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Der Verkauf

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Bonn und Tokio, 2007 – 2008

Der Vice President von Fujifilm Europe, Uli Kraus, war unser Deal-Champion. Er hatte uns entdeckt, zahlreiche Fujifilm-Kunden erfolgreich auf unsere Plattform gebracht, und er wollte das Digital-Geschäft mit unserem IPS-Produkt ausbauen. Uli Kraus stellte den Kontakt zu den japanischen Kollegen her – und im Jahr 2007 war es dann so weit: Eine Delegation kam aus Japan nach Bonn, um mit uns zu verhandeln. Es waren gleich zehn Japaner unter der Leitung von Aoki-San (San). Keiner von ihnen sprach verständliches Englisch, was Aoki-San allerdings nicht davon abhielt, es trotzdem zu tun.

Ich erinnere mich noch sehr genau: Nächtelang hatte ich mich vorbereitet, denn ich wusste, das ist die bisher wichtigste Präsentation meines Lebens. Ich erklärte, warum ip.labs Weltmarktführer für Online-FotoServices geworden war. Ich erklärte auch, warum die größte Handelskette aus den USA auf unsere Plattform wechseln wollte und wie wir auf unserer technischen Basis schnell und effektiv neue Produkte auf den Markt bringen konnten. Ich war ganz in meiner Welt versunken, begeistert und überzeugt von unserem Produkt und unserer Idee. Und dann wurde ich jäh auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Von links hörte ich ein Geräusch: Aoki-San schnarchte. Und ein paar Plätze weiter war ein zweiter Kollege ebenfalls eingeschlafen. Was nun? Ich brach die Präsentation ab, was wiederum die wach gebliebenen Japaner irritierte. Uli Kraus war mit der japanischen Geschäftskultur vertrauter als ich und klärte mich auf. »Mach einfach weiter, das ist in Japan völlig normal!«

Damals kam mir das sehr merkwürdig vor: Die Japaner diskutierten auch während eines Meetings nicht. Man saß da komplett ungerührt, was für mich dazu führte, dass ich keine Ahnung hatte, ob mein Vortrag den potenziellen Käufer begeisterte, langweilte oder enttäuschte. Wir Deutschen diskutierten, waren untereinander auch nicht immer einer Meinung – aber das wurde von der japanischen Delegation eher als befremdlich empfunden. Heute weiß ich, dass die wichtigen Entscheidungen in Japan vorher getroffen werden, und zwar beim sogenannten »Nemawashi«, dem »Um-die-Wurzeln-Herumgehen«. Dort werden in separaten Meetings oder Tee-Runden die Wurzeln der Entscheidungsfindung freigelegt und alle möglichen Optionen betrachtet. Ist das Nemawashi abgeschlossen, wird auch nicht mehr argumentiert, um vor dem Verhandlungspartner nicht das Gesicht zu verlieren.

Nach zwei Tagen Präsentation von Produkt, Team, Firma, Finanzen und Verträgen flog Aoki-San mit seiner Delegation wieder nach Hause. Wir verabschiedeten uns freundlich voneinander, mit asiatischer Höflichkeit. Ob das Treffen gut oder katastrophal gelaufen war, ob die Japaner uns kaufen wollten oder nicht und ob sie meine Idee von der US-Expansion mitmachen würden – ich hatte keine Ahnung und schätzte die Chancen auf 50:50. In den folgenden Tagen rief ich alle fünf Minuten meine E-Mails ab, denn ich hoffte, endlich Antwort aus Japan zu erhalten. Ich wollte auch nicht nachfragen – bloß keine Schwäche zeigen. Diesmal, anders als zu Zeiten der twisd AG, lief unser Geschäft außerdem wirklich gut. Wir hatten ausreichend Geld auf dem Konto und gewannen wöchentlich neue Kunden. Aber diesmal wollte ich den Erfolg auch auf meinem Konto festhalten. Diese Lektion hatte ich gelernt: Der Wind kann sich sehr schnell drehen! Nach zwei Wochen machte es endlich »Pling« in meinem Postfach. Absender: Aoki-San.

»Fujifilm is interested in buying your company.« Na also! Und: »Please arrange a meeting in our Tokyo HQ with my assistant.«

Wir sollten also zu einem Treffen ins Hauptquartier in Tokio kommen.

Frank Thelen – Die Autobiografie

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