Читать книгу Kartellrechtliche Schadensersatzklagen - Fabian Stancke - Страница 93
f) Rügelose Einlassung
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Gemäß § 39 ZPO wird die Zuständigkeit eines Gerichts des ersten Rechtszuges dadurch begründet, dass der Beklagte, ohne die Unzuständigkeit geltend zu machen, zur Hauptsache mündlich verhandelt. Dies gilt auch für die internationale Zuständigkeit.335 Die in § 40 Abs. 2 ZPO enthaltenen Ausnahmen sind für kartellrechtliche Schadensersatzverfahren regelmäßig nicht relevant.
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Soweit die EuGVVO anwendbar ist, wird § 39 ZPO allerdings durch Art. 26 EuGVVO verdrängt.336 Für die Prozessparteien stellt es keinen bloßen Formalismus dar, ob eine rügelose Einlassung nach Art. 26 EuGVVO oder § 39 ZPO begründet wird, da sich die Voraussetzungen beider Normen teilweise erheblich unterscheiden.337
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Mündliches Verhandeln im Sinne von § 39 ZPO sind alle Ausführungen tatsächlicher oder rechtlicher Natur zur Begründetheit des streitgegenständlichen Anspruchs.338 Auf die Motive oder auch nur das Bewusstsein des Beklagten kommt es dabei nicht an.339 Allerdings soll nach nicht unbestrittener Ansicht eine rügelose Einlassung nicht in Betracht kommen, bevor die Sachanträge gestellt worden sind, da sich das Verhandeln auf die Hauptsache beziehen müsse und diese durch die Stellung der Klageanträge, nicht aber ihre bloße schriftsätzliche Ankündigung, bestimmt werde.340 Jedenfalls in einem Sachantrag gemäß § 137 Abs. 1 ZPO selbst liegt ein Verhandeln zur Hauptsache.341 Nicht auf die Hauptsache bezogen und damit nicht zuständigkeitsbegründend ist ein Verhandeln zu bloßen Verfahrens- oder Zulässigkeitsfragen.342
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Durch die Erhebung einer Zuständigkeitsrüge wird die Begründung der Zuständigkeit des Gerichts verhindert, auch wenn sich der Beklagte zur Sache einlässt.343 Bei gleichzeitiger Zuständigkeitsrüge ist auch ein Antrag auf Erlass eines klageabweisenden Versäumnisurteils keine rügelose Einlassung.344 Die Rüge der örtlichen Zuständigkeit beinhaltet auch die Rüge der internationalen Zuständigkeit, wenn der Beklagte seine Rüge nicht ausdrücklich auf die örtliche Zuständigkeit beschränkt wissen wollte.345
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Auch im Anwendungsbereich von § 39 ZPO ist zu beachten, dass die Zuständigkeitsrüge hinreichend konkret auf die örtliche, sachliche oder internationale Zuständigkeit bezogen sein muss.346 Im Hinblick auf die Rüge der internationalen Zuständigkeit hat der BGH ausdrücklich entschieden, dass diese auch erstmals zu Beginn der mündlichen Verhandlung erhoben werden kann, wenn der Beklagte zumindest gleichzeitig mit seiner Bezugnahme auf die vorbereitenden Schriftsätze in der mündlichen Verhandlung die internationale Unzuständigkeit des entscheidenden Gerichts rügt.347 Dem steht auch bei Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens nicht entgegen, dass sich der Beklagte in der schriftlichen Klageerwiderung ausschließlich zur Sache eingelassen hat.348
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Eine Wiederholung der Rüge der internationalen Zuständigkeit in zweiter Instanz ist im Anwendungsbereich von § 39 ZPO nicht erforderlich.349 Allerdings kann der Beklagte die erstinstanzlich versäumte Rüge der internationalen Zuständigkeit nicht zu einem späteren Zeitpunkt und auch nicht in zweiter Instanz nachholen.350 Das Berufungsgericht prüft die internationale Zuständigkeit also nur dann, wenn der Beklagte diese bereits in erster Instanz gerügt hat und seine Rüge auch in zweiter Instanz aufrechterhält.351 Das gilt auch in der Revisionsinstanz, in der die Prüfung der internationalen Zuständigkeit nicht durch § 545 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen wird.352
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Anders als im Anwendungsbereich von Art. 26 EuGVVO muss der Beklagte die Rüge der internationalen Zuständigkeit nicht während des gesamten Verfahrens aufrechterhalten. Nach wirksamer Rüge der internationalen Zuständigkeit müssen die Parteien eine den Anforderungen von § 38 ZPO genügende Gerichtsstandvereinbarung schließen, wenn sie die internationale Zuständigkeit des Gerichts noch nachträglich begründen wollen.353
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Einen Hinweis auf einen Mangel der internationalen Zuständigkeit muss das Gericht gemäß § 504 ZPO nur in einem Verfahren vor dem Amtsgericht erteilen – bei Kartellschadensersatzklagen also nie.