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Mein erstes »Unternehmen«
ОглавлениеBonn, 1996
Zu 80 Prozent bist du deines Glückes Schmied, das meiste ist erlernbar. Du kannst auch mit einer schwierigen Jugend viel erreichen. Aber manches wird eben auch vererbt – die Macht der Gene. Und wer – anders als ich – in der Schule aufgepasst hat, der weiß, dass vererbte Eigenschaften auch gerne mal eine Generation überspringen. Ich bilde mir ein, dass mein Großvater, den ich leider nie kennengelernt habe, mir seine Unternehmergene mitgegeben hat. Er war eigentlich Landwirt, hat aber schon früh geschickt Grundstücke gekauft, die später zu Bauland wurden. Die Landwirtschaft schlief ein, das Immobiliengeschäft florierte. Mein Unternehmerherz bedauert, dass weder mein Vater noch mein Onkel das Geschäft fortgeführt haben. Sie sind ihren eigenen Berufen nachgegangen, das Immobiliengeschäft wurde aufgegeben.
Bei mir sind die Unternehmergene aber wieder aktiv geworden, und ich habe schon in meiner frühen Jugend angefangen, Geschäfte zu machen. Nachdem der Computer und ich Freunde geworden waren, kam ich schnell auf die Idee, mein neues Wissen zu monetarisieren. Als die ersten CD-Brenner auf den Markt kamen, konnte man plötzlich selber CDs produzieren. Ein CD-Brenner war so groß wie vier Schuhkartons, sehr schwer, extrem empfindlich und vor allem sagenhaft teuer. Ich schlich wöchentlich mit leuchtenden Augen im Elektronikmarkt um ihn herum. Aber ich musste viele Monate programmieren, um mir das Investment leisten zu können.
Irgendwann hatte ich das Geld dann zusammen – und kaufte mir einen eigenen CD-Brenner. Ein Rohling hat damals 30 DM gekostet, und jeder einzelne Brennvorgang war ein Abenteuer. Der PC musste perfekt auf den Brenner abgestimmt sein, jeder kleinste Stoß gegen den Schreibtisch war tödlich, und natürlich hat es ewig gedauert. Aber CDs waren eine Revolution! Während Disketten maximal 1,44 MB speicherten und es Stunden dauerte, über ein Modem den Inhalt von zwei bis drei Disketten zu übertragen, fassten CDs 650 MB, also über das 400-fache! Sicher, nicht alle Software, die ich auf diese CDs brannte, war legal. Aber wie gesagt: Ich hatte Spaß daran, den Kopierschutz der Großen zu knacken. Ich entwickelte sogar ein eigenes Mini-Programm für meine CDs, das einen interaktiven Katalog des Inhalts anzeigte und den Nutzer bei der Installation unterstützte. Das hat mich begeistert, 400-fache Speicherkapazität, der kleine Frank besiegt die Großen, indem er den Kopierschutz knackt, und er bietet auch noch einen zusätzlichen Wow-Effekt bei der Bedienung, wenn man die CD einlegt. Lizenzen, Rechte und Vertrieb interessierten mich als kleinen »Outlaw« nicht. Die Dinger habe ich dann für 100 DM das Stück an Freunde verkauft.
Einen anderen »Coup« landete ich während meiner Ausbildung. Dort lernten wir C++, eine Programmiersprache. Ich sah im Bonner Kaufhof 30 Bücher über C++, die um 80 Prozent reduziert waren. Ich kaufte alle. Anschließend überzeugte ich den Lehrer, dass die Klasse mit exakt diesem Lehrbuch lernen solle. Also sollte sich die ganze Klasse dieses Buch anschaffen, vorzugsweise aus meinem Bestand. Ich gewährte einen kleinen Rabatt auf den empfohlenen Verkaufspreis, sodass jeder das Gefühl hatte, ein Geschäft gemacht zu haben. Eine Win-win-Situation für alle. Zu meiner Entschuldigung muss ich sagen, dass es wirklich ein sehr, sehr gutes Buch über C++ war. Insofern hatten alle etwas davon, sogar der Lehrer. Ich glaube, hier zeigte sich mein Macher- und Unternehmergen: Ich habe keinen großen Plan gehabt, sondern einfach aus einem inneren Impuls heraus gehandelt: an das Buch geglaubt, 300 DM riskiert, alle Beteiligten überzeugt, Gewinn gemacht und in das nächste Gadget investiert.