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Create Media

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Bonn, späte 1990er Jahre

Ich hielt mich mehr schlecht als recht über Wasser, was eigentlich nicht zu verstehen war, denn das Geschäft brummte, ich arbeitete 60 bis 80 Stunden pro Woche, und meine Produkte kamen gut an. Nach circa zwei Jahren traf ich Severin Tatarczyk, der für Anwaltskanzleien und Arztpraxen die damals aufkommenden lokalen Netzwerke installierte und für Mitarbeiter Office-Schulungen anbot. Severin war ein deutlich besserer Geschäftsmann als ich und kannte, im Gegensatz zu mir, viele wichtige Bonner Geschäftsleute. Das ist aber auch kein Wunder, wenn man wie ich tagelang wie ein Rhesusäffchen im Labor nur in seiner Büro-Wohnung hockt und wie besessen vor sich hin programmiert! Ich konnte viel von Severin lernen. Er sah, glaube ich, das Potenzial in meinem Softwaretalent. Und so vollzog ich meinen ersten Merger: Seine proPC GmbH und meine Softer Solutions GmbH wurden zur Create Media GmbH & Co KG und wir 50/50-Partner. Ab jetzt wurde es ernst, da wir ganz offiziell ein Ein-Zimmer-Büro in Bonn bezogen. Mit eigenem Schild an der Tür – das ich heute noch als Erinnerungsstück habe. Ab jetzt mussten wir also jeden Monat Miete zahlen, laufende Kosten, die gedeckt werden wollten! Aber ich erinnere mich trotzdem noch sehr gerne und sehr genau an dieses Wahnsinnsgefühl: ein eigenes Büro, ein eigener Geschäftsbriefkasten mit eigener Adresse. Krass. Severin und ich ergänzten uns wirklich gut. Er war der Geschäftsmann und Netzwerker, und ich konnte mich aufs Programmieren konzentrieren. Unsere Create Media wuchs: Durch die Kombination von Severins Erfahrung und Netzwerk mit meinem Technik- und Designverständnis gewannen wir sehr schnell viele Kunden. Plötzlich hatten wir zehn Mitarbeiter, um alle Aufträge zu erledigen, und fünf Räume. Kunden besuchten uns – jetzt waren wir eine richtige Firma. Und es gab ein neues Geschäftsfeld: Internetseiten!

Die Älteren werden sich erinnern: Fiepfiep, blinkblink – ein 14,4-K-Modem! Man musste jede Minute Online-Zeit bezahlen, die Websites bauten sich Zeile für Zeile langsam auf, der Rechner fuhr heiß, bis der Lüfter ansprang und ein lautes Gebläse das ganze Ding wieder kühlte, aber: Man war im World Wide Web. Das war neu, das war aufregend, und es gab viele Unternehmen, die jetzt eine eigene Website haben wollten, weil alle davon redeten und sie vielleicht das Potenzial witterten, aber keine Ahnung hatten, wie man das anstellen musste. Wir hingegen wussten das und waren eine der ersten Agenturen, die das komplette Paket anbieten konnten – und wir waren für damalige Verhältnisse echt gut.

Ich entwickelte interaktive Seiten, zum Beispiel eines der ersten Content-Management-Systeme mit dem Namen Loom. Oder mit Photoweb eine der ersten Fotodatenbanken im Netz. Das war insofern abenteuerlich, als damals noch kaum jemand seine Fotos digitalisierte, geschweige denn in ausreichender Auflösung zu unserem Server übertragen konnte. Daher wurde unser Photoweb von einem Praktikanten via CD-Lieferung in unserem Keller manuell aktualisiert. Hallo.de war eine Flirt-Community, die ich an den Start brachte. Wahnsinn, wenn ich mir überlege, dass das Jahre vor Facebook war. Was hätte aus mir werden können…! Severin und ich wollten aber jetzt noch größer denken, wir eröffneten Büros in Berlin und München und holten einen dritten Partner an Bord: Sandor Rozsa, einen herausragenden Designer. Zu dritt hatten wir die wichtigen Themen unter Kontrolle und waren auf dem Weg, die Welt zu erobern. Unsere Zeit war gekommen!

Frank Thelen – Die Autobiografie

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