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aa) Die Eingriffsrechtfertigung

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Ein Eingriff in den Schutzbereich der Art. 8 bis 11 EMRK kann nach deren jeweiligem in materieller Hinsicht ähnlichen Absatz 2 gerechtfertigt sein, wenn die Einschränkung gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft zum Schutz bestimmter enumerativ aufgezählter Rechtsgüter notwendig ist. Dabei ist das formale Erfordernis einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage nicht eng zu verstehen, da insoweit ein Gesetz im materiellen Sinne gemeint ist und somit auch Richter- und Gewohnheitsrecht als ausreichend erachtet werden.134 Auch der weitere Prüfungsschritt der Einschränkung zum Schutz eines bestimmten Rechtsguts stellt in der Rechtsprechungspraxis infolge der semantischen Offenheit der möglichen Eingriffsziele kein besonderes Hindernis dar;135 dies kann als gewisse Betonung der Eigenverantwortlichkeit der Konventionsstaaten verstanden werden.136 So wird etwa der in Art. 9 Abs. 2 EMRK genannte Schutz der Rechte und Freiheiten Anderer als Generalklausel für sämtliche gesetzlich eingeräumten Rechte Dritter verstanden.137 Dies können etwa die Grundrechte kirchlicher Arbeitnehmer sein.138 Dieser Ansatz weicht erheblich von der Konzeption des Schrankenvorbehalts des „für alle geltenden Gesetzes“ im Rahmen des deutschen kirchlichen Selbstbestimmungsrechts nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV ab.139

Das zentrale Prüfungskriterium für die Rechtmäßigkeit des Eingriffs ist vielmehr im Erfordernis der „Notwendigkeit in einer demokratischen Gesellschaft“ zu erblicken. Daraus leitet der EGMR insbesondere eine Verhältnismäßigkeitskontrolle des Eingriffs ab, die sich in einem umfassenden Abwägungsvorgang niederschlägt.140 Da aber die einzelnen nationalen Ansichten innerhalb der EU über die Notwendigkeiten in einer demokratischen Gesellschaft differieren können, besteht zugunsten der Mitgliedstaaten in Abhängigkeit des betroffenen Lebensbereichs und Grundrechts ein Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum (margin of appreciation) hinsichtlich der Gewichtung der entgegenstehenden Interessen, der sich konkret in einer Reduzierung der Kontrolldichte innerhalb der Abwägung durch den EGMR niederschlägt. Ist in Anwendung dessen im Einzelfall eine niedrigere Kontrolldichte maßgeblich, erhöht sich auf diese Weise die Wahrscheinlichkeit der Rechtmäßigkeit des Eingriffs.

Kirchliches Arbeitsrecht in Europa

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