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Der Riese Dampf kommt ins Spiel
ОглавлениеObwohl die europäischen Seefahrer schnell die Verlässlichkeit von Passat- und Monsunwinden auszunutzen lernten oder mit gut getrimmten Segeln selbst gegen ungünstigste Winde doch noch ihrem Ziel näherkamen, hielt im 19. Jahrhundert auch auf Schiffen die Dampfmaschine als Antrieb ihren Einzug, zunächst zögerlich, aber dennoch irreversibel. Äquatoriale Kalmenzonen oder besonders schlechte Wetterlagen ließen sich nun doch bezwingen. Doch hat die kohlebetriebene Dampfmaschine lange gebraucht, um sich in der Schifffahrt über die Weltmeere wirklich durchzusetzen, weil erst noch weitere technische Entwicklungen hinzutreten mussten.
Obwohl Technologiepioniere wie Denis Papin (1647–1714), der ein funktionierendes Schaufelradschiff erfand, oder Robert Fulton (1765–1815), der seinen Raddampfer auf dem Hudson fahren ließ, den Schiffen völlig neue Antriebe gaben, waren gerade diese für das Befahren der Ozeane noch nicht richtig geeignet. Die hohen Schiffsverluste in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts der sogenannten Paddle Steamer belegen das sehr eindrücklich. Nur für den Postverkehr über See, bei dem es auf die Beförderung in besonders engen Zeitrahmen ankam, hielten sie sich länger. Die Einführung von Schiffsschrauben – oder richtiger Schiffspropeller – ab 1840 ließ dampfgetriebene Schiffe nun auch hochseetauglich werden. Und letztlich ließ überhaupt erst die weitere Effektivierung der Dampfnutzung durch ausgeklügelte Maschinen die Dampfer gegenüber den Segelschiffen, deren Antriebskraft ja nichts kostete, konkurrenzfähig werden.
Da der teure Brennstoff Kohle, den ein Dampfschiff selbst mit sich führen musste, den Laderaum für Handelsgüter enorm verringerte und obendrein nicht überall auf der Welt problemlos zu bunkern war, lohnte sich der Dampfschiffbetrieb über einen langen Zeitraum nur auf kürzeren Routen. Bis weit in das 20. Jahrhundert hinein fuhren deshalb auf langen Strecken noch schnelle Frachtensegler wie etwa die der französischen Reederei Antoine-Dominique Bordes & Fils oder die berühmten Flying P-Liner der Reederei F. Laeisz in Hamburg. Diese Segler transportierten Massenfracht für oder aus Südamerika sowie Australien immer noch bedeutend kostengünstiger als Dampfer. Und diese Schiffe stellten kein Phänomen der Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen dar, denn die Segler waren nach modernsten Technologien des Maschinenzeitalters gefertigt und besaßen Rümpfe und Masten aus Stahl. So richtig setzte der Siegeszug der dampfgetriebenen Schiffe erst ab den 1870er-Jahren ein, als ganze Regionalmeere wie etwa die Ostsee in wenigen Jahren die bis dahin dominierenden Segler verlor oder die Eröffnung des Sueskanals, der für Segler ohne Motorkraft nicht passierbar ist, die traditionellen Schiffsrouten enorm veränderte. Am schnellsten sind, so lässt sich resümierend feststellen, die Kriegsmarinen und der rasant wachsende Personenverkehr über See auf Dampfschiffe umgerüstet worden.