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Exil

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Der Begriff E. geht auf lat. ex(s)ilium zurück: ‚Ex(s)ul‘ ist der oder die Verbannte und E. bezeichnet folglich eine Verbannung (↗ Bann) oder auch deren ↗ Ort. E. beschreibt buchstäblich zugleich einen ↗ Ausschluss aus der und eine Einschließung in die ↗ Macht des Rechtes, wobei derjenige, der im E. ist, nicht mehr vom Recht geschont wird und gleichzeitig der Macht ausgeliefert ist, die ihn verbannt. Zum Begriff E. gehören kollektive Einheiten (↗ Dislokation), die nicht mehr ohne Gefahr in einem Land bleiben können, z.B. Regierungen im E. oder ein in viele Länder geflohenes ↗ Volk, das in seiner Ausbreitung eine Diaspora (↗ Verstreuung) formt. Freiwilliges E., wie etwa von Künstlern, teilt mit anderen Formen des E.s die Folge, dass eine Ausschließung aus einem ↗ Raum eine negative sowie möglicherweise produktive Konfiguration der Identität sein kann. Besonders im 20. Jh. und v.a. als Folge des Nationalsozialismus wird E. zum Schlüsselbegriff der politischen ↗ Unordnung in der Moderne. E. markiert den Raum außerhalb einer Nation, in den sich Flüchtlinge begeben müssen, um der Macht einer Regierung zu entkommen. E.literatur ist eine literarische Gattung geworden, aber vielmehr ist E.philosophie die Denkform der Moderne par excellence. Insbesondere steht die sich während des Zweiten Weltkrieges im Ausland befindende Frankfurter Schule für die ↗ Erfahrung und gleichfalls das Verfahren des Denkens (↗ Logos) im E.: Max Horkheimers (1895–1973) und Theodor W.Adornos (1894–1982) Kapitel über ‚Kulturindustrie‘ in der Dialektik der Auflilärung von 1947 wird im E. in Los Angeles geschrieben, wo Adorno persönlichen Kontakt zur Filmindustrie hat. In seiner 1951 veröffentlichten Schrift Minima Moralia kann Adorno dann so nicht nur ‚falsches Leben‘, sondern auch die Unbefangenheit Franz Kafkas in seinem unvollendeten, 1927 postum als Amerika veröffentlichten Roman Die Verschollenen erwähnten ‚Naturtheater von Oklahoma‘ erkennen. E. markiert eine Zäsur für kritisches Denken in der Moderne zwischen Dummheit und ↗ Wissen, Faschismus und Freiheit, dialektischer Regression und negativer ↗ Dialektik. E. ist der Raum des Denkens, wo solche Kategorien aufgehoben werden müssen und das Denken des Politischen sich oft in einer Aporie erstarrt findet.

Literatur: Arendt 1960; Bonavita 2002; Hahn et al. 2006, 7–25; Jenemann 2007.

Arendt, Hannah (1960): Von der Menschlichkeit in finsteren Zeiten, Hamburg.

Bonavita, Petra [Hg.] (2002): Assimilation, Verfolgung, Exil, Stuttgart.

Hahn, Sylvia/Komlosy, Andrea/Reiter, Ilse [Hg.] (2006): AusweisungAbschiebungVertreibung, Wien.

Jenemann, David (2007): Adorno in America, Minneapolis.

Jason Kavett

Lexikon Raumphilosophie

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