Читать книгу Die tote Zeugin - Georg Kustermann - Страница 5

Prolog

Оглавление

Es war dieses völlige Fehlen von Mitleid, das ihr Angst einjagte und sie an allem zweifeln ließ, was ihr jemals wichtig gewesen war.

Diese Abwesenheit jeglicher Menschlichkeit, mit der die Frau mit der Waffe in der Hand mitten in das fast schwarze, ausdruckslose Auge des gefesselten Mannes zielte.

Ein Auge, das sie schon damals an ein wildes Tier erinnert hatte, das keinerlei Gefühl preisgab und das nicht die geringste Spur von Angst zeigte.

Sie war einmal eine Frau gewesen, die gelebt und geliebt, gelitten und gelacht hatte.

Nichts davon war jetzt noch übrig, als sie durchlud, und das metallische Geräusch ein nachhallendes Echo im formlosen Raum ihres blanken Hasses hinterließ, während sie über das Korn der Waffe das schwarze Auge wie die Mitte einer Zielscheibe anvisierte.

Sie wollte Angst in diesem Auge sehen. Angst und Schmerz!

Aber in dem Auge, diesem eiskalten Auge, war keinerlei Regung erkennbar. Genauso wenig wie in dem Körper, der die Waffe hielt. Ihrem eigenen Körper.

Das einzige, das sie spürte, war die gleichgültige Erkenntnis, dass da nichts mehr war.

Kein Mitleid, keine Trauer, kein Leben.

Nur die Angst, die sie in dieses Auge verbannt sehen wollte, damit ihr eigenes Herz wieder frei sein konnte.

Und dieser Hass.

Doch schlimmer als der Hass in diesem Traum und die sich verdichtende Ahnung tief in ihrem Innersten, dass sie selbst bald nur noch Hass sein würde, war der Albtraum, in welchem sie gefesselt vor ihm lag.

Da drückte sie ab …


"Mein Hass hat mir selbst immer mehr geschadet, als demjenigen, den ich hasste"

Max Frisch

Die tote Zeugin

Подняться наверх