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3.1 Manifeste und latentelatent MehrsprachigkeitMehrsprachigkeit in den analysierten Texten 3.1.1 Briefe eines baltischenBaltikumBaltisch Idealisten von Georg Julius von Schultz-Bertram Schultz-Bertram, Georg Julius von

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In den Briefen von Georg Julius von Schultz-BertramSchultz-Bertram, Georg Julius von (al Dr. Bertram) gibt es zahlreiche Beispiele der manifesten MehrsprachigkeitMehrsprachigkeit. Die anderssprachigenanderssprachig Textteile markieren häufig kulturelle Kontakte zu anderen ethnischenEthnieethnisch Gruppen, sowie deren Akzent. Dies geschieht sowohl durch die SprachmischungSprachmischung wie auch durch den SprachwechselSprachwechsel. Ein schwedischesSchwedenschwedisch Beispiel des SprachwechselsSprachwechsel – „eine dienstfertige, sehr hübsche Flikka [SchwedischSchwedenSchwedisch: Mädchen]1 fragte vergnügt: ‚Ja sso! verstoh!‘“ (Schultz-Bertram 1934: 22).2 Das sprachliche Missverständnis, aufgrund dessen der Kunde statt Suppe Branntwein bekommen hat, wird folgend kommentiert: „Die Flikka hatte SchwedischSchwedenSchwedisch gesprochen und ich ihr auf DeutschDeutschlandDeutsch geantwortet.“ (ebd.) Ein Beispiel aus der Beschreibung einer Begegnung in Schottland – „Die Alte stampfte mit dem Stock heftig auf das Steinpflaster und sagte deutlich: ‚Archeanochranchran dhu Carhouzielostantegle!‘“ (162). Der Leser wird nicht aufgeklärt, wie man den Satz deuten sollte, wohl weil weder der Autor der Briefe noch der Herausgeber es verstehen konnten. Einfacher hingegen sind natürlich die Gespräche auf RussischRusslandRussisch/Russian, das zu den ,Ortssprachen‘ gehörte. Ein Gespräch mit einem russischenRusslandrussisch Bauern: „Prosto prelostj! i karol prußki ss tschornem kolpakom!“ (255).3 Oder eine Konversation mit einer französischen Dame, wo das gesamte Gespräch auf FranzösischFrankreichFranzösisch wiedergegeben wurde: „Monseigneur, Vous donnez des fêtes comme Néron!“ – „Pourquoi?“ – „Parceque [sic] Néron étouffait ses invités sous des amas de fleurs!“ (204).4

Des Weiteren sind anderssprachigeanderssprachig Textteile in den Erzählertext eingebaut und gewähren einen Einblick in die damalige Lebensart der gesellschaftlichen Schicht, der der Autor angehörte. Da es sich um Briefe handelt, kann man vermuten, dass die Elemente der Fingiertheit geringer sind als bei rein fiktionalenFiktionalitätfiktional Texten. Dennoch muss man vorsichtig sein, die abgebildete Sprechweise als historischehistorisch Wirklichkeit zu interpretieren, da die Einbeziehung der Elemente der MehrsprachigkeitMehrsprachigkeit bei den autobiographischenBiographiebiographisch Texten auch zur Selbststilisierung vorgenommen worden sein kann. Zur Unterstreichung des lokalen Kolorits dienen viele russischeRusslandrussisch Wörter, die transliteriert und meistens mit einer ÜbersetzungÜbersetzung/translation versehen sind, z.B. „‚Kritschjom‘5, sagte er lustig.“ (45), „der alt Müller gehe oft nachts als Domowoi“ (47),6 „Am Dienstag landeten wir ‚sa graniza‘“ (138).7 FranzösischFrankreichFranzösisch verweist auf gute Manieren, Geselligkeitsformen oder Freizeitvergnügen: „Ella spielt jetzt à quatre mains mit Liszt“ (153). Oder „Man nennt das un bain des princes.“ (209), worauf die Bemerkung auf LateinLatein folgt: „Probatum est!“ (ebd.). Bei den französischen Textteilen wird unterschieden zwischen längeren Ausdrücken oder Sätzen, die in lateinischerLateinLateinisch SchriftSchrift gedruckt sind und den offenbar als Bildungsdeutsch empfundenen französischen Ausdrücken wie „magnifique“ (56) oder „affreuse“ (19), die wie der übrige Text in gotischer Schrift abgedruckt sind. Im ähnlichen Kontext kommen auch ItalienischItalienItalienisch „Felicissima notte!“ (289) und EnglischEnglisch/English „dem unvermeidlichen Keepsake-Gesicht“ (170) vor, jedoch sehr viel weniger als FranzösischFrankreichFranzösisch. Die besondere Stellung des FranzösischenFrankreichFranzösisch als ,BildungsspracheBildungssprache‘ wird dadurch unterstrichen, dass das FranzösischFrankreichFranzösisch der einfachen Leute in Paris karikiert wird: „Voyez la grosse bête cré coquine! V’là une belle honte! – honte!“ (83). Latein wird zur Unterstreichung des Bildungsstandes herangezogen, teils beiläufig „Er lachte: ‚Also ein mixtum compositum!‘“ (283),8 in vielen Fällen aber auch spaßhaft: „Nikolaus aber betrachtete die dicke Stange und sagte: ‚Viribus unitis!‘“ (239).9 GriechischGriechisch ist selten, wenn überhaupt, wird es ebenfalls im ,bildungssprachlichen‘ Kontext verwendet: „die ich ‚Andrein‘ (vom griechischenGriechischgriechisch „andres“ = Männer) benannt habe. Ebenso giebt es einen weiblichen Magnetismus, den ich ‚Gynäin‘ (vom griechischenGriechischgriechisch ‚gyne‘ = Weib) nenne“ (188). Zahlenmäßig prävalieren klar RussischRusslandRussisch/Russian, FranzösischFrankreichFranzösisch und LateinLatein, wie bereits erwähnt, kann man bei manchen Ausdrücken vermuten, dass es sich eher um Fälle unbewussten Translanguaging als bewusster Verwendung anderssprachigeranderssprachig Elemente handelt.

Schultz-BertramSchultz-Bertram, Georg Julius von hatte starke linguistische und literaturtheoretische Interessen. Seine aufmerksame Betrachtung der grammatischenGrammatikgrammatisch, phonetischen und rhythmischen Eigenarten widerspiegelt sich auch in den Briefen. Er kommentiert den Akzent der Wiener bei der Aussprache der Diphthonge: „Soldaten sprechen DeutschDeutschlandDeutsch, aber sie sagen: ‚Taitsch‘; gegen Abend laufen viele Jungen durch die Straßen und schreien: ‚Taitsche Zai-tung! Taitsche Zai-tung!‘ – das ist sehr komisch.“ (280) und bringt Beispiele von Missverständnissen, die auf falscher Aussprache beruhen, wie aus einem Gespräch mit einer harthörigen Dame: „Sie verstand statt Großvater ‚Curator‘“ (145). Es gibt Beispiele zur fehlerhaften Wortfolge: „‚Ich nicht kann geben die Uhr‘, sagte er ruhig in gebrochenem RussischRusslandRussisch/Russian“ (39). Oder beides – Aussprache und Wortfolge: „Es ist hier das Finnländische Kadettencorps mit 90 Eleven, teils Adelmannssohn, teils Bürgermannssohn – Bauersmannssohn nicht; nur wer weißt Geometrie, Franzch, Deitsch, bleibt genommen“, wie mir Herr Koriander sagte.“ (20)

Zusätzlich zu den Elementen der SprachmischungSprachmischung und des SprachwechselsSprachwechsel und den kommentierten oder unkommentierten Beispielen der SprachkontakteSprachkontakt, Interferenzfehler etc., kommt die MehrsprachigkeitMehrsprachigkeit bei Schultz-BertramSchultz-Bertram, Georg Julius von auch durch die latentelatent Einbeziehung der Sprachen bzw. SprachkontakteSprachkontakt vor: „wie Pirogoff in seinem schauderhaften DeutschDeutschlandDeutsch sagte“ (102) oder „Nun klingen die Wörter im RussischenRusslandRussisch/Russian noch viel kräftiger und urwüchsiger und der Lakonismus gibt ihnen eine gewisse Größe […]“ (136).

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