Читать книгу Frank Thelen – Die Autobiografie - Frank Thelen - Страница 20

IP.Labs Eine Idee entsteht

Оглавление

Bonn, Ende 2002

Ich hatte mir zwar eine blutige Nase geholt – doch es hätte mir, wie leider einigen Weggefährten von früher, wirtschaftlich und gesundheitlich schlimmer gehen können. In den wilden Monaten und Jahren des Neuen Markts war ich, wenn auch vielleicht nicht vollständig, so doch immerhin weitestgehend erwachsen geworden und darüber hinaus dem Fegefeuer der Privatinsolvenz entkommen. Ich hatte viel Lehrgeld gezahlt, aber ich hatte auch eine Menge Lebenserfahrung gewonnen und ordentlich was gelernt – vor allem charakterlich, aber durchaus auch fachlich: Wir hatten mit der twisd AG auch zwei erfolgreiche Community-Sites aufgebaut und uns in diesem Bereich eine gewisse Kompetenz erarbeitet.

Die eine davon war hallo.de, eine Flirtplattform mit Profilen, Chats und Bildern der User, weit vor der Facebook-Zeit und damals allen anderen Plattformen technisch überlegen. Glücklicherweise zahlten einige Werbeunternehmen zu dieser Zeit noch Tausender-Kontakt-Preise (TKP), das heißt, dass es für 1.000 Seitenaufrufe eine garantierte Summe an Werbeerlösen gab. Heutzutage wird Werbung meist nur noch gegen erfolgreiche Verkäufe vergütet. Und wenn es noch TKP-Preise gibt, sind diese um ein Vielfaches niedriger. Hallo.de hatte damals aber täglich Zehntausende Seitenabrufe und folglich durch diese TKP-Anzeigen stabile Einnahmen. Wir verkauften das Portal schließlich an einen erfolgreichen Player im deutschen TV-Markt.

Dann gab es noch bilder.de. Unter dieser Domain wollten wir ursprünglich eine professionelle Foto-Community aufbauen, auf der man Bildrechte handeln kann, also einen Marktplatz für Fotografen und Käufer von Bildern. Heute gibt es Portale für Stockfotos ohne Ende, sowohl gratis als auch gegen Vergütung. Von Instagram, Pinterest oder Facebook träumte damals noch kein Mensch. Wahrscheinlich war die Zeit einfach noch nicht reif dafür. Deswegen hob dieses Geschäftsmodell leider auch nicht so richtig ab. Und so suchten wir nach Alternativen, mit bilder.de Geld zu verdienen: Der Oldenburger Filmbelichter CeWe Color bot ein Plugin für Websites an, mit dem man einzelne digitale Bilder als Fotoabzug bestellen konnte. Es war also genau der entgegengesetzte Weg zu dem, den wir eigentlich gehen wollten: statt von der analogen zur digitalen also wieder von der digitalen zurück in die analoge Welt. Der Markt für digitale Fotografie steckte ja noch in den Kinderschuhen. Es gab noch keine Smartphone-Kameras, aber unter jedem zweiten Christbaum lagen bereits Digitalkameras, die mit dem Computer verbunden werden konnten. Die Möglichkeit, seine Bilder im Netz hochzuladen, war also gegeben, und die Menschen fingen langsam an, sie zu nutzen. Doch was dann? Hier erkannte CeWe die Chance – und Notwendigkeit, sein Geschäftsmodell in die digitale Welt zu transferieren. Das Plugin erlaubte es, digital geschossene Bilder wieder physisch als Abzug in den Händen zu halten – komfortabel bestellt im Internet. Der Ansatz von CeWe und die Reichweite von bilder.de passten perfekt zusammen. Wir integrierten den Service einfach in unsere Website. Und wenn einer der Besucher Abzüge bestellte, erhielten wir für jeden Auftrag 30 Prozent Provision. Das Geschäft lief recht gut an, sodass wir merkten: Da gibt es offensichtlich wachsenden Bedarf. Bloß: Die von CeWe bereitgestellte Software genügte meinen technischen und ästhetischen Ansprüchen nicht: Es war ein grausam designtes, langsames und fehleranfälliges Java-Plugin – und Java als Programmiersprache ist ohnehin wirklich »böse«.

Frank Thelen – Die Autobiografie

Подняться наверх