Читать книгу Die tote Zeugin - Georg Kustermann - Страница 15

Irgendwo, zwei Jahre früher

Оглавление

Gähnende schwarze Leere, nichts als schwarze Leere. Steffi lag wieder in ihrem Verlies und es gab nichts als dieses ewige Schwarz. Schwärze außen, nichts zu sehen, Schwärze innen, keine klaren Gedanken. Nur wie ein stetiges Mantra der eine Satz:

N-i-c-h-t S-c-h-r-e-i-e-n!

Nur ein gepresstes Stöhnen hatte sich ihren Lippen entrungen, als er die Nadel unter ihren Fingernagel geschlagen hatte. Doch als er weitergemacht hatte, und als irgendwann ihr haltloser Schrei von den nackten Betonwänden widergehallt war, hatte sie zum ersten Mal den Befehl gehört, der sie in den nächsten Tagen noch an den Rand des Wahnsinns treiben sollte.

„Schrei mir hier nicht die Ohren voll, Puppe, hörst du. Ich mag keine plärrenden Weiber! Egal was ich auch mit dir machen werde, du wirst hier nicht rumschreien, kapiert! Wenn du schreist, werde ich dir bei lebendigem Leib die Zunge herausschneiden! Und das ist wirklich hässlich!“

Sie hatte es nicht fassen können, aber ein Blick in seine Augen hatte gereicht, um zu wissen, dass es keine leere Drohung war. Sie war einem völlig Wahnsinnigen wehrlos ausgeliefert. Und das war es, was ihr die größte Angst einjagte. Seine eiskalte Ruhe. Er war kein rasender Irrer, er hatte einen Plan. Er wusste genau, was er tat. Und er wusste vor allem, wie man Schmerzen zufügte.

Und jetzt, da sie in der der allumfassenden Dunkelheit im Nirgendwo lag und wartete, wusste sie genau, dass die Schmerzen noch nicht vorüber waren. Sie wusste, dass er wiederkommen würde und dass er …

„War gut, Puppe“, hatte er gesagt, nachdem er seine Hose wieder angezogen hatte.

„Geht aber morgen noch besser! Du wirst sehen, morgen bettelst du darum, dass ich es dir besorge!“

Oh mein Gott! Nicht morgen noch einmal! Nicht noch einmal …!

Und eine alles verzehrende Angst schickte sich an, sie von innen her auszuhöhlen. Sie fraß sich in ihre Eingeweide, ihre Brust hinauf mitten in ihr hämmerndes Herz hinein. Sie wurde zum ständigen Begleiter in der endlosen Dunkelheit.

Rasende Gedanken ohne Ende, sich drehend im Kreis. Wieder und immer wieder, ohne Ausweg. Sie wusste jetzt, was sie morgen erwarten würde, aber sie wusste noch nicht, wie sie es noch einmal ertragen sollte. Und in diesem Augenblick begann sie das einzige zu tun, was sie tun konnte. Stephanie Seiler trennte sich von ihrem Körper! Sie begann den Teil von sich selbst, den sie bewahren wollte, tief in ihrem Innersten einzumauern.

Die tote Zeugin

Подняться наверх