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SECHZEHNTES KAPITEL

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Wie das Meer sich vor den Hebräern teilte und ihnen die Flucht

vor den Ägyptern ermöglichte.

1. Nach diesen Worten führte er sie im Angesichte der Ägypter ans Meer. Diese konnten nämlich die Hebräer erblicken, hielten es aber, da sie von der Verfolgung ermüdet waren, für ratsam, den Kampf auf den kommenden Tag zu verschieben. Und als nun Moyses das Gestade erreicht hatte, ergriff er seinen Stab und flehte zu Gott um Schutz und Hilfe mit diesen Worten: »Du weißt, o Herr, dass wir vergeblich zu menschlicher Kraft und Überlegung unsere Zuflucht nehmen, um der gegenwärtigen Not zu entgehen. In deiner Macht aber liegt es, deinem Volke, das in Gehorsam gegen deinen Willen aus Ägypten auszog, Erlösung zu gewähren. Daher nehmen wir, hoffnungslos und ratlos wie wir sind, zu dir allein unsere Zuflucht und flehen dich an. Angstvoll erwarten unsere Herzen das Eingreifen deiner Vorsehung, damit wir den Händen der wutentbrannten Ägypter entrissen werden. Doch komme schnell und zeige uns deine Macht; flöße dem Volke, das aus Verzweiflung zusammenzubrechen droht, Mut ein und richte wieder auf seine Hoffnung und sein Vertrauen auf Erlösung. Du vermagst unsere Not zu beseitigen – denn dein ist das Meer, und dein sind die Berge, die uns umschließen. Willst du, so tun sie sich auf, und das Meer verwandelt sich in trockenes Land. Ja, durch die Luft können wir fliegen und so entkommen, wenn deine Allmacht uns also erretten will.«

2. Nach diesem Gebete zu Gott schlug Moyses mit seinem Stabe aufs Meer. Dieses aber gab dem Schlage nach, wich zurück und ließ das Land trocken, um den Hebräern die Flucht zu ermöglichen. Daran erkannte Moyses Gottes Gegenwart, und da er sah, dass das Meer von seinem Grunde gewichen war, schritt er zuerst hinein und hieß die Hebräer ihm folgen auf dem Pfade, den Gott ihnen gebahnt. Dann ermahnte er sie in der Freude über die Gefahr, in welche die nachsetzenden Feinde zu stürzen drohten, sie sollten Gott danken, der ihnen einen so unverhofften Weg zur Rettung geöffnet habe.

3. Als die Hebräer nun im Vertrauen auf Gottes Gegenwart ohne Zögern nacheilten, glaubten die Ägypter, sie seien von Sinnen, da sie offenbar ihrem Verderben entgegenliefen. Doch als sie sahen, dass die Hebräer wohlbehalten weiter vorrückten, ohne Schwierigkeiten und Hindernisse anzutreffen, begannen sie ihnen zu folgen, als ob auch vor ihnen das Meer ruhig zurückweichen würde; ihre Reiterei schickten sie dabei voraus. Indes sie sich aber ihre Waffen angelegt und damit Zeit verloren hatten, waren die Hebräer schon wohlbehalten am jenseitigen Ufer angelangt. Dadurch wurden die Ägypter noch mehr angestachelt zur Verfolgung, in dem Glauben, dass auch ihnen nichts Übles widerfahren würde. Sie hatten aber außer Acht gelassen, dass der Weg nur für die Hebräer, nicht aber für andere geschaffen worden, und dass er zur Erlösung der Gefährdeten, nicht aber für die bestimmt war, die ihn zum Verderben anderer benutzen wollten. Als daher das gesamte Heer der Ägypter den Weg betreten hatte, strömte plötzlich das Meer wieder zusammen und begrub, von Sturm gepeitscht, mit gewaltigem Andrang die Ägypter in seinen Fluten. Zugleich stürzten Regengüsse vom Himmel, und grause Donnerschläge wechselten mit zuckenden Blitzen; kurz, was Gottes Zorn den Menschen zu schicken pflegt, schien hier vereinigt zu sein, denn auch dichte Finsternis und Nacht gesellte sich hinzu. So gingen die Ägypter sämtlich unter, und es blieb noch nicht einmal einer übrig, der die Botschaft von dem Unglück hätte nach Hause bringen können.

4. Die Hebräer aber konnten sich vor Freude über ihre unverhoffte Errettung und die Vernichtung ihrer Feinde kaum halten, und sie glaubten nun einer festen und gesicherten Zukunft entgegenzugehen, da Gott sie so offenbar beschützt hatte. Und weil sie selbst der Gefahr so wunderbar entronnen waren, ihre Feinde aber von einem Strafgericht ereilt sahen, wie es seit Menschengedenken nicht da gewesen, verbrachten sie die Nacht mit Gesang und in freudigem Jubel. Moyses selbst verfasste zur Ehre Gottes ein Lied in sechsfüßigen Versen, das Gottes Lob besang und ihm für seine Wohltaten dankte.

5. Alles dies habe ich aufgezeichnet, wie ich es in den heiligen Büchern geschrieben fand. Niemand aber möge sich darüber verwundern und es für unglaublich halten, dass die damaligen Menschen, die in Schlechtigkeiten noch nicht so bewandert waren, einen Weg zu ihrer Errettung, sei es nach Gottes Willen oder von selbst, durch das Meer gefunden haben sollen. Denn es ist noch nicht so lange Zeit verstrichen, da auch vor dem Heere Alexanders, des Königs von Makedonien, das Pamphylische Meer zurückwich und ihm, da es keinen anderen Weg zu Gebote hatte, einen solchen eröffnete. Gott bediente sich nämlich seiner Hilfe, um die Herrschaft der Perser zu stürzen. Das bezeugen alle, welche die Kriegstaten Alexanders beschrieben haben. Doch möge hierüber jeder denken, wie ihm beliebt.

6. Als nun am folgenden Tage die sturmbewegten Meereswogen die Waffen der Ägypter ans Gestade geworfen hatten, ließ Moyses, der darin ein Zeichen der Vorsehung Gottes erblickte, dieselben sammeln und rüstete mit ihnen die Hebräer aus, damit diesen von jetzt an die Wehr nicht fehle. Alsdann führte er sie zum Berge Sinai, um dort Gott zu opfern und ihm für die Errettung des Volkes zu danken, wie derselbe ihm früher befohlen hatte.

Auslassungen im Text.

Anders Niese.

* 1 Mine (Mna), griechische Silbermünze, = 100 attische Drachmen = 40,19 Euro.

* Potiphar.

* Jehovah.

** Nach Hommel, Geschichte des alten Morgenlandes, war dieser Pharao kein anderer als Ramses II.

* Mer-en-Ptah, Sohn Ramses des Zweiten.

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