Читать книгу Kirchliches Arbeitsrecht in Europa - Florian Scholz - Страница 33

(2) „Achten“ und „Nichtbeeinträchtigen“

Оглавление

Eine Differenzierung hinsichtlich der Rechtsfolgen zwischen dem Gebot der Achtung und dem Verbot der Beeinträchtigung scheint wenig zielführend zu sein.208 Es spricht viel dafür, die Begriffe als einheitlichen Ausdruck der von der Gemeinschaft intendierten Wahrung des kirchlichen Status zu verstehen. Dabei ist lediglich festzustellen, dass der Ausdruck der „Nichtbeeinträchtigung“ weitreichender und deutlicher gegenüber demjenigen der „Achtung“ erscheint, welcher sich leicht interpretatorischen Relativierungen ausgesetzt sehen könnte.209 Entscheidend ist vielmehr, mit welcher Konsequenz Art. 17 Abs. 1 AEUV den nationalstaatlich begründeten Status der Kirchen schützt, soweit dieser im Rahmen allgemeiner europäischer Rechtsetzung tangiert wäre. Im Schrifttum finden sich zur Bestimmung der insoweit aufgeworfenen Frage nach der Schutzintensität zwei Ansätze.

Nach einer Auffassung impliziere Art. 17 Abs. 1 AEUV eine Verhältnismäßigkeitsprüfung, sodass im Rahmen einer Abwägung im Sinne praktischer Konkordanz für den Einzelfall entschieden werden müsse, ob die kirchliche Rechtsstellung oder das Regelungsziel vorzugswürdig ist.210 Ein erheblicher Teil der Vertreter dieser Auffassung messen dem Beeinträchtigungsverbot dabei umso höheres Gewicht zu, je stärker eine staatskirchenrechtliche Rechtsvorschrift spezifischer Ausdruck des nationalen Staat-Kirche-Verhältnisses ist.211 Demnach genösse jedenfalls als besonderes Fundament des deutschen Staatskirchenrechts das kirchliche Selbstbestimmungsrecht und die daraus resultierende Rechtsstellung der Kirchen im Arbeitsrecht einen besonders hoch einzuschätzenden Schutz.

Die davon abweichende Ansicht interpretiert den Schutzgehalt von Art. 17 Abs. 1 AEUV hingegen weitreichender im Sinne eines strikten Schutzverständnisses. Danach dürfe der rechtliche Status der Kirchen nach dem jeweiligen mitgliedstaatlichen Recht im Sinne eines kategorischen Gebots nicht durch unionsrechtliche Ingerenzen geschmälert werden.212 Nur dieses Verständnis vermag zu überzeugen. Denn der Wortlaut des „Kirchenartikels“ bietet keinerlei Anhaltspunkt für ein Abwägungserfordernis und bietet insbesondere hinsichtlich der Statuierung des Beeinträchtigungsverbots keinen Auslegungsspielraum. Zudem müsste bei einer Abwägung das Rechtsgut des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts aus der Perspektive der Union gewichtet werden; dies würde eine staatskirchenrechtliche Kompetenz der Gemeinschaft erfordern, die Art. 17 Abs. 1 AEUV gerade negiert.213 Dieses strikte Verständnis hat auch keine Bereichsausnahme zur Folge, da weiterhin eine Anwendung europäischen Rechts auf die Kirchen selbstverständlich dort zu erfolgen hat, wo ihre nationale Rechtsstellung nicht beeinträchtigt ist. Würden die Kirchen aber mittelbar durch einen Rechtsakt der Union in ihrer spezifisch mitgliedstaatlich gewährten Rechtsposition verletzt, so sind sie aus dessen Anwendungsbereich herauszunehmen.

Kirchliches Arbeitsrecht in Europa

Подняться наверх