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2. Praxis und Linkshegelianismus 2.1. Linkshegelianer als Gruppe
ОглавлениеFür die Linkshegelianer bildete die hegelsche Philosophie in Gestalt des Systems, das in Form der Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse (letzte bearbeitete Ausgabe 1830) vorlag, den Ausgangspunkt ihrer kritischen Anknüpfung. Hegel galt ihnen als zentraler, wenn nicht gar letzter Schritt der Philosophie. Es handelte sich um eine relativ heterogene Gruppe junger |74|Wissenschaftler zumeist aus dem Umfeld der Philosophie und Theologie, die in ihren Schriften radikale politische Forderungen nach Liberalität und Demokratie vorbrachten, dies teils in Gestalt einer massiven Religionskritik.
‚Linkshegelianer‘ stellt einen zeitgenössischen Klassifikationsbegriff dar, den diese zum Teil auch auf sich selbst anwandten, um sich von ihren Gegnern abzugrenzen. Die Gruppe und ihr Selbstverständnis zerfielen Mitte der 1840er Jahre. Der Zerfall beschleunigte sich durch politische Verfolgung, Verbote ihrer Zeitschriften und durch interne Streitigkeiten. Einzelne Mitglieder wurden ins Exil gezwungen (Zur soziologischen Analyse dieser Gruppe als kritische Intellektuelle vgl. Eßbach 1988). Sie interpretierten teils Hegel selbst, teils nahmen sie als Konsequenz aus dessen Schriften an, dass seine Philosophie als Ausdruck einer antireligiösen, vor allem antitheologischen Haltung zu verstehen sei, die sich kritisch gegen die herrschenden politischen Verhältnisse ihrer Zeit wende. Als Gegner sahen sie insbesondere die Gruppe der ‚Rechtshegelianer‘, die eine konservative Deutung der hegelschen Religionsphilosophie vertrat und damit Möglichkeiten bot, die politisch repressiven Verhältnisse der Zeit zu legitimieren. Einige der Hegelianer lassen sich jedoch keiner der beiden Gruppen zuordnen und werden zumeist als ‚Zentrumshegelianer‘ bezeichnet; sie versuchten eine mittlere Stellung zwischen den Extremen zu wahren und weder politisch liberale Positionen vollständig zu räumen noch mit dem Staat in Konflikt zu geraten.
Der Ausdruck ‚Linkshegelianer‘ wird im Beitrag verwendet, ohne damit eine Wertung präjudizieren zu wollen.