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cc) Unterlassen

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Näherer Betrachtung bedürfen schließlich diejenigen Fälle, in denen der Schaden durch Unterlassen verursacht wird. Das Unterlassen ist an sich rechtlich indifferent. Unterlassen wird einem positiven Tun gleichgestellt, wenn eine Pflicht zum Tätigwerden besteht[35]. Garantenpflichten können sich aus Gesetz, vorangegangenem gefahrerhöhendem Tun („besondere Verkehrssicherungspflichten“) und aus der Herrschaft über eine Sache („allgemeine Verkehrssicherungspflicht“) ergeben. Bei einer gesetzlichen Pflicht zum Tätigwerden entscheidet die Rechtsnatur der Rechtsnorm, bei vorangegangenem gefahrerhöhendem Tun die Rechtsnatur dieses Handelns.

Beispiele für relevantes Unterlassen:

Schaffung eines Kita-Platzes[36];
unterlassene Anzeige einer Zustellung[37];
unterlassener Hinweis auf Eintritt einer Genehmigungsfiktion[38].

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Bei den Verkehrssicherungspflichten ist zu differenzieren. Besondere Verkehrssicherungspflichten bestehen etwa im Bereich des Straßenverkehrsrechts, welches sich auf die Straßennutzung bezieht (zur Abgrenzung zum Straßenwegerecht s.u. Rn 1101 f). Wegen des spezifischen Zusammenhangs mit § 45 StVO sind sie dem öffentlichen Recht zuzuordnen[39].

Beispiele für besondere Verkehrssicherungspflichten:

sachgemäße Anbringung von Verkehrsschildern[40];
Programmierung von Ampelanlagen („feindliches Grün“)[41].

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Darüber hinaus sind auch im Bereich des Straßenwegerechts, welches sich auf die Bereitstellung und Instandhaltung öffentlicher Straßen bezieht, Verkehrssicherungspflichten anzutreffen (zur Abgrenzung zum Straßenverkehrsrecht s.u. Rn 1101 f). Diese wurden von der Rechtsprechung lange Zeit dem Privatrecht zugeordnet[42], während sie von der Literatur als öffentlich-rechtlich eingestuft wurden[43]. Inzwischen hat sich dieser Meinungsstreit weitgehend erledigt; denn die Straßengesetze der Länder haben die insoweit bestehenden Verkehrssicherungspflichten inzwischen weitgehend durch öffentlich-rechtliche Vorschriften ausgestaltet[44]. Kommt es zur Schädigung eines PKW durch Astbruch, ist daher grundsätzlich der Amtshaftungsanspruch einschlägig[45]. Auch die Räumungs- und Streupflichten werden in den Gesetzen der Länder[46] geregelt und sind daher im Ausgangspunkt ebenfalls dem öffentlichen Recht zuzuordnen. Werden sie jedoch – insbes. durch Satzungen der Gemeinden – auf die Anwohner abgewälzt, so verändert sich auch die Rechtsnatur der Verkehrssicherungspflicht in eine privatrechtliche[47]. Allerdings verbleibt auch bei einer Abwälzung auf die Anwohner eine öffentlich-rechtliche Kontroll- und Überwachungspflicht der Gemeinde, welche die Einhaltung der Räumungs- und Streupflichten zum Gegenstand hat[48].

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Nach wie vor umstritten ist die Zuordnung der Verkehrssicherungspflichten im Zusammenhang mit öffentlichen Einrichtungen, zu denen etwa Kinderspielplätze oder Schwimmbäder gehören (dazu in Rn 1093). Auch hier stuft die Rechtsprechung die Verkehrssicherungspflichten grundsätzlich als privatrechtlich ein[49]. Soweit das Benutzungsverhältnis öffentlich-rechtlich ausgestaltet ist (dazu Rn 826), erscheint es allerdings konsequent, auch die Verkehrssicherungspflichten dem öffentlichen Recht zuzuordnen[50]. In einer jüngeren Entscheidung hat der BGH diese Frage immerhin offen gelassen[51].

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