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3.2 Die globale Finanzkrise
ОглавлениеAdam McKays Film The Big Short von 2015 zeigte einem breiteren Publikum, wie lockere Kreditvergabe ab 2008 eine globale Finanzkrise ausgelöst hatte. Diese Krise hatte endogene Ursachen, denn in der vorhergehenden Finanzblase hatten sich Gewinnerwartungen von den Realitäten gelöst. Vor allem in den USA war der Finanz- eine Immobilienkrise vorangegangen, befördert durch die Vergabe von Hauskrediten an einkommensschwache Interessenten. Dies schuf eine Kettenreaktion, denn die Finanzkrise übertrug sich zurück auf die Realwirtschaft, weil die Kreditvergabe vorübergehend zum Stillstand kam.82
Gerade Finanzinstitute gerieten in Schwierigkeiten, denn ein großer Teil ihrer Kreditgeschäfte war nicht oder nur unzureichend besichert. Im Laufe der Krise wurden zahllose Sicherheitsübereignungen zudem wertlos; Signalwirkung hatte die Pleite der US-amerikanischen Bank Lehman Brothers am 15. September 2008.
Die Staatsregierungen hatten seit Frühjahr 2008 erste Schritte eingeleitet, um die Finanzindustrie zu retten und den Dominoeffekt auf andere Wirtschaftsbereiche zu reduzieren. Die Zentralbanken der G4-Staaten USA, Japan, Großbritannien und der Staaten der Europäischen Union dehnten ihre Haushalte um rund 7% aus, um umfangreiche staatliche Hilfszahlungen zu ermöglichen.83
Zwischen September und Dezember 2008 war der DOW Jones Average um über ein Drittel gefallen. Dies markiert das Quartal, in dem die Finanzkrise endgültig die Kunstmärkte erreichte. Die Verunsicherung der Kundschaft hatte einerseits die Auktionsunternehmen in die Vergaben zahlreicherer und immer höherer Garantien verlockt, um den Nachschub zu sichern. Gleichzeitig waren die Nachfrager ob ihrer eigenen finanziellen Situation verunsichert und agierten entsprechend vorsichtig auf den Kunstmärkten. Als Resultat war die Zahl der auf Auktionen angebotenen Kunstwerke bereits in der Herbstsaison 2008 gegenüber dem Vorjahr um 43% gefallen, der Tiefpunkt war mit einem Rückgang von 59% gegenüber dem Vorjahresmonat im Juli 2009 erreicht. Dramatischer noch waren die Rückgänge von Objekten auf den Auktionen, die teilweise nur knapp die Hälfte ihre (ohnehin schon stark gefilterten) Angebots absetzen konnten. Erwartungsgemäß traf die Krise die Marktspitze am stärksten; die Zahl der auktionierten Objekte mit einer Schätzung über 10 Millionen Dollar fiel zwischen 2008 und 2009 um rund 75%, im Wertbereich von einer Millionen Dollar und 10 Millionen Dollar immerhin noch um rund 60%.84
Für die an Garantieversprechen gebundenen Auktionsunternehmen bedeutete dies Millionenverluste. Schon unmittelbar vor dem Markteinbruch 1990 hatte Christopher Burge, damals Präsident von Christie’s in New York, gewarnt: »If a guarantee goes wrong in a down market, it could destroy the business.« Für garantierte Werke, die in den Auktionen im November 2008 nicht verkauft werden konnten, mussten Christie’s und Sotheby’s im November 2008 insgesamt 63 Millionen Dollar für Garantiezahlungen aufwenden.85
Auf dem Höhepunkt der Krise im Winter 2008/2009 wurde der Preisverfall zeitgenössischer Werke auf 50% geschätzt. Im Mai 2009 wiesen die New Yorker Zeitgenossen-Auktionen lediglich Umsätze von weniger als einem Viertel der Vorjahreswerte auf. In der Krise wurde klar unterschieden zwischen Werken höchster Qualität, die sich zwar nur zu reduzierten Preisen, aber immerhin überhaupt noch verkaufen lassen konnten, und die weniger interessanten Werke, für die es vorübergehend gar keinen Markt mehr gab. Erstere wurden von den öffentlichen Plattformen wie Auktionen oder Messeteilnehmern handverlesen, um nicht den Eindruck der Marktsackgasse zu erwecken oder zu bestätigen.86
Im zweiten Halbjahr 2009 zeigte eine ArtTactic-Umfrage unter professionellen Kunstmarktteilnehmern, wie sehr die Zuversicht in die Märkte durch die Finanz- und Kunstmarktkrise gelitten hatte – nur noch 11% sahen die Märkte in den kommenden sechs Monaten stabil oder steigend.87