Читать книгу Europa - Группа авторов - Страница 64

Von der Opferrolle zur Emanzipation

Оглавление

Im 18. und mehr noch im 19. Jahrhundert wurde die Darstellung von Sklaverei und Sklaven gern mit Unterwerfung beziehungsweise Unterwürfigkeit und der Einnahme von Opferrollen verbunden. In den USA stellen die Romane Uncle Tom’s Cabin (1852; „Onkel Toms Hütte“) von Harriet Beecher Stowe und Gone with the wind (1936; „Vom Winde verweht“) von Margaret Mitchell sowie ihre Kino-, Theater- und TV-Versionen die Sklaven als fröhliche, loyale und unterwürfige Männer und Frauen dar. Das Entstehen einer öffentlichen Erinnerung an die Sklaverei vollzieht sich auf den drei Kontinenten, die am transatlantischen Menschenhandel beteiligt waren, in Zusammenhang mit der neuen Phase, die mit Ende des Zweiten Weltkriegs einsetzte. Die Beendigung dieses Konflikts änderte nichts am Los der Soldaten aus den afrikanischen Kolonien, die an der Seite von Franzosen und Briten gekämpft hatten, und die afroamerikanischen Veteranen sahen sich bei ihrer Rückkehr in die Vereinigten Staaten mit dem alten Rassismus und der fortdauernden Vorenthaltung von Bürgerrechten konfrontiert. Doch hatte der Kampf gegen das NS-Regime in Europa die soziale und rassische Ungleichheit verdeutlicht, die mit dem Kolonialismus in Afrika und der Karibik sowie der Segregation in den USA einherging. Dieser Kontext gab den Bewegungen für Emanzipation und Bürgerrechte spürbaren Rückenwind.

In der Nachkriegszeit hat aber auch die Erinnerung an die Schoah dazu beigetragen, dass man sich wieder mehr an die Sklaverei erinnerte. Zu dieser Zeit beschrieben die Unabhängigkeitskämpfer die Sklaverei als den Vorgang, der der Kolonisation Afrikas Tür und Tor öffnete. 1976 veröffentlichte der afroamerikanische Schriftsteller Alex Haley sein Buch Roots („Wurzeln“). Der Roman erzählt die Familiengeschichte eines Vorfahren des Autors namens Kunta Kinté. Dieser wurde im 18. Jahrhundert in Senegambia gefangen genommen und in die USA verbracht. Die 1977 ausgestrahlte TV-Serie, der dieser Roman zugrunde lag, war nicht nur in den USA höchst erfolgreich, sondern auch im übrigen Amerika, in Europa und Afrika. Mit seiner eindringlichen Darstellung der Leiden des jungen Afrikaners hat Roots die Menschen tief bewegt, insbesondere die afroamerikanische Bevölkerung, zumal deren Erfahrungen mit Rassismus und Segregation zu diesem Zeitpunkt noch durchaus präsent waren. Diese Serie hat bei den Afroamerikanern auch zu einem intensiven Interesse an ihrer Genealogie geführt; viele machten sich nun auf die Suche nach ihren Vorfahren in Afrika.

Diese Welle des Interesses für die Geschichte der Sklaverei nahm in den 1990er-Jahren, also am Ende des Kalten Kriegs und zur Zeit des Zusammenbruchs der kommunistischen Regime in der Sowjetunion und in Osteuropa, noch zu. In der Vergangenheit unterdrückte Gruppen betonten nunmehr ihre nationale und kollektive Identität. Die Bevölkerung afrikanischer Herkunft begann, öffentlich die Anerkennung des Beitrags ihrer Vorfahren zum Aufbau der europäischen und amerikanischen Gesellschaften, die von Sklavenhandel und Sklaverei profitiert hatten, zu verlangen.

Europa

Подняться наверх