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epistemisches Objekt
ОглавлениеE.O.e sind erkenntnistreibende ↗ Einheiten, auf die sich das Interesse von Wissenschaft richtet und die gleichzeitig durch ihre materialen Eigenschaften die Wissensräume (↗ Räume) strukturieren, in denen die Wissenschaften operieren. ↗ Raum als absolute Größe (↗ absoluter Raum) ist kein e. O., sondern eine mediale Form (↗ Medium), in und durch die sich e. O.e entfalten (↗ Falte). Die Konzeption der e. O.e geht auf die Bemühungen der Wissenschaftstheorie im 20. Jh. zurück, die kategorische Trennung zwischen Erkenntnissubjekt und Erkenntnisobjekt zu unterlaufen. Ausgehend von einer Historisierung der Epistemologie sowie Michel Foucaults (1926–1984) Begriff der Episteme (↗ Dispositiv), Thomas S. Kuhns (1922–1996) Begriff der ‚Normalwissenschaft‘ (↗ Paradigma), Martin Heideggers (1889–1976) Begriff des ↗ Gestells, Jacques Derridas (1930–2004) Begriff der ↗ Spur und Gaston Bachelards (1884–1962) Rede von ‚verdinglichten Theoremen‘ (Bachelard 1970), spricht Hans-Jörg Rheinberger (2006) von ‚epistemischen Dingen‘, um die Materialität (↗ Materie) e. O.e hervorzuheben. Diese erlauben eine provisorische ↗ Kartierung von bis dato noch ungewissem Territorium, indem sie am Schnittpunkt von theoretischer Konzeptualisierung und praktischer (↗ Praktiken) Anwendung ein spezifisches Verhältnis von ↗ Wissen und Können etablieren, durch das ein dialektisches (↗ Dialektik) Gleichgewicht zwischen Erkenntnisapparat und zu Erkennendem entsteht, welches seinerseits die ↗ Wahrnehmung des Raums bestimmt (Bachelard 1937). Da e. O.e im gemeinschaftlichen Gebrauch beständig Transformationen unterworfen sind, können sie nur vor dem Hintergrund von historischen, sozialen, kulturellen und materiellen Handlungen (↗ Handeln) thematisch werden. Sie sind in die jeweils spezifischen Wissensräume verschiedener Experimentalsysteme eingebettet, z.B. in eine bestimmte Laborpraxis in der Mikrobiologie (Latour/Woolgar 1981; Knorr Cetina 2002) oder in die Entwurfsordnung eines Architekturbüros, und arbeiten mit und unter unterschiedlichen Verräumlichungsstrategien und Materialisierungsprozessen (Rheinberger et al. 1997).
Literatur: Feest et al. 2009.
Bachelard, Gaston (1937): L’expérience de l’espace dans la physique contemporaine, Paris.
Ders. (1970): Noumène et microphysique, in: ders.: Études, Paris, 11–24 [1932].
Feest, Uljana u.a. [Hg.] (2009): Epistemic Objects, Berlin.
Knorr Cetina, Karin (22002): Die Fabrikation von Erkenntnis, Frankfurt a. M. [amerik. 1981].
Latour, Bruno/Woolgar, Steve (21981): Laboratoy Life, Princeton.
Rheinberger, Hans-Jörg (2006): Epistemologie des Konkreten, Frankfurt a. M.
Ders./Hagner, Michael/Wahrig-Schmidt, Bettina [Hg.] (1997): Räume des Wissens, Berlin.
Jan Bovelet