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Kapitel 3: Die globale Finanzkrise: Größenwahn und Kater im Winter 2008/2009
ОглавлениеDie Märkte des frühen 21. Jahrhunderts waren durch Globalisierungseffekte massiv gewachsen. Um den Nachschub im teuersten Marktsegment zu organisieren, verließ sich die Industrie zunehmend auf Mindestpreisgarantien zur Absicherung in der Auktionsarena. Als die Finanzkrise einschlug, waren Millionenverluste vorprogrammiert. Im Rückblick kann wohl die »Phoenix aus der Asche«-Auktion des Yves Saint Laurent Nachlasses in Paris im Februar 2009 als Rettung des Marktsystems angesehen werden.
Spätestens seit der Jahrtausendwende standen auch die Sekundärmärkte im Zeichen der jungen Kunst. Schon in den vorhergehenden Dekaden war Sammeln zum Gesellschaftsspiel geworden; sich in seiner Privatsphäre mit Kunst zu umgeben, gehörte zum Lebensstil der Eliten. Gleichzeitig wurde der Avantgarde-Charakter zeitgenössischer Kunst in den Vordergrund gestellt, indem Kunst metaphysisch und philosophisch stärker aufgeladen wurde. Um avantgardistisch zu sein, musste sie stärker als jemals zuvor gewohnte Geschmacksvorstellungen und etablierte Sehgewohnheiten in Frage stellen. Dadurch fand auch im Status von Kunstbesitz eine Veränderung statt: Kaufte man früher Kunst, um Reichtum zu signalisieren, dann durfte diese nicht zu neu sein, um die Tradition des Wohlstands anzudeuten. Nun wurde Kunst nicht nur aufgrund ihres Preises zum Statussymbol, sondern weil sie den Rückschluss zuließ, der Eigentümer verfüge über Bildung und Interesse, sich mit den Werken auseinanderzusetzen. Kunstbesitz zeigte finanzielle und intellektuele Fähigkeiten der Sammler; gleichzeitig musste der bürgerliche Erfolgskünstler nun plötzlich ein Branding entwickeln und pflegen.67