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013 DER AUFSTIEG WIENS
IM HOCHMITTELALTER
ОглавлениеWien, die neue Residenz der Babenberger. Zunächst lagen Schottenkloster und Stephanskirche noch außerhalb der Stadtmauern.
Das Tempo, in dem sich Wien zu einer der führenden Städte des Heiligen Römischen Reichs entwickelte, war beeindruckend. Im frühen 12. Jahrhundert hatte es noch nicht einmal die gesamte Fläche des antiken Vindobona bedeckt und im Jahr 1207 nannte man es schon in einem Atemzug mit dem glanzvollen Köln!
Der Anfang dieses rasanten Aufstiegs erfolgte unter Heinrich II. Jasomirgott, als er 1155 seine Residenz von Klosterneuburg nach Wien verlegte. Am Hof, wie der Platz heute noch heißt, wurde der neue Regierungssitz angelegt, mit all seinen Verwaltungsgebäuden, Wirtschaftshöfen und Stallungen. Diese Babenbergerpfalz wurde zum Zentrum glanzvollen höfischen Treibens, umso mehr, da sie bald nicht mehr nur Sitz einer markgräflichen, sondern herzoglichen Familie war (s. Kap. 011).
Wollte man im Mittelalter die Bedeutung eines Ortes betonen, so war die Gründung von Klöstern unumgänglich. Als bayrischer Herzog hatte Heinrich in Regensburg die dort ansässigen Benediktinermönche kennengelernt, die ursprünglich aus Irland stammten oder (wie es auf Latein hieß) aus »Scotia maior«. Diese »Schotten« holte er nach Wien und stiftete ihnen ganz in der Nähe seiner neuen Residenz ein Kloster. Während der ersten Zeit seines Bestehens lag es noch außerhalb der engen Stadtmauern, die damals den alten Grenzen des römischen Militärlagers folgten. Auch auf der anderen Seite Wiens, ebenfalls noch nicht ins Stadtgebiet miteinbezogen, war im Jahr 1147 eine Kirche geweiht worden, ein bescheidener romanischer Bau, weit davon entfernt, dereinst eine prachtvolle Kathedrale zu sein: St. Stephan. Ihr angeschlossen war Wiens älteste Schule, und bald ging auch der Sitz der Wiener Pfarre von der Peterskirche auf St. Stephan über – der Beginn des späteren Aufstiegs.
Das Reitersiegel Herzog Leopolds VI. »des Glorreichen«
Die rasche Entwicklung Wiens schritt auch unter Heinrichs Nachkommen voran. Sein Sohn Leopold V. sorgte gar für einen wahren Geldsegen, der der Stadt zugutekam. Er hatte sich nämlich während des Dritten Kreuzzugs mit dem englischen König Richard Löwenherz überworfen. Dieser war überhaupt recht talentiert darin, sich mächtige Feinde zu machen, denn auch Leopolds Lehnsherr, Kaiser Heinrich VI., lag mit ihm in Streit. Als Richard 1192 auf seiner Heimreise aus dem Heiligen Land versuchte, sich inkognito durch Österreich zu schlagen, wurde er erkannt und auf Leopolds Befehl hin festgenommen. Man lieferte ihn an den Kaiser aus, der ihn erst nach Zahlung eines immensen Lösegelds freiließ. Die Summe von 100 000 Mark (über 20 Tonnen Silber) teilten sich Kaiser Heinrich und Herzog Leopold.
Die babenbergische Münzstätte wurde daraufhin von Krems nach Wien verlegt, und der aus dem Lösegeld geschlagene »Wiener Pfennig« entwickelte sich rasch zur österreichischen Leitwährung.
Im frühen 13. Jahrhundert setzte sich unter Leopold VI., »dem Glorreichen«, die Erfolgsgeschichte fort. Eine neue Stadtmauer umschloss bald jenes Areal, das wir heute als ersten Bezirk kennen, neue Klöster wurden gegründet (wie jene der Minoriten und Dominikaner), und im Jahr 1221 erhielt Wien ein umfassendes Stadtrecht. Mit diesem verbunden war das »Stapelrecht«, wonach durchreisende Händler verpflichtet wurden, ihre Waren zuerst zwei Monate lang in Wien anzubieten. Ansässige Kaufleute erhielten so ein Zwischenhandelsmonopol, was ihnen hohe Gewinne und dem Landesherrn dementsprechend hohe Steuereinnahmen bescherte. Die Babenberger konnten mit ihrer Residenzstadt durchaus zufrieden sein.