Auf dieser Grundlage kann das Kind ein gutes Selbstwertgefühl entwickeln und sein individuelles Entwicklungspotential günstig entfalten.

1 Die Internationale Classifikation of Functioning, Disability and Health (ICF) wurde von den Mitgliedstaaten der Weltgesundheitsorganisation (WHO 2001) entwickelt und 2007 um eine Kinder- und Jugendversion ergänzt. Danach werden zur Beurteilung des Gesundheitszustandes einer Person die mögliche oder beeinträchtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft und mögliche Einschränkungen bzw. Ressourcen im Bereich der Kontextfaktoren berücksichtigt.

Kinder und Jugendliche mit Down-Syndrom

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