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Die Erzählungen von Sklaven

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Die Träger der kollektiven Erinnerung an die Sklaverei und den Sklavenhandel sind Gesellschaften und gesellschaftliche Gruppen mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen. Fast vier Jahrhunderte lang existierte diese kollektive Erinnerung ohne Unterbrechung. Seit 20 Jahren manifestiert sie sich in Europa, Afrika und Amerika jedoch nachdrücklicher als zuvor. Die Wiederkehr dieser traumatischen Vergangenheit, die lange ein Schattendasein führte beziehungsweise dem Vergessen anheimgefallen war, zeigt sich in Gestalt verschiedener kultureller Objekte sowie von Demonstrationen, Festivals, Gedenkveranstaltungen, Denkmälern und Museen. Dieser Prozess sorgt dafür, dass das kollektive zu einem öffentlichen und mitunter sogar offiziellen Gedächtnis wird.

Das Vorhandensein einer individuellen wie einer kollektiven Erinnerung setzt voraus, dass das Erlebte tradiert wurde. Ein großer Teil der Sklaven, die auf den Plantagen in den britischen und französischen Kolonien in der Karibik sowie in Brasilien arbeiteten, hat aber nicht lange genug gelebt, um Nachkömmlinge zu hinterlassen, denen sie die traumatischen Erfahrungen ihrer Zeit als Gefangene hätten übermitteln können. Dadurch fehlen Glieder in der Kette der Übertragung individueller Erinnerung, doch haben einige ehemalige Sklaven, die in den USA beziehungsweise den britischen Kolonien in der Karibik gelebt haben, schriftliche Aufzeichnungen ihrer Erfahrungen hinterlassen.

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurden die Erzählungen von Sklaven ein nachgerade populäres literarisches Genre in Europa und Amerika. Zu dieser Zeit brachte die Sklavenrevolte von Saint-Domingue das Sklavenhaltersystem in den französischen Kolonien in der Karibik ins Wanken. Die Bewegung für die Abschaffung der Sklaverei entwickelte sich rasch in Großbritannien und griff dann auf Frankreich, Spanien und die Vereinigten Staaten über. Im Kontext der Abolitionistenbewegung veröffentlichte der Afrikaner Olaudah Equiano (um 1745–1797) alias Gustavus Vassa, ein ehemaliger Sklave, der sich freigekauft hatte, seine Autobiografie The Interesting Narrative of the Life of Olaudah Equiano, or Gustavus Vassa, the African. Written by Himself. Dort berichtet er von seiner Jugend im Land der Igbo in Südostnigeria, von seiner Entführung, die ihm zufolge 1753 stattgefunden hat, als er erst sieben oder acht Jahre alt war, bis zu seiner Ankunft in der britischen Kolonie Barbados in der Karibik und später in den Vereinigten Staaten. Ein anderer Afrikaner, Mahommah Gardo Baquaqua, durchlebte Ähnliches wie Equiano. Er kam in Djougou im heutigen Benin zur Welt. Er berichtet davon, wie es zu seiner Versklavung kam, von seiner Zeit als Sklave in Brasilien und von seiner Flucht im Jahr 1847 nach New York, wo die Sklaverei bereits abgeschafft war.

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