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Planen für das Reich

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War es das alles wert gewesen? Wie der Botschafter Heinrichs VIII. im Reich ermittelte, hatte Karl alles in allem rund 1,5 Million Gulden in bar bezahlt – darin eingeschlossen 500 000 Gulden, die den Kurfürsten und ihren Beratern im Gegenzug für die nötigen Wahlstimmen gezahlt wurden. (Der pfälzische Kurfürst schnitt dabei am besten ab: Er erhielt 147 000 Gulden, sein Bruder Friedrich noch einmal 37 108.) Dazu kamen noch üppige Pensionszahlungen und für die Zukunft versprochene Geschenke, ferner über 250 000 Gulden für die Anwerbung der kaiserlichen Truppen, die bei Frankfurt in Stellung gebracht wurden, und so weiter und so weiter.58 Das waren immense Summen, und sie sollten erst der Anfang sein: Gerade seine erfolgreiche Wahl zwang Karl dazu, im Reich noch sehr viel mehr Geld zur Abwehr von äußeren – Türken und Franzosen – wie inneren Feinden – den lutherischen Reichsständen – aufzuwenden. Dennoch sollte sich der Wahlsieg von 1519 als eine ausgezeichnete Investition erweisen. Auf lange Sicht sicherte er dem Haus Habsburg die Kaiserwürde über volle vier Jahrhunderte hinweg. Aber selbst auf kurze Sicht schien für Karl und viele seiner Zeitgenossen klar, dass – was immer der Sieg gekostet hatte – es das Haus Habsburg sehr viel teurer zu stehen kommen würde, die Wahl zu verlieren. Unmittelbar nach dem Tod Maximilians malte der englische Botschafter in den Niederlanden, Thomas Spinelly, detailliert aus, was für eine Kaskade von Katastrophen auf die Wahl eines anderen Kandidaten als Karl folgen würde. Sollte Karl Franz unterliegen, sagte Spinelly voraus, »wird ihm der größte Verdruss und Schaden entstehen«. Inbesondere die Herzöge von Bayern würden sich in Anbetracht der »uralten und neueren Händel, die sie mit Österreich haben«, gegen sie stellen. Auch die Eidgenossen, die Venezianer sowie »alle seine anderen Nachbarn und Anrainer werden – ob aus eigenem Antrieb oder auf Aufstiftung von außen – einen ähnlichen Weg einschlagen, sodass der erste Verlust noch viele weitere nach sich ziehen wird«. Außerdem würde Franz, sollte er Kaiser werden, nicht nur seine jüngsten Eroberungen in Italien einbehalten können, sondern früher oder später vielleicht auch noch Neapel, ja Österreich und sogar die Niederlande für sich gewinnen, wohingegen Karl niemals die burgundischen Territorien zurückerlangen könnte, welche die Seinen vierzig Jahre zuvor an Frankreich verloren hatten. Kurz gesagt: »Im Ausgang dieser Wahl besteht sein ganzes Gedeihen oder jedoch – sollte sie schlecht für ihn ausgehen – sein [Untergang].«59 Der Großkanzler Mercurino Arborio de Gattinara stimmte dem zu. Seiner Autobiografie zufolge hatten manche Minister Karl aufgefordert, seinen Anspruch auf die Kaiserwürde ganz aufzugeben, indem sie »klagten, die Wahl werde seinen Königreichen und Ländern in Zukunft mehr Schaden als Nutzen bringen«, aber der Kanzler belehrte sie rasch eines Besseren:

»Unter dem Schirm des Kaisertitels würde [Karl] nicht allein seinen eigenen, ererbten Ländern und Königreichen dienen, sondern er könnte noch mehr und größere gewinnen, sein Reich ausdehnen und erweitern, bis es die Alleinherrschaft über die gesamte Welt umfasste. Wenn er ihn jedoch ablehnte, dann könnte dieses Reich den Franzosen zufallen … [und dann] wäre Karl nicht einmal imstande, seine eigenen Erblande in Österreich und Burgund sich zu sichern, ja nicht einmal die Königreiche von Spanien selbst.«

» Karl war es beschieden, ein reiches Erbe anzutreten: Die habsburgischen Erblande im östlichen Mitteleuropa vermachte ihm sein Großvater väterlicherseits, Kaiser Maximilian. Die Niederlande und die Freigrafschaft Burgund (Franche-Comté) erbte er von seiner Großmutter väterlicherseits, Maria von Burgund. Kastilien mitsamt seinen Besitzungen in der Neuen Welt war das Erbe seiner Großmutter mütterlicherseits, Isabella. Navarra, Aragón sowie dessen Vorposten im Mittelmeer stammten von seinem Großvater mütterlicherseits, Ferdinand (auch wenn Karl sich die Herrschaft über Kastilien und Aragón nominell bis zu ihrem Tod im Jahr 1555 mit seiner in Tordesillas festgesetzten Mutter Johanna teilen musste). Die Herrschaft über das Heilige Römische Reich konnte Karl 1519 hinzufügen; das Herzogtum Mailand folgte im Jahr 1535. Schon 1522 hatte Karl allerdings den größten Teil der österreichischen Erblande an seinen Bruder Ferdinand abgetreten, der 1526 auch zum Herrscher über Böhmen und einen großen Teil Ungarns wurde. Zusammen herrschten die beiden Brüder über beinahe die Hälfte Europas.


»Karl hörte sich dies mit Wohlwollen an«, fuhr Gattinara fort, »und da nun die Meinung seines ganzen Rates sich geändert hatte, entschied er die Angelegenheit«, indem er die zur Sicherung seiner Wahl notwendigen Gelder auf den Weg brachte (siehe Karte 3).60

Die Notwendigkeit, eine solche Eskalation von drohenden Katastrophen zu vermeiden, wie sie Gattinara – und vor ihm Spinelly – beschrieben hatte, sollte in der Folgezeit zu einem beständig wiederholten Grundsatz der habsburgischen Gesamtstrategie werden. Ein zweiter solcher Grundsatz, der 1518/19 ebenfalls für das Bemühen um die Kaiserwahl sprach, hielt das habsburgische Prestiges hoch – oder die »Reputation«, wie man damals meist sagte. Die Durchsetzung von Ansprüchen und Titeln, wie entlegen sie auch sein mochten, bildete einen Grundpfeiler des internationalen Beziehungssystems in der Frühen Neuzeit, und ein Herrscher, der nicht alles daransetzte, seine Ansprüche durchzusetzen – und stünden sie auf noch so wackeligen Füßen –, machte sich zum Gespött seiner Zeitgenossen. Das Haus Habsburg hatte die Kaiserwürde bereits drei Generationen lang innegehabt: Wenn Karl sie nun fahren ließ, dann gefährdete er damit nicht nur seinen eigenen Ruf, sondern auch den seiner gesamten Familie. »Nehmt Euch diese Angelegenheit zu Herzen zum Wohle unseres ganzen Hauses, so wie wir selbst es tun«, hatte Maximilian seinen Enkel einst gemahnt, und Margarete stimmte dem zu: Die Kaiserwahl eines Königs von Frankreich »wäre eine beständige Schande und Schmach« für das ganze Haus Habsburg.61

Die dramatische Erweiterung von Karls Machtsphäre beeinflusste sein Regierungshandeln in Theorie und Praxis gleichermaßen. Auf zeremonieller Ebene etwa schlug er anlässlich einer weiteren, mit aller Pracht begangenen Kapitelversammlung des Ordens vom Goldenen Vlies – diesmal in der Kathedrale von Barcelona – eine bunte Mischung von Anwärtern zu Rittern: einen Neapolitaner, zwei Aragonier und acht Kastilier. Der Orden hatte seine geografische Reichweite ausgedehnt, ganz analog zum Ausgreifen der Habsburgerdynastie. Auf der Verwaltungsebene zwang jene »hitzige und langwierige Pokerpartie« um die Macht im römisch-deutschen Reich die Amtsträger und Parteigänger in Karls diversen Herrschaftsgebieten zur Zusammenarbeit – sie waren nun ein großes Team. Wie auswärtige Gesandte in Spanien halb neidisch, halb besorgt bemerkten, gelang es den Bankiers mühelos, den zu erwartenden spanischen Steuerertrag im Voraus aufzubringen und nach Augsburg zu transferieren, wo ein effizient arbeitender Stab von Bediensteten unter der Leitung Heinrichs von Nassau und Jakob Villingers Hand in Hand zusammenarbeitete, um die Verteilung der Gelder und Gefälligkeiten zu organisieren. Inzwischen gehorchten die Statthalter der österreichischen Erblande, die Karl ja gerade erst geerbt hatte, den Anweisungen ihres abwesenden Herrn – dem sie noch nie begegnet waren – und erklärten sich bereit, »restlos alles zu verpfänden«, wenn es sein musste, »um [Karl] zu Willen zu sein«. Und in den Niederlanden saß Margarete von Österreich, stellte Kreditbriefe aus, die auf dortige Einkünfte gezogen waren, und sandte sie an Karls Agenten in Deutschland, verbunden mit der Erinnerung: »Meine Herren, uns ist bewusst, dass dies eine große und beträchtliche Summe ist, aber man darf nie vergessen, von welcher Art und Wichtigkeit die Sache ist, für die sie verwendet werden soll; und dass wir, sollten wir mangels Geld scheitern, noch Schlimmeres und sehr viel mehr erleiden werden.«62

Auch die Art, wie an Karls Hof die Geschäfte geführt wurden, blieb von derlei Prozessen der Integration und der Fokussierung auf das eine große Ziel nicht unberührt. Vor der Wahl hatten sich die ausländischen Gesandten immer wieder darüber beklagt, wie lange sie auf eine Audienz oder gar eine Entscheidung warten mussten. »Meist geht es so, dass das, was sie noch am selben Tag zu tun versprechen, auch in den sechs Tagen darauf noch ungetan bleibt«, jammerte 1518 ein englischer Gesandter in Saragossa, während sein französischer Kollege maliziös hinzufügte: »Wenn Barcelona und Valencia ihn [d. i. Karl] so lange festhalten wie diese Stadt hier, … wird er dort wohl drei Jahre verbringen.« Im Februar 1519 berichtete derselbe Gesandte dann jedoch: »Hier vergeht kein Tag, ohne dass ein Bote aus Deutschland eintrifft«, und zweifellos nahm das Briefaufkommen in den folgenden Monaten noch zu. Jedenfalls notierte der Historiker Marino Sanuto in seinem Tagebuch, dass in seiner Heimatstadt Venedig zwischen Februar und Juli beinahe 200 Dokumente eingetroffen waren, die mit der Wahl zu tun hatten – im Durchschnitt mehr als eines pro Tag! Und auch die Briefe aus Spanien, merkte er an, »handeln von nichts anderem als dem Reich«.63

Nach seiner Wahl musste Karl dann einsehen, dass »die großen und beständigen Aufgaben, die vor uns stehen und noch zunehmen, während wir uns bemühen, die Angelegenheiten unserer Königreiche, Herrschaftsgebiete und Untertanen zu ordnen und zu führen« – dass diese besagten Aufgaben es letztlich erfordern würden, grundlegende administrative Veränderungen vorzunehmen. Weil »wir nun für eine ganze Weile nicht imstande sein werden, in die Niederlande zurückzukehren, um unsere dortigen Geschäfte persönlich zu führen … mit eigenem Wissen, Willen, eigener Autorität und Macht«, erweiterte Karl insbesondere die Kompetenzen Margaretes. Als »Regentin und Statthalterin« war sie ausgestattet mit der Vollmacht, alles zu tun, »was wir selbst auch tun oder zu tun veranlassen, solange wir uns in Spanien aufhalten«, von einigen kleineren Einschränkungen abgesehen. Dazu gab Karl »unser Wort als König, dass wir billigen und für ewig wahren wollen, was unsere edle Tante getan haben wird«. Das sollte das Grundmuster für die Delegierung von Befugnissen in Karls Reich werden.64

Sechs Tage nachdem die Nachricht von Karls Wahlerfolg in Barcelona eingetroffen war, legte Gattinara ihm den Entwurf für eine umfassende Reform der Zentralregierung vor. Der Kanzler erinnerte seinen Herrn zunächst eindringlich daran, Gott Dank zu sagen und seine Mutter, den Papst und seinen Beichtvater zu ehren (und zwar in genau dieser Reihenfolge), sodann befasste er sich mit dem exilierten Infanten Ferdinand: »Ihr müsst jegliche Rechte auf Nachfolge, Erbteilung oder Apanage anerkennen, die ihm zustehen«, führte Gattinara aus. Außerdem solle Karl »ihn auf alle Eure Reisen mitnehmen und ihn unterweisen und an großen Vorhaben beteiligen«, denn dann »werdet Ihr Euch bei wichtigen Unternehmungen fester auf ihn verlassen können als auf irgendwen sonst«. Überhaupt werde Karl, warnte der Kanzler, »mit so vielen und so verschiedenen Königreichen und Provinzen – und nun auch noch mit dem Reich – womöglich schneller einen Mangel an geeigneten Männern leiden als an Geld«. Denn schließlich werde »angesichts der Zahl von wichtigen Angelegenheiten, mit denen Ihr Euch werdet auseinandersetzen müssen – im Reich angefangen, aber auch in Euren Königreichen und Herrschaften in Spanien, Österreich, Flandern und Burgund –, es Euch schlichtweg nicht möglich sein, alle nötigen Schreiben selbst zu unterzeichnen«. Deshalb solle Karl einen kleinen »Reiserat« einrichten, der ihn stets und überallhin begleiten und ihn in allen Angelegenheiten beraten sollte, die das gesamte Reich betrafen, während Routineaufgaben an die bestehenden lokalen Institutionen der einzelnen Herrschaftsgebiete delegiert werden sollten. Entscheidend war es, so Gattinara, »dringliche Angelegenheiten« von solchen zu unterscheiden, die »mit Muße erwogen und entschieden werden« konnten – keine ganz leichte Aufgabe, sondern vielmehr ein ständiges Dilemma, mit dem sich Karl und seine Nachfolger immer wieder konfrontiert sahen. Gattinara brachte zu seiner Bewältigung eine Fülle praktischer Ratschläge vor (beispielsweise diesen: »Um Eure Geschäfte zu beschleunigen und damit nicht jene warten müssen, die dringend eine Entscheidung benötigen, sollte Euer Majestät sich gleich morgens beim Aufstehen und Ankleiden drei oder vier anstehende Fragen vortragen lassen; auf diese Weise werden die Angelegenheiten sich nicht mehr auftürmen, wie sie es jetzt tun«).65

Solche Maßnahmen waren jedoch zum Scheitern verurteilt, da, wie Karl Brandi bemerkt hat, »die dynastische Vereinigung völlig verschiedener Staaten und Völker zu kaum lösbaren Schwierigkeiten führen« musste.66 Beinahe unmittelbar wurden diese Schwierigkeiten dann auch in elementaren Verwaltungsfehlern und -versäumnissen manifest. Beispielsweise unterzeichnete Karl kurz nach dem Tod Maximilians eine Anweisung an seine Gesandten, die eben um die kurfürstlichen Wahlstimmen warben. In dem Dokument fehlte jedoch ein Name, der des Herrn von Zevenbergen. Der vergessene Gesandte war zutiefst gekränkt und frustriert, denn schließlich fehlte ihm nun die Handlungsvollmacht. Margarete bemühte sich, ihn zu trösten, indem sie versicherte, dass »dies keinesfalls auf das Missfallen des Königs zurückgeht, sondern vielmehr auf den Fehler, die Ignoranz und Dummheit des Sekretärs, der die Papiere aufgesetzt hat«.67 Dennoch kostete es Karl mehrere Wochen, den Fehler zu beheben. Zevenbergen hatte bereits seinen Unmut über die Trägheit »jener Leute in Spanien« zum Ausdruck gebracht, die mit der Umsetzung von Karls politischen Entscheidungen befasst waren, und hatte behauptet, dass »der König, wenn ihm die Angelegenheiten des Reiches wirklich am Herzen lägen, eine größere Sorgfalt an den Tag legen würde«. Ein anderer erfahrener Ratgeber Margaretes, Jean Marnix, beschwerte sich, er finde »die Briefe Seiner Majestät recht seltsam und schlecht durchdacht«. Heinrich von Nassau wurde sogar noch unverblümter. Als er im März 1519 den Befehl erhielt, in Deutschland Truppen auszuheben, die jedoch nur einen Monat lang Dienst tun sollten, teilte er Margarete mit, dies sei ein sinnloses Unterfangen, da die Wahl ja erst im Juni stattfinden werde. Vielmehr sei er »der Ansicht, dass ihre Verträge für drei Monate ausgestellt werden sollten« – und teilte der Statthalterin kühl mit, dass er die Umsetzung in diesem Sinne bereits in die Wege geleitet habe. Vielleicht weil er eine kritische Antwort erwartete, fügte Heinrich noch hinzu: »Madame, Ihr werdet die nötigen Anweisungen so erteilen, wie Ihr es für richtig haltet; ich an des Königs Stelle jedoch« – eine wenig subtile Erinnerung daran, dass Karl ihn »mon Henry« nannte – »würde mich mit solchen Dingen nicht zu eingehend beschäftigen. Das Einzige, was Seine Majestät verärgern könnte, sind Nachlässigkeit und Täuschung.«68 Ein erfolgreicher Wahlausgang, hieß das wohl, werde am Ende alle Abweichungen von den königlichen Befehlen entschuldigen.

Heinrich hatte recht. Karl war letztlich erfolgreich darin, im Reich Truppen aufzustellen, was Franz nicht gelang, und über das habsburgische Kreditnetz flossen regelmäßige Geldzahlungen an die Kurfürsten, die aus Frankreich ausblieben. So bewahrheitete sich schlussendlich die unterwürfige Prophezeiung, die Erasmus von Rotterdam im Jahr 1516 gewagt hatte:

»Ihr, edler Prinz Karl, könnt Euch glücklicher schätzen als Alexander [der Große] und werdet, wie wir hoffen, ihn auch an Weisheit übertreffen. Er nämlich hatte ein riesiges Reich an sich gebracht, jedoch nicht ohne Blutvergießen, noch sollte dies Reich überdauern. Euch aber wurde ein prachtvolles Reich schon von Geburt zuteil, und Ihr seid bestimmt, ein noch größeres zu erben, sodass Ihr – anders als [Alexander], der große Mühen auf seine Eroberungen verwenden musste – vielleicht Euch bemühen müsst, die freiwillige Weitergabe mancher Gebiete anzustreben, statt noch weitere hinzuzugewinnen. Dem Himmel schuldet Ihr es, dass Euer Reich Euch ganz ohne Blutvergießen zugefallen ist und niemand dafür leiden musste; Eure Weisheit muss nun Sorge dafür tragen, dass Ihr es ohne Blutvergießen auch erhaltet und in Frieden bewahrt.«69

In der Tat hatte Karl sich im »Spiel der Throne« als der große Gewinner erwiesen: König von Kastilien, Aragón, Neapel und Sizilien war er geworden, jetzt auch noch römisch-deutscher König – und all das »ganz ohne Blutvergießen«. Ende Juli 1519 gingen die Glückwünsche Franz’ I. bei ihm ein, und die beiden Monarchen erneuerten ihr Gelübde, auch künftig den Frieden zu halten. Damit konnte der venezianische Botschafter Francesco Corner festhalten, »dass alle Fürsten der Christenheit dem König nun ihre Glückwünsche haben zukommen lassen, entweder direkt oder über ihre Botschafter«.70

Was sollte als Nächstes kommen? Sobald in Barcelona Gewissheit über den Wahlausgang bestand, begriff Corner, was Karl nun brauchen würde: eine Flotte, die groß genug war, damit er samt Gefolge aus Spanien aufbrechen konnte. Obwohl »er sämtliche Einkünfte und die von den kastilischen Cortes bewilligten Steuern verpfändet« und auch »die von diesem Königreich [Aragón] gewährten Subsidien ausgegeben« hatte, waren allerdings »die Angehörigen seines Hofstaats seit nun sechs Monaten nicht mehr bezahlt worden«. Um seinen neuen Thron besteigen zu können, brauchte Karl mehr Geld, und er brauchte es dringend. Mit einer gewissen Vorahnung fragte sich Corner, wie, wo und wann Karl dieses Geld auftreiben sollte, ohne dabei (wie sein englischer Botschafterkollege John Stile es drei Jahre zuvor formuliert hatte) in »zahlreiche Unannehmlichkeiten und Probleme« zu geraten.71

Der Kaiser

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