Читать книгу Kartellrechtliche Schadensersatzklagen - Fabian Stancke - Страница 107
Kapitel E Zivilprozessuale Besonderheiten
ОглавлениеLiteratur: Ann, EU-Richtlinie zum Schutz vertraulichen Know-hows – Wann kommt das neue deutsche Recht, wie sieht es aus, was ist noch offen?, GRUR-Prax 2016, 465; Bach/Wolf, Neue Instrumente im Kartellschadensersatzrecht – Zu den Regeln über Offenlegung, Verjährung und Bindungswirkung, NZKart 2017, 285; Basedow, Trippelschritte zum kollektiven Rechtsschutz, EuZW 2018, 609; Baumgärtel, Beweislastpraxis im Privatrecht, 1996; Beutelmann/Scherzinger, Grauzementkartell II – Das Ende der Feststellungsklage im Kartellschadensersatzrecht? NZKart 2018, 509; Bischke/Brack, Neuere Entwicklungen im Kartellrecht – Verbesserte kartellrechtliche Kontrolle von Digitalkonzernen? – Das GWB-Digitalisierungsgesetz kommt, NZG 2020, 16; Blome/Fritzsche, Der Schutz von Geschäftsgeheimnissen im Kartellschadensersatzprozess, NZKart 2019, 247; Brehm, Die Bindung des Richters an den Parteivortrag, 1982; Bunte, Anmerkung zum Urteil des BGH vom 28.1.2020, Az. KZR 24/17 – Zum Merkmal der Kartellbetroffenheit bzw. Kartellbefangenheit, EWiR 2020, 219; Dölling, Die Voraussetzungen der Beweiserhebung im Zivilprozess, NJW 2013, 3121; Druschel/Jauch, Der Schutz von Know-how im deutschen Zivilprozess: Der Status quo und die zu erwartenden Änderungen, BB 2018, 1218; Dworschak/Jopen, Zum Nachweis der Kartellbefangenheit und des Schadenseintritts nach der BGH-Entscheidung in Sachen Schienenkartell, NZKart 2019, 126; Franck, Zwischen Marktordnung und Interessenausgleich: Pauschalierung von Kartellschäden und AGB-Recht, ZHR 2017, 955; Frank/Inders/Oldehaver, Zur Diskrepanz zwischen gerichtlichen Beweisfragen in Kartellschadenersatzverfahren und den Ergebnissen des ökonomischen „Standardansatzes“ bei statistischen Analysen, ZWeR 2019, 39; Fritzsche, Schadensabwälzung – Auslegungsfragen zum Kartellzivilrecht nach der 9. GWB-Novelle, NZKart 2017, 630; Fritzsche, Die Schadensvermutung – Auslegungsfragen zum Kartellzivilrecht nach der 9. GWB-Novelle, NZKart 2017, 581; Fritzsche/Klöppner/Schmidt, Die Praxis der privaten Kartellrechtsdurchsetzung in Deutschland – Teil 2: Verjährung, Verzinsung und verfahrensrechtliche Aspekte –, NZKart 2016, 501; Gollan/Thiede, Antwort auf alle Einwände eines Lkw-Kartellanten – Anmerkung zu LG Dortmund, 8 O 13/17 [Kart] –, NZKart 2018, 338; v. Graevenitz, Sicherung der einheitlichen Anwendung des Wettbewerbsrechts: Zusammenarbeit zwischen Europäischer Kommission und nationalen Zivilgerichten; Grootens/Egner, Erklärung mit Nichtwissen – Keine Informationsbeschaffungspflicht bei bloßer Gesamtschuldnerschaft, NJW 2019, 3182; Gussone, BB-Kommentar: „Ende der Beweisnot von Kartellschadensersatzklägern?“ BB 2014, 533; Haberer, Feststellungsklage auf Kartellschadensersatz – Was bleibt nach Grauzementkartell II? –, WuW 2019, 79; Halfmeier, Musterfeststellungsklage: Nicht gut, aber besser als nichts, ZRP 2017, 201; Hansen, Die Substantiierungslast, JuS 1991, 588; Hauck, Was lange währt ... – Das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) ist in Kraft, GRUR-Prax 2019, 223; Hellmann/Steinbrück, Discovery Light – Informations- und Beweismittelbeschaffung im Rahmen von Kartellschadensersatzklagen, NZKart 2017, 164; Hoffmann, Kartellrechtliche Streitverkündung bei Schadensabwälzung – Ein Vorschlag zur Umsetzung von Art. 15 der KartellschadensersatzRL, NZKart 2016, 9; Hoffmann/Horn, Kartellzivilrechtliche Musterfeststellungsklagen, ZWeR 2019, 454; Hutschneider/Stieglitz, Auf Wiedersehen, Kartellbefangenheit – Willkommen zurück, Anscheinsbeweis? – Anmerkung zum Urteil des BGH in Sachen Schienenkartell II, NZKart 2020, 180; Hutschneider/Stieglitz, Die tatsächliche Kartellschadensanscheinsbeweisvermutung – Eine Bestandsaufnahme zu den Beweiserleichterungen im Kartellschadensersatzprozess, NZKart 2019, 363; Kahlenberg/Heim, Das deutsche Kartellrecht in der Reform: Überblick über die 9. GWB-Novelle, BB 2017, 1155; Kersting, Anscheinsbeweis im Recht des Kartellschadensersatzes – Besprechung der Entscheidung des BGH vom 11.12.2018, KZR 26/17 – Schienenkartell – WuW 2019, 173; Kiethe, Zulässigkeit von Beweisantritten bei Behauptungen auf Grundlage einer zivilrechtlichen Vermutungsbasis, MDR 2003, 1327; Kirchhoff, Offene Fragen bei der Abwälzung des Preisaufschlags nach der Schadensersatzrichtlinie 2014/104/EU, WuW 2015, 952; Klumpe/Thiede, Keeping the Floodgates Shut – Kartellschadensersatz nach der 9. GWB Novelle, NZKart 2017, 332; Klumpe/Thiede, Regierungsentwurf zur 9. GWB-Novelle: Änderungsbedarf aus Sicht der Praxis, BB 2016, 3011; Klumpe/Thiede, Auskunftsklagen nach der GWB-Novelle – Gedankensplitter aus der Praxis, NZKart 2016, 471; Kühnen, Überlegungen zur Schätzung der Kartellschadensersatzhöhe, NZKart 2019, 515; Kur, Beweislast und Beweisführung, 1981; Lachmann, Unternehmensgeheimnisse im Zivilrechtsstreit, dargestellt am Beispiel des EDV-Prozesses, NJW 1987, 2206; Lahme, Eignung des Zivilverfahren zur Durchsetzung des Kartellrechts, 2010; Lahme/Ruster, Bestimmtheitsanforderungen auf dem Prüfstand des Kartellrechts, 2020, – im Erscheinen; Lahme/Ruster, Das ungeschriebene Merkmal der Kartellbefangenheit, NZKart 2019, 196; Lahme/Ruster, Der zeitliche Anwendungsbereich des § 33g GWB – Ein fiktives Streitgespräch; NZKart 2019, 645; Laumen, Die „Beweiserleichterung bis zur Beweislastumkehr“ – Ein beweisrechtliches Phänomen, NJW 2002, 3739; Laumen, Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Beweisvereitelung, MDR 2009, 177; Leipold, Beweismaß und Beweislast, 1985; Lenski/Mayer, Vertragsverletzung wegen Nichtvorlage durch oberste Gerichte?, EuZW 2005, 225; Löwenkamp/Nuys, Zu Grund und Grenzen pauschalierter Kartellschadensersatzklauseln, NZKart 2017, 61; Lorenz/Ylinen, BGH-Urteil Grauzement II – eine tour d’horizon durch das Recht des Kartellschadensersatzes, NZKart 2018, 331; Lühmann, Der Vorschlag einer europäischen Verbandsklage, NJW 2019, 570; Mallmann/Erne, Musterfeststellungsklage und Kartellschadensersatz, NZKart 2019, 77; McGuire, Know-how: Stiefkind, Störenfried oder Sorgenkind? Lücken und Regelungsalternativen vor dem Hintergrund des RL-Vorschlags, GRUR 2015, 424; Mengden, David gegen Goliath im Kartellschadensersatzrecht – Lassen sich Musterfeststellungsklage bzw. EU-Verbandsklage als kollektive Folgeklage einsetzen?, NZKart 2018, 398; Meessen, Der Anspruch auf Schadensersatz bei Verstößen gegen das EU-Kartellrecht – Konturen eines Europäischen Kartelldeliktsrechts?, 2011; Musielak, Hilfe bei Beweisschwierigkeiten im Zivilprozeß, in: Canaris/Heldrich/Schmidt/Roxin/Widmaier, Festgabe 50 Jahre BGH, Band III, 2000; Musielak, Grundlagen der Beweislast, 1975; Nuys/Wittinghofer, Ihr Klägerlein kommet?! – Anmerkung zum Urteil des BGH in Sachen Grauzementkartell II –, NZKart 2018, 334; Oesterreich, Der Kartellschaden im Zivilprozess vor und nach der 9. GWB-Novelle – Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast, BB 2017, 1865; Oppolzer/Seifert, Die Darlegung und der Beweis der Auswirkungen des Kartells auf den Schadensersatzkläger: Aktivlegitimation, Befangenheit und Schadenseintritt, WuW 2019, 71, Patzer/Kruse, Zeitliche Anwendbarkeit des GWB reloaded: Das OLG Düsseldorf verneint die Anwendbarkeit von § 33g GWB auf Altansprüche, NZKart 2018, 291; Petrasincu, BGH: Anscheinsbeweis in Kartellschadensersatzprozessen – Schienenkartell, BB 2019, 396, 399; Petrasincu/Richter, Die Entscheidung des BGH in Sachen Grauzementkartell – Klärung wesentlicher Fragen des Kartellschadensersatzrechts; WuW 2018, 374; Petrasincu/Schaper, Intertemporale Anwendung des Kartelldeliktsrechts nach der 9. GWB-Novelle, WuW 2017, 306; Petzold, Nebenintervention, Kostenrisiken und Streitwertbeschwerde – § 89a Abs. 3 GWB in der Übergangszeit nach der 9. GWB-Novelle, NZKart, 262; Petzold/Steinle, Der BGH stellt erneut die Weichen – Anmerkung zum Urteil Schienenkartell II vom 28. Januar 2020 – NZKart 2020, 176; Podszun/Kreifels, Kommt der Ausforschungsanspruch? – Anmerkungen zum geplanten § 33g GWB, GWR 2017, 67; Pohlmann, Kartellschadensersatz – Bestimmung des Streitgegenstands bei der Feststellungsklage, NZKart 2020, 55; Preuß, Offenlegung von Beweismitteln nach der 9. GWB-Novelle: Sonderregeln mit Modellcharakter?, WuW 2017, 301; Prütting, Gegenwartsprobleme der Beweislast, 1983; Redeker/Pres/Gittinger, Einheitlicher Geheimnisschutz in Europa (Teil 2), WRP 2015, 811; Reichl, Schlussakkord im Grauzementkartell – Antworten des BGH auf kartellrechtliche Grundsatzfragen, EuZW 2018, 804; Rengier, Kartellschadensersatz in Deutschland – die ersten 15 Jahre in Zahlen und Lehren für die Zukunft, WuW 2018, 614; Rother, Kartellschadensersatz nach der 9. GWB-Novelle, NZKart 2017, 1; Schaper/Stauber, Ausgewählte Themen des neuen Kartellschadensersatzrechts – Schadensersatz, Abwälzung, Gesamtschuld und Innenausgleich; NZKart 2017, 279; Schlingloff, Geheimnisschutz im Zivilprozess aufgrund der „Know-how-Schutz“- Richtlinie – Was muss sich im deutschen Prozessrecht ändern?, WRP 2018, 666; Schlosser, in: Hübner/Ebke/Grossfeld, Festschrift fǘr Bernhard Grossfeld zum 65. Geburtstag, 1999; Schneider, Die zivilprozessuale Musterfeststellungsklage, BB 2018, 1986; Semrau-Bandt, Patentstreit zwischen Qualcomm und Apple: Schwächen des Geschäftsgeheimnisschutzes im Zivilprozess, GRUR-Prax 2019, 127; Soyez, Licht und Schatten – Das OLG Karlsruhe positioniert sich zum Kartellschadensersatz, WuW 2017, 127; Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses, 1989; Stadler, Der Schutz von Unternehmensgeheimnissen im Zivilprozeß, NJW 1989, 1202; Stadtaus/Wiedeck, Anm. zu OLG Karlsruhe, 9.11.2016, 6 U 204/15 Kart (2), WuW 2017, 43; Stancke, Rechtliche Rahmenbedingungen kartellrechtlicher Massenklagen, WuW 2018, 59; Steinberg/Wirtz, Der Referentenentwurf zur 10. GWB-Novelle, WuW 2020, 8; Stomper, Kartellrechtlicher Schadensersatz bei mehrgliedrigen Absatzketten: Art. 12–15 der Schadensersatz-Richtlinie und § 33c RefE-GWB, WuW 2016, 410; Stürner, Aufklärungspflichten der Parteien des Zivilprozesses, 1976; Thiede/Floren, Auswirkungen einer Klage gegen den Bußgeldbescheid vor europäischen Gerichten auf nationale Kartellschadensersatzprozesse, EuZW 2019, 75; Thiede/Träbing, Praxis des Anscheinsbeweises im Kartellschadensersatzrecht – ein Rechtsprechungsbericht, NZKart 2016, 422; Thole, Anspruchsbegriff, Streitgegenstand und Grundurteil im Kartellschadensprozess bei massenhaften Bezugsvorgängen, NZKart 2020, 227; Thole, Streitverkündung und sekundäre Darlegungslast seit der 9. GWB-Novelle – was bleibt vom ORWI-Urteil des BGH?, ZWeR 2017, 339; Thole, Aktuelle Entwicklungen bei der negativen Feststellungsklage, NJW 2013, 1192; Thomas, Schadensverteilung im Rahmen von Vertriebsketten bei Verstoß gegen europäisches und deutsches Kartellrecht, ZHR 180 (2016), 45; Vestager, Empowering national competition authorities, NZKart 2017, 205; Vollkommer, Neue Wege zum Recht bei kapitalmarktrechtlichen Streitigkeiten, NJW 2007, 3094; Weitbrecht, BGH: Schienenkartell II – Kartellbefangenheit als Gegenstand der haftungsausfüllenden Kausalität, BB 2020, 1104; Weitbrecht, Kartellschadensersatz in Deutschland nach Schienenkartell II, WuW 2020, 257; Weitbrecht, Kartellschadensersatz 2019, NZKart 2020, 106; Weitbrecht, Kartellschadensersatz 2018, NZKart 2019, 70; Weitbrecht, Kartellschadensersatz 2017, NZKart 2018, 106; Welzenbach, AGB-rechtliche Würdigung des pauschalierten Kartellschadensersatzes – Schienenkartell-Entscheidung des LG Potsdam, NZKart 2016, 356; Wessing/Hiéramente, Akteneinsicht im Kartellrecht – Der Aspekt des Vertrauens- und Geheimnisschutzes, WuW 2015, 220; Wiegandt, Bindungswirkung kartellbehördlicher Entscheidungen im Zivilprozess, 2018; Zekoll/Bolt, Die Pflicht zur Vorlage von Urkunden im Zivilprozess – Amerikanische Verhältnisse in Deutschland, NJW 2002, 3129.
Übersicht
I. Das zivilprozessuale Beweisrecht
b) Beweismaß und Beweiswürdigung
a) Bindungswirkung kartellbehördlicher Entscheidungen
aa) Ausdrückliche Beweislastumkehr
bb) Gesetzliche Vermutung (§ 292 ZPO)
cc) Auslegung und richterrechtliche Beweislastumkehr
ee) Schadenspauschalisierungsklauseln
aa) Glaubhaftmachung (§ 294 ZPO)
bb) Schadensschätzung (§ 287 ZPO, § 252 BGB)
e) Indizienbeweis und tatsächliche Vermutung
a) Keine überzogenen Substantiierungsanforderungen
b) Kein Schutz vor Selbstbelastung
c) Erklärung mit Nichtwissen und Wahrheitspflicht
d) Sekundäre Darlegungslast
5. Prozessualer Schutz von Geschäftsgeheimnissen
II. Klagearten und Anträge
1. Leistungsklagen
2. Feststellungsklagen
3. Gestaltungsklagen
4. Bestimmtheitserfordernis in Kartellschadensersatzklagen
5. Kartellrechtliche Musterfeststellungsklage
III. Streitverkündung
1. Zweck der Streitverkündung
2. Voraussetzungen, Form und Wirkungen der Streitverkündung
3. Kosten
4. Strategische Erwägungen
IV. Verfahrensaussetzung
1. Präjudizialität anhängiger Verfahren
2. Vorgreiflichkeit verwaltungsbehördlicher Entscheidungen
V. Streitwert
1. Grundsatz
2. Streitwertanpassung (§ 89a GWB)
VI. Benachrichtigung und Beteiligung nationaler Kartellbehörden (§ 90 GWB)
1. Informations- bzw. Unterrichtungspflicht (§ 90 Abs. 1 Satz 1 GWB)
2. Beteiligung am Kartellzivilverfahren (§ 90 Abs. 2–6 GWB)
VII. Europarechtlicher Einfluss
1. Anwendung des europäischen Kartellrechts durch nationale Gerichte
2. Das Verhältnis zwischen Kommission und nationalen Gerichten
a) Vermeidung widersprechender Kommissionsentscheidungen
aa) Beachtung bereits erlassener Kommissionsentscheidungen
bb) Beachtung beabsichtigter Kommissionsentscheidung
cc) Rechtsfolgen bei Nichtbeachtung von Kommissionsentscheidungen
dd) Keine umgekehrte Bindungswirkung
b) Beteiligung der Europäischen Kommission
aa) Unterrichtungs- und Informationspflicht (§ 90a Abs. 1 GWB)
bb) Beteiligung am Kartellzivilverfahren (§ 90a Abs. 2, 3 GWB)
3. Vorabentscheidungsverfahren (Art. 267 AEUV)
1
Vor Inkrafttreten der 9. GWB-Novelle galten für Kartellzivilprozesse vor allem die allgemeinen Verfahrensvorschriften des GVG und der ZPO. Besondere verfahrensrechtliche Bestimmungen waren lediglich in den §§ 87 bis 89e und §§ 90 bis 95 GWB enthalten. Damit entsprach das GWB dem dogmatischen Grundsatz, Sonderprozessrecht nach Möglichkeit zu vermeiden. Nach Inkrafttreten der 9. GWB-Novelle gilt dieser Grundsatz nicht mehr uneingeschränkt.
2
Die neu geschaffenen Ansprüche auf Herausgabe von Beweismitteln und Erteilung von Auskünften nach § 33g GWB haben zu einem ziselierten Sonderprozessrecht in den §§ 89bff. GWB geführt, welches die allgemeinen Regeln der ZPO ergänzt, modifiziert und teilweise ganz verdrängt. Auskunfts- und Herausgabeprozesse werden damit eher nach „GWB“ denn nach „ZPO“ geführt. Eine Reihe von Beweiserleichterungen wirken sich auf Tatsachenfeststellung aus. Daneben ist eine Regel zur Beschränkung des Gegenstandswertes einer Nebenintervention eingeführt worden, die das allgemeine Prozessrecht noch nicht kannte.
3
In Kartellzivilprozessen mit grenzüberschreitendem Bezug sind zudem stets die Besonderheiten des europäischen Wettbewerbsrechts und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu beachten, wonach die Modalitäten für Klagen wegen Verstößen gegen europäisches Wettbewerbsrecht nicht weniger günstig ausgestaltet sein dürfen als bei entsprechenden innerstaatlichen Klagen (Äquivalenzgrundsatz) und die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden darf (Effektivitätsgrundsatz).1
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Von besonderer Relevanz ist das zivilprozessuale Beweisrecht, dem der erste Abschnitt dieses Kapitels gewidmet ist. Ich hatte mich bereits in meiner Dissertation mit der Frage befasst, ob das zivilprozessuale Beweisrecht überhaupt zur Durchsetzung des Kartellrechts geeignet ist.2 Damals kam ich zum Schluss, dass dies der Fall ist, wenn denn die Möglichkeiten des zivilprozessualen Beweisrechts zur Überwindung von Informationsasymmetrien genutzt werden. Dieser Auffassung bin ich weiter und der Gesetzgeber hat vor allem mit der 9. GWB-Novelle einige erhebliche Beweiserleichterung für Anspruchssteller eingeführt. Davor hatte sich die Rechtsprechung mit richterrechtlichen Beweiserleichterungen beholfen.
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Im zweiten Abschnitt werden weitere prozessuale Besonderheiten kartellrechtlicher Schadensersatzklagen dargestellt. Für den Kläger besonders bedeutsam ist die Wahl der richtigen Klageart samt Stellung der korrekten, insbesondere hinreichend bestimmten Anträge. Für Beklagte ist als prozessuale Reaktion vor allem zu erwägen, ob Dritten der Streit verkündet werden soll.
1 Vgl. EuGH, 28.3.2019, Rs. C-637/17, ECLI:EU:C:2019:263 Rn. 39ff.– Cogeco; EuGH, 13.7.2006, Rs. C-295/04 bis C-298/04, ECLI:EU:C:2006:461 Rn. 60ff. – Manfredi; EuGH, 20.9.2001, Rs. C-453/99, ECLI:EU:C:2001:465 Rn. 29 – Courage. 2 Lahme, Eignung des Zivilverfahrens zur Durchsetzung des Kartellrechts, 2010.