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2 Sprach(en)politik und literarische MehrsprachigkeitMehrsprachigkeitliterarische Mehrsprachigkeit in LitauenLitauen

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Kennt man die Geschichte LitauensLitauen, so erschließt sich von selbst, dass in diesem von Nachbarländern geteilten und beherrschten Land mehrere EthnienEthnie und Sprachen zu Hause waren. Mit der Dritten PolnischenPolenPolnisch/Polish Teilung 1795 bildeten der Südosten LitauensLitauen und das nordwestliche Grenzgebiet WeißrusslandsWeißrussland das Gouvernement Wilna, in dem RussischRusslandRussisch/Russian, LitauischLitauenLitauisch, PolnischPolenPolnisch/Polish, WeißrussischWeißrusslandweißrussisch sowie HebräischHebräisch und JiddischJiddisch gesprochen wurden. Außerdem gab es ethnische MinderheitenMinderheit wie DeutscheDeutschlandDeutsche und Tataren, die im Alltag ihre MuttersprachenMuttersprache/mother tongue verwendeten. Wie in den meisten multiethnischen und vielsprachigen Gebieten zu beobachten ist, gab es auch in LitauenLitauen eine Hierarchie der Sprachen (vgl. Kostiucenko 2016), die auf die Literatur des Landes abfärbte. Die Sprache der literarischen Texte wurde nicht zuletzt durch die Sprache des Schulunterrichts vorgegeben. Denn die Prägung durch literarische Texte im Schulunterricht und die literarische Vorbildung sind meistens bestimmend für die ersten literarischen Versuche junger Autorinnen und Autoren. Erst im Verlauf ihrer literarischen Tätigkeit stellt sich die Frage nach der Wahl bzw. nach der Entscheidung für die eine oder andere Sprache für ihre kreative Tätigkeit. Die litauischeLitauenlitauisch Literatur des 19. Jahrhunderts liefert hierzu zahlreiche Beispiele.

Ende des 19. Jahrhunderts galt LitauischLitauenLitauisch als „Bauernsprache“, so dass Kleinadel und gebildete Schichten PolnischPolenPolnisch/Polish verwendeten. Auch in der Literatur dominierte PolnischPolenPolnisch/Polish. Der Dichter Antanas BaranauskasBaranauskas, Antanas (1835–1902) wechselte beispielsweise vom PolnischenPolenPolnisch/Polish zum LitauischenLitauenLitauisch unter dem Einfluss von Karolina Praniauskaitė Praniauskaitė, Karolina (1828–1859), die selbst ihre – heute größtenteils vergessenen – Gedichte fast ausschließlich auf PolnischPolenPolnisch/Polish schrieb (Stoberski 1974: 55f.). Wäre nicht der frühe Tod der Dichterin gewesen, hätte sie vermutlich auch zum LitauischenLitauenLitauisch gewechselt, denn ihre ÜbersetzungenÜbersetzung/translation der litauischenLitauenlitauisch Volksdichtung ins PolnischePolenPolnisch/Polish offenbaren nicht nur ihr Interesse an der litauischenLitauenlitauisch Literatur, sondern auch ihre Kenntnis der litauischenLitauenlitauisch Sprache. Neben Karolina Praniauskaitė beeinflusste auch Juliusz SłowackiSłowacki, Juliusz, einer der Nationaldichter PolensPolen, das Interesse Antanas Baranauskas für die Folklore LitauensLitauen.1 Es war die Epoche der Romantik, die sich Märchen, Balladen, VolksliedernVolkVolkslied und der VolksspracheVolkVolkssprache zuwandte. Baranauskas beschäftigte sich linguistisch mit litauischenLitauenlitauisch DialektenDialekt/Mundart, übersetzte die Bibel ins LitauischeLitauenLitauisch und schrieb eigene Gedichte in litauischerLitauenlitauisch Sprache. Als Meilenstein in der litauischenLitauenlitauisch Literatur wird sein Gedicht „Anykščių šilelis“ bezeichnet. Es wurde 1861, knapp zwei Jahre nach seiner Entstehung, erstveröffentlicht und besingt die Schönheit der litauischenLitauenlitauisch Wälder und die Verbundenheit der Menschen mit der Natur.

1896, sechs Jahre vor dem Tod Antanas BaranauskasBaranauskas, Antanas, wurde bei Wilna, das heutige Vilnius, der weißrussischWeißrusslandweißrussisch-litauischeLitauenlitauisch Dichter Moische KulbakKulbak, Moische, geboren, der spätestens 2017, als LitauenLitauen das Gastland der Leipziger Buchmesse war, wiederentdeckt wurde (vgl. Kulbak 2017). Kulbak zählt zu den größten Dichtern jiddischerJiddisch Sprache seiner Zeit. Anfang der 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts war Wilna ein Zentrum der jiddischenJiddisch Kultur. Dass Kulbak, der ursprünglich auf HebräischHebräisch schrieb und neben RussischRusslandRussisch/Russian, LitauischLitauenLitauisch und PolnischPolenPolnisch/Polish auch DeutschDeutschlandDeutsch sprach, sich für JiddischJiddisch als LiteraturspracheLiteratursprache entschied, hatte ideologischeIdeologieideologisch Gründe.

Das bis 1904 anhaltende Verbot der zaristischen Behörden, Bücher in litauischerLitauenlitauisch Sprache zu drucken, führte zur PopularisierungPopularisierung des LitauischenLitauenLitauisch als LiteraturspracheLiteratursprache und Entstehung der nationalenNationnational Romantik. Zu den bekanntesten Autoren litauischerLitauenlitauisch Literatur der Zwischenkriegszeit zählen Balys SruogaSruoga, Balys (1896–1947), Salomėja NėrisNėris, Salomėja (1905–1945), Bernardas BrazdžionisBrazdžionis, Bernardas (1907–2002). Wie der letztere gingen auch andere Schriftsteller – Henrikas RadauskasRadauskas, Henrikas, Jonas AistisAistis, Jonas, Alfonsas Nyka-NiliūnasNyka-Niliūnas, Alfonsas – nach der deutschenDeutschlanddeutsch und sowjetischenSowjetunionsowjetisch/Soviet Besatzung LitauensLitauen ins ExilExil. Nach kürzeren Aufenthalten in DeutschlandDeutschland, FrankreichFrankreich und der SchweizSchweiz zogen sie in die USA. Dort blieben sie der litauischenLitauenlitauisch Sprache treu. Da sie fast alle Lyrik schrieben, war der SprachwechselSprachwechsel ja sehr unwahrscheinlich. Im Exil beteiligten sie sich als Literaturkritiker und literarische Übersetzer. In der HeimatHeimat wurden sie diffamiert und tabuisiert, ihr Werk blieb bis zur Wiedererlangung der Unabhängigkeit LitauensLitauen weitgehend unbekannt.

Einer der bemerkenswertesten Autoren LitauensLitauen ist Jurgis BaltrušaitisBaltrušaitis, Jurgis (1873–1944), der ebenfalls ins ExilExil ging, nach FrankreichFrankreich, und dort vom RussischenRusslandRussisch/Russian zum LitauischenLitauenLitauisch wechselte. Baltrušaitis wurde in einem kleinen Dorf im Nordwesten LitauensLitauen, der damals zum RussischenRusslandRussisch/Russian Reich gehörte, geboren. Während seines Physik- und Mathematikstudiums an der Universität Moskau lernte er die zentralen Figuren des russischenRusslandrussisch Symbolismus kennen: Konstantin BalmontBalmont, Konstantin, Waleri BrjussowBrjussow, Waleri und Wjatcheslaw IwanowIwanow, Wjatcheslaw. Er debütierte als Lyriker 1899 und schrieb knapp 300 Gedichte in russischerRusslandrussisch Sprache. Sein erstes auf LitauischLitauenLitauisch verfasstes Gedicht erschien 1927. Sein SprachwechselSprachwechsel war weniger politischPolitik/politicspolitisch/political motiviert, er trug vielmehr einen experimentellen Charakter. Für einen Dichter ist es attraktiv und herausfordernd, einen neuen Trend oder Kunstgriff losgelöst von seinem Ursprung auszuprobieren. Der Hang des russischenRusslandrussisch Symbolismus zum Mystizismus führte zur Herausbildung von Symbolen, deren häufige Verwendung mit der Zeit zum Verlust ihres Gehalts und ihrer Wirkung führte. Anders war es in der litauischenLitauenlitauisch Sprache, die diese Kunstrichtung noch nicht kannte und unverbrauchtes SprachmaterialSprachmaterial bot, das ein Dichter frei von Vorbildern und abseits der Muster gestalten konnte. Natürlich kannte Baltrušaitis diese Vorbilder und Muster im RussischenRusslandRussisch/Russian, aber sie dienten ihm im LitauischenLitauenLitauisch als Empfehlung und nicht als Regel, die es zu befolgen galt. Dadurch entstand Freiraum zum Modifizieren, Ausprobieren, eben zum Experimentieren. Gerade dieses Moment ist ein Vehikel für den Sprachwechsel bei vielen Autoren, denn dadurch werden Kreativität und Inspiration generiert. Gleichzeitig findet Transfer von neuen literarischen Formen, Trends, Kunstrichtungen und Stilen aus einer Literatur in die andere statt. Wie fruchtbar der Sprachwechsel für Baltrušaitis war, zeigen seine drei Gedichtbände,2 die in FrankreichFrankreich, fern vom litauischenLitauenlitauisch Sprachraum, entstanden. Auch wenn sein erster Gedichtband in litauischerLitauenlitauisch Sprache erst 1942, kurz vor seinem Tod, erschien, ging Baltrušaitis nicht nur als Symbolist, sondern als Erneuerer der litauischenLitauenlitauisch Literatur in ihre Geschichte ein.

Als SprachwechslerSprachwechselSprachwechsler und zweisprachigerZweisprachigkeitzweisprachig Autor ist BaltrušaitisBaltrušaitis, Jurgis ein Paradebeispiel für textexterne MehrsprachigkeitMehrsprachigkeittextexterne Mehrsprachigkeit. Seine literarischen ÜbersetzungenÜbersetzung/translation aus zahlreichen Sprachen ins RussischeRusslandRussisch/Russian und LitauischeLitauenLitauisch offenbaren, wie breit und vielfältig das Spektrum seiner textexternen MehrsprachigkeitMehrsprachigkeittextexterne Mehrsprachigkeit ist. In seiner russischenRusslandrussisch Phase übersetzte er zahlreiche Dichter und Dramatiker ins RussischeRusslandRussisch/Russian: George Gordon ByronByron, George Gordon, Henrik IbsenIbsen, Henrik, Knut HamsunHamsun, Knut, Gerhart HauptmannHauptmann, Gerhart, Gabriele D’Annunzio, Oscar WildeWilde, Oscar, Johan August StrindbergStrindberg, Johan August, Søren KierkegaardKierkegaard, Søren sowie Rabindranath TagoreTagore, Rabindranath u.a. Baltrušaitis’ Leistung als literarischer Entdecker und Vermittler wird mit einem Preis honoriert, der seinen Namen trägt und seit 2006 verliehen wird.

Der erste Preisträger dieser Auszeichnung ist Georgi EfremowEfremow, Georgi, ein russischerRusslandrussisch Dichter, Publizist und Übersetzer. Den BaltrušaitisBaltrušaitis, Jurgis-Preis erhielt Efremow für seine ÜbersetzungenÜbersetzung/translation der litauischenLitauenlitauisch Autoren ins RussischeRusslandRussisch/Russian. Seit 1975, als seine erste ÜbersetzungÜbersetzung/translation von Eduardas MieželaitisMieželaitis, Eduardas erschien, übertrug Efremow praktisch die gesamte zeitgenössische litauischeLitauenlitauisch Lyrik ins RussischeRusslandRussisch/Russian: Algimantas BaltakisBaltakis, Algimantas, Bernardas BrazdžionisBrazdžionis, Bernardas, Albinas BernotasBernotas, Albinas, Vladas BraziūnasBraziūnas, Vladas, Sigitas Zigmas Geda, Marcelijus Teodoras MartinaitisMartinaitis, Marcelijus Teodoras, Justinas MarcinkevičiusMarcinkevičius, Justinas, Aidas MarčėnasMarčėnas, Aidas, Jonas StrielkūnasStrielkūnas, Jonas, Aivaras VeiknysVeiknys, Aivaras u.a.3 Fast jeder der genannten Lyrikerinnen und Lyriker übersetzt auch selbst Lyrik aus anderen Sprachen ins LitauischeLitauenLitauisch. Damit wird deutlich, wie verbreitet textexterne MehrsprachigkeitMehrsprachigkeittextexterne Mehrsprachigkeit gerade unter den Lyrikern ist. Es ist ein Phänomen, das über LitauenLitauen und das BaltikumBaltikum hinausgeht und als typisch für Lyriker gelten kann. Das Akustische einer anderen Sprache – MelodieMelodie, RhythmusRhythmus/rhythm, KlangKlang – reizt und inspiriert eigene Spracharbeit, schult das Ohr, sensibilisiert für die Musikalität und bietet sich als Übungsraum an.

Auch wenn Georgi EfremowEfremow, Georgi mit dem BaltrušaitisBaltrušaitis, Jurgis-Preis vordergründig für seine PopularisierungPopularisierung der litauischenLitauenlitauisch Literatur ausgezeichnet wurde, darf nicht vergessen werden, dass er selbst ein Dichter ist, einer der bekanntesten Dichter LitauensLitauen, die auf RussischRusslandRussisch/Russian schreiben. Den litauischenLitauenlitauisch Lesern ist er jedoch bestens bekannt, da seine Lyrik von den von ihm übersetzten litauischenLitauenlitauisch Dichtern aus dem RussischenRusslandRussisch/Russian ins LitauischeLitauenLitauisch übertragen wird.

Die Tradition der literarischen ÜbersetzungÜbersetzung/translation, insbesondere der Lyrikübersetzung, erhielt in RusslandRussland von den Dichtern des Silbernen Zeitalters4 vielfältige Impulse und wurde in der sowjetischenSowjetunionsowjetisch/Soviet Zeit fortgesetzt. In russischerRusslandrussisch Sprache wurden Anthologien der Literatur fast aller sowjetischenSowjetunionsowjetisch/Soviet Republiken herausgegeben. Gewiss waren diese Ausgaben politischPolitik/politicspolitisch/political und ideologischIdeologieideologisch motiviert. Wie sonst erklärt man die zahlreichen Ausgaben der litauischenLitauenlitauisch Literatur während des Zweiten WeltkriegesWeltkriegZweiter Weltkrieg.5 Mit ihren Werken sollten die Autorinnen und Autoren die kommunistischen Ideen und sozialistischen Werte popularisieren. Auch nach dem Zweiten WeltkriegWeltkriegZweiter Weltkrieg erschien eine Reihe von Anthologien litauischerLitauenlitauisch Literatur in russischenRusslandrussisch ÜbersetzungenÜbersetzung/translation: „Поэты Литвы“ (Dichter LitauensLitauen), 1947; „Поэты Советской Литвы“ (Dichter des sowjetischenSowjetunionsowjetisch/Soviet LitauensLitauen), 1948; „Литовские новеллы“ (LitauischeLitauenLitauisch Novellen), 1948; „Поэзия Литвы. Антология“ (Dichtung LitauensLitauen. Anthologie), 1950; „Проза Советской Литвы“ (Prosa des sowjetischenSowjetunionsowjetisch/Soviet LitauensLitauen), 1950, u.a.

Einer der meistübersetzten und bekanntesten Autoren des sowjetischenSowjetunionsowjetisch/Soviet LitauensLitauen war Eduardas MieželaitisMieželaitis, Eduardas.6 Der 1919 in Kareiviškis geborene Dichter war nicht nur in seiner Jugend ein aktiver Anhänger der kommunistischen Ideen, sondern blieb Parteimitglied auch nach der Wende. Dabei wurde er 1946 „für die Ideenlosigkeit“ seiner Dichtung von Literaturfunktionären scharf kritisiert. Vermutlich um weniger Oden an die kommunistische Partei schreiben zu müssen, begann Mieželaitis für Kinder und Jugendliche zu dichten und übersetzte Werke anderer Autoren ins LitauischeLitauenLitauisch. Neben PuschkinPuschkin, Alexander und LermontovLermontov, Michail übersetzte er auch Leonid MartynovMartynov, Leonid aus dem RussischenRusslandRussisch/Russian, der seinerseits Mieželaitis Werke ins RussischeRusslandRussisch/Russian übertrug. Für seine literarische Tätigkeit wurde er 1962 mit dem Leninorden der SowjetunionSowjetunion ausgezeichnet. Im unabhängigen LitauenLitauen wurde er für seine politischePolitik/politicspolitisch/political Haltung zwar angefeindet, aber gleichzeitig gilt er bis heute als einer der größten litauischenLitauenlitauisch Dichter des 20. Jahrhunderts. Seine Lyrik zeichnet sich durch Pathos, Liedhaftigkeit und philosophische Lebensbetrachtung aus.

Das gegenseitige Übersetzen ist unter den Lyrikern durchaus verbreitet. Der 1937 in Memel geborene Tomas VenclovaVenclova, Tomas, der seit 1977 als Dissident im US-amerikanischenAmerika/USAamerikanisch ExilExil lebt, übersetzte den polnischenPolenpolnisch Dichter Czesław MiłoszMiłosz, Czesław und den russischenRusslandrussisch Joseph BrodskyBrodsky, Joseph, während die beiden seine Lyrik aus dem LitauischenLitauenLitauisch übertrugen (vgl. Veser 2017: 14).7 In den USA schrieb Venclova nicht nur auf LitauischLitauenLitauisch, sondern auch auf RussischRusslandRussisch/Russian. Diese ZweisprachigkeitZweisprachigkeit war gewiss nicht politischPolitik/politicspolitisch/political motiviert, sondern ergab sich aus seiner literarischen und literaturwissenschaftlichen Tätigkeit.

Die Literatur des heutigen LitauensLitauen orientiert sich am globalen Buchmarkt, der englischsprachig ist. Die Online-Zeitschrift Vilnius Review bietet eine beeindruckende Zahl an literarischen Texten der litauischenLitauenlitauisch Gegenwartsliteratur und setzt sich deren PopularisierungPopularisierung zum Ziel.8 Dieses soll erreicht werden, indem literarische Texte in englischerEnglisch/English ÜbersetzungÜbersetzung/translation dem breiteren Leserkreis zugänglich gemacht werden. Um das anfallende Arbeitspensum zu bewerkstelligen, wird ein Übersetzerteam beschäftigt. Ohne finanzielle Unterstützung sind solche Projekte kaum realisierbar. Als Sponsoren von Vilnius Review werden folgende Stiftungen genannt: Lithuanian Council for CultureLithuanian Council for Culture, Association LATGAAssociation LATGA, City of VilniusCity of Vilnius, modernaus meno centrasmodernaus meno centras, SpaudosSpaudos, radijo ir televizijos rėmimo fondasradijo ir televizijos rėmimo fondas.9 Es handelt sich also um staatliche Strukturen, die im Einklang mit der (Kultur)Politik der litauischenLitauenlitauisch Regierung insbesondere seit 2010 vermehrt das EnglischeEnglisch/English als KommunikationsspracheKommunikation verwenden. Zum einen wird dadurch die Weltoffenheit LitauensLitauen deutlich, das sich im Zuge der Globalisierungsprozesse immer stärker in die europäischeEuropaeuropäisch und Weltgemeinschaft integriert. Zum anderen geht damit die Bedeutung und die Kenntnis des RussischenRusslandRussisch/Russian und des PolnischenPolenPolnisch/Polish verloren. Diese Sprachen sind ein wichtiger Teil der Geschichte LitauensLitauen, scheinen jedoch mehr der Vergangenheit anzugehören, als in der Zukunft eine wichtige Rolle zu spielen.

Dieser Pessimismus müsste allerdings angesichts der 2019 erschienenen dreibändigen Anthologie der russischenRusslandrussisch Dichtung LitauensLitauen (Антология русской поэзии Литвы) relativiert werden. Sie bringt Texte von knapp 350 Autorinnen und Autoren, die seit Jahrhunderten mit LitauenLitauen verbunden waren und auf RussischRusslandRussisch/Russian schrieben.10 Die Initiatoren dieser Anthologie sind Mitglieder von „LogosLogos“, des Vereins der russischsprachigen Dichter LitauensLitauen. Inspiriert wurden sie von der Anthologie RussischeRusslandRussisch/Russian Poesie LettlandsLettland/Latvia, die im Nachbarland erschien. Gleichzeitig setzt „Logos“ mit seiner dreibändigen Ausgabe ein Zeichen des Protests gegen die Sprach(en)politik im heutigen Litauen.

Seit seiner Unabhängigkeit ist LitauenLitauen bemüht, LitauischLitauenLitauisch vor Einflüssen des RussischenRusslandRussisch/Russian sowie vor AnglizismenAnglizismen und nicht litauischenLitauenlitauisch Wörtern zu schützen. Mit dieser Aufgabe sind zwei staatliche Behörden beauftragt, die Staatliche Kommission der litauischenLitauenlitauisch Sprache und die Staatliche Sprach-InspektionSprach-Inspektion, die nicht nur mit Argusaugen, sondern mit Tadel, Verwarnungen und Geldstrafen bis zu 434 Euro für die Reinheit der litauischenLitauenlitauisch Sprache sorgen sollen (Stašaitytė 2017). Als Richtlinie dient der „SprachpolizeiSprachpolizei“, wie diese Behörden im Volksmund genannt werden, ein 25-seitiger Katalog der „großen Fehler der litauischenLitauenlitauisch Sprache“, die insbesondere Autoren, Journalisten und öffentliche Funktionsträger nicht begehen dürfen. Die Leiterin der SprachkommissionSprachkommission, Daiva Vaišnienė, beteuert allerdings, dass für die Literatur „eine totale Freiheit“ gelte (Stašaitytė 2017). Der Roman Pietinia kronikas (2016) von Rimantas KmitasKmitas, Rimantas, der in der Umgangssprache geschrieben wurde und mit Schimpfwörtern gespickt ist, soll als Beweis für die Freiheit der Literatur im heutigen Litauen herhalten (Stašaitytė 2017). Allerdings ist bemerkenswert, dass eine solche SprachzensurSprachzensur wie in Litauen in den anderen postsowjetischenSowjetunionpostsowjetisch Staaten nicht praktiziert wird – mit Ausnahme von RusslandRussland. Die SprachpolitikSprachpolitik LitauensLitauen erklärt Heiko F. Marten zutreffend mit der postkolonialenKolonialismuspostkolonial Ausgangssituation: „Die durch die postkolonialeKolonialismuspostkolonial Ausgangssituation begründete Sprachpolitik führt zu einigen Praktiken, die im internationalen Vergleich ungewöhnlich sind.“ (Marten 2017: 217).

Mehrsprachigkeit und das Politische

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