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2.2.3. Max Stirner

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Im Jahre 1844 erschien das Buch Der Einzige und sein Eigentum von Johann Kaspar Schmidt (1806–1856) alias Max Stirner. Er hatte sich seit seinem Studium (u.a. bei Hegel) in Berlin in den linkshegelianischen Kreisen aufgehalten und sich mit einigen Beiträgen in den einschlägigen Publikationsorganen an den polemischen Debatten beteiligt (vgl. Stirner 1986). In seinem Buch radikalisierte er die bei den Linkshegelianern übliche Strategie, die verfochtenen theoretischen Weiterentwicklungen als religiös oder theologisch zu entlarven.

Stirners Kritik richtet sich darauf, dass man durch die Subjekt-Prädikat-Vertauschung im Sinne Feuerbachs sich zwar nicht mehr direkt auf Gott beziehe, jedoch seien diejenigen Ausdrücke, die an die Subjekt-Stelle treten, immer noch Allgemeinbegriffe, wie etwa das feuerbachsche ‚Gattungswesen‘ des Menschen (vgl. Stirner 1845, 58). Stirner hält jede Festlegung von Wesensaussagen mittels allgemeiner Begriffe für eine Unterdrückung seiner eigenen Freiheit, die durch die mit diesen Begriffen verbundenen normativen Ansprüche eingeschränkt werde. Gerade darin zeige sich die Nicht-Überwindung der Religion. Strukturell wiesen sämtliche Theorien der Linkshegelianer nach wie vor die Bezugnahme auf eine höhere, das einzelne Individuum übersteigende Instanz auf, was als paternalistisch abgewiesen wird.

Was soll nicht alles Meine Sache sein! Vor allem die gute Sache, dann die Sache Gottes, die Sache der Menschheit, der Wahrheit, der Freiheit, der Humanität, der Gerechtigkeit; ferner die Sache Meines Volkes, Meines Fürsten, Meines Vaterlandes; endlich gar die Sache des Geistes und tausend andere Sachen. Nur Meine Sache soll niemals Meine Sache sein. ‚Pfui über den Egoisten, der nur an sich denkt!‘ (Stirner 1845, 13)

|78|In diesem Zitat führt Stirner sukzessive diejenigen Begriffe auf, die bei restaurativen politischen Positionen oder linkshegelianischen Theorien zentral waren, und weist sie im Namen seiner individuellen Entscheidung zurück. Als Eigentum des Einzelnen zähle nur dasjenige, was jemand sich selbst zuzuschreiben bereit sei, und auch nur, solange er dazu bereit sei. Mit dieser radikal-aufklärerischen Position zählt Stirner – der auch Überlegungen zu nicht-staatlicher Kooperation entwickelte (vgl. Stirner 1845, 310–312) – zu den frühen Vordenkern eines Individualanarchismus (vgl. Loick 2017, 55–61). Gegen die linkshegelianische Kritik, durch die zum einen eine politische Änderung provozierende Praxis ausgeübt und zum andern eine die Veränderung herbeiführende politische Praxis erzwungen werden sollte, schreibt er konsequent an (Stirner 1845, 368).

Mit seiner radikalen Einstellung entzieht er den linkshegelianischen Debatten den Boden, da die Möglichkeit einer materialen, normativen Geschichtsphilosophie unter Einbezug der Zukunft ja gerade wesentliches Merkmal der Philosophie der Tat als Überwindung der restaurativen politischen Verhältnisse ist. Stirner kritisiert an diesen Debatten, neben ihrem paternalistischen Einschlag, insbesondere deren Instrumentalisierung der Individuen für abstrakte politische Ziele, deren Realisierung in der Zukunft anstehe und die vom Einzelnen Opferbereitschaft fordern. Stirner stellt dem eine individualisierte und dezisionistische Praxis entgegen (vgl. etwa Stirner 1845, 157).

Seine Vorstellung der Praxis verabschiedet sich damit von Geschichtsphilosophie und komplexen Zukunftsvorstellungen und kann die linkshegelianischen Vorstellungen polemisch als ‚bloß theoretisch‘ abtun. Tatsächlich gelang es den Linkshegelianern kaum, eine adäquate Antwort auf Stirner zu finden, dessen Kritik so radikal ausfiel, dass die bisher geteilten Überzeugungen nun insgesamt in Frage standen (vgl. Quante 2015). Auch Marxens frühe Konzeptionen in seiner Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung und den Pariser Manuskripten von 1844 waren von Stirners Angriff betroffen und zwangen ihn, das Theorie-Praxis-Verhältnis neu zu bedenken.

Philosophien der Praxis

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