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Ein Bild für die Götter

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Klatschnass und mit hängendem Bart saß Don Basilico in seiner Küche und tropfte vor sich hin. »Eine Schande«, fluchte er. »Und alles nur, weil du Teufelsbraten unbedingt diesen Höllenzauber draußen anschauen musstest.«

Der Küchenjunge Emerald drückte sich an die Wand. Vor Don Basilicos Zorn hatte er gehörigen Respekt, denn dessen Launen und Strenge waren am ganzen Hof gefürchtet. »Verzeiht, Meister«, jammerte er. »Ich hätte nicht rausschauen dürfen.«

»Du hättest vor allem den Braten nicht aus dem Auge lassen dürfen!«, polterte der Koch und zeigte auf den tropfenden Eber über der erloschenen Feuerstelle. »Sieh dir das an! Sieht aus, als gäbe es Suppe am Grill.« Er schüttelte sich, dass das Wasser nach allen Seiten spritzte.

»Bitte vergebt mir, Meister«, wimmerte Emerald, der Angst hatte, dass er seine Stelle als Küchenjunge verlieren und wieder als Gehilfe des Kerkermeisters arbeiten musste, wie er es in den letzten Wochen getan hatte. Denn im Vergleich zur Kerkerarbeit war die hier in der Küche dann doch um einiges angenehmer. Und sättigender! Emerald wischte sich unauffällig den Mund an seinem Kragen ab, damit ihn die Marmeladeflecken nicht verrieten.

»Außerdem hätte ich gerne gewusst, wer von der Marmelade genascht hat!«, grummelte der Koch und strich sich über den nassen Bart.

»Ich, äh, ich ...«, stotterte Emerald. Was sollte er nur sagen?

»Schon klar«, stellte Don Basilico fest. »Du weißt auch nichts. Sicher. Ihr haltet doch alle zusammen, ihr Tunichtgute.« Er stand auf, schüttelte sich noch einmal und trottete zur Tür. »Ich gehe mich jetzt umziehen. Und du siehst zu, dass du das Feuer schleunigst wieder in Gang bringst. Aber versuch nicht, die Scheite, die unter dem Tier liegen, noch einmal anzuzünden, sonst ersticken wir hier alle im Qualm. Du räumst alles weg, was noch da liegt, trocknest die Stelle vollständig und bringst neues Feuerholz.« Er hustete. »Wenn ich wieder da bin, will ich ein vortreffliches Feuer sehen! Und ich werde schnell sein!«

»Jawohl, Meister«, haspelte Emerald und eilte schon zu dem Eber am Spieß. Er musste vorsichtig sein, denn noch gab es einige Stellen Glut, wo er sich die Finger verbrennen konnte. Emerald schaute sich vergewissernd um: Don Basilico hatte die Küche verlassen. Er war jetzt allein hier zwischen Ruß und Qualm. Leise fluchend scharrte er die schwarzen Holzscheite, die Asche und den Schlamm aus der Feuerstelle. Später würde er das alles auf den Hof hinausschaffen müssen und das übrig gebliebene Holz in einem geschützten Winkel zum Trocknen legen. Doch zuerst galt es, wieder Feuer unter dem Braten zu entfachen, mit frischem und trockenem Holz ...

»Ein Bild für die Götter!«, ertönte von der Tür her die Stimme eines Jungen. Ludovico, der selbst einige Zeit als Küchenjunge bei Don Basilico gearbeitet hatte, schnalzte mit der Zunge und ließ sich auf einen der Stühle an dem großen Tisch in der Mitte des Raumes fallen. »Ich könnte dir stundenlang zusehen.«

»Zu gütig«, erwiderte Emerald knapp und spürte, wie ihm ein bisschen schlecht wurde, weil der Sohn des Herzogs hier seinen Spaß suchte – und das ausgerechnet auf seine Kosten.

»Soll er gekocht werden? Oder warum ist er nass?« Diese Fragen bereiteten Ludovico sichtlich Freude, nicht so Emerald. Doch der Küchenjunge ging nicht darauf ein. »Was kann ich für Euch tun?«, fragte er höflich, obwohl Ludovico ein oder zwei Jahre jünger war als er.

»Nichts«, sagte Ludovico und grinste. »Einfach weiterarbeiten.« Er ärgerte Emerald gern. Immerhin war der Küchenjunge bei der Verschwörung der Vögte und Minister gegen seinen Vater ein Helfer gewesen. Dass er nach kaum mehr als vier Monaten schon wieder hier oben in der Küche arbeiten durfte, fand Ludovico nicht besonders gut. Er hätte es Emerald gegönnt, noch länger als Gehilfe des Kerkermeisters in den tiefen Kellern der Burg zuzubringen. Aber wahrscheinlich war das ungerecht. Wer wusste schon, was ihm die Schurken erzählt hatten. Wahrscheinlich hatte Emerald geglaubt, einer guten Sache zu dienen. Dass es beinahe wegen Crudo und dessen Mitverschwörern Krieg gegeben hätte, das hatte der Küchenjunge vermutlich auch erst hinterher erfahren. »Du hast nicht zufällig Xenia gesehen?«

»Nein«, sagte Emerald und blickte finster über die Schulter. »Hier hat sie sich nicht blicken lassen.« Nun, warum sollte sie auch? Sie hatte immerhin mehr als einmal ordentlich mitgeholfen, dem Herzog das Leben zu retten. Das Fest, das auf der Burg gefeiert wurde, war also auch ihr Fest.

»Na, dann gehe ich sie mal suchen.« Ludovico sprang auf, schlenderte an Emerald vorbei, klopfte ihm – scheinbar freundschaftlich – kräftig auf die Schulter und huschte dann schnell zur Tür hinaus, während der Küchenjunge mit den Armen ruderte, aber schließlich doch das Gleichgewicht verlor und mitten in den schwarzen Ascheschlamm fiel. »Warte nur«, knurrte er und sah zur Tür hin, hinter der der Herzogssohn verschwunden war. »Warte nur, bis ich dich mal unerwartet erwische ...«

Das Rabenorakel

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