Читать книгу Seitenblicke auf die französische Sprachgeschichte - Группа авторов - Страница 24
6 Fazit: Einsichten aus der deskriptiven Grammatikforschung und die Notwendigkeit, die neuere Sprachgeschichte zu überdenken
ОглавлениеAuch wenn die Modalpartikeln im Französischen kein eigenes Paradigma bilden, so ist ihr Ausblenden aus Sicht einer deskriptiven Grammatik unzulässig. Zu häufig sind dafür Okkurrenzen, wie sie Tabelle 2 für quand même belegt. Die Sprachgeschichte darf sich nicht mit der Beschreibung von radikalen Umbrüchen innerhalb des Sprachsystems begnügen, sondern muss besonders in der neueren Zeit auch subtile Fälle von Variation, die letztlich Wandel auslösen, berücksichtigen.
Für das Französische konnten wir in unserer korpusbasierten Studie die Entstehung der Modalpartikeln quand même, bien und donc skizzieren, deren Status als Modalpartikeln in einer weiteren Studie herausgearbeitet wurde (cf. Meisnitzer/Wocker 2017).
Als Forschungsdesiderat wurde bereits die Entwicklung einer einzelsprachlichen Prototypizitätsskala für Modalpartikeln und potenzielle Kandidaten, die bereits in bridging-Kontexten nachgewiesen werden können, formuliert. Hierbei müsste man quantitativ vorgehen und weitere Korpora und Daten der gesprochenen Sprache einbeziehen. Auch könnte bei einer entsprechenden Studie der Aspekt des Verlustes der phonologischen Substanz stärker berücksichtigt und anhand der Reaktionen der Adressaten der vorgenommene Fremdbewusstseinsabgleich besser herausgearbeitet werden. Anders als bei einer diachronen Studie mit historischen Korpora wie dem FRANTEXT wäre man dadurch nicht auf medial fixierte Schriftsprache angewiesen, was die Ergebnisse unweigerlich verzerrt und den Nachteil hat, dass Wandelprozesse erst zeitlich verschoben überhaupt attestiert werden und die Okkurrenzen daher viel punktueller sind als im realen zeitgenössischen gesprochenen Sprachgebrauch. Eine Aufnahme in die Schriftsprache findet erst statt, wenn das sprachliche Mittel in seiner Akzeptanz etabliert ist und eine Routinisierung durchlaufen hat. Dabei ist für den besonderen Fall der Modalpartikeln festzuhalten, dass diese selbst bei Routinisierung in der geschriebenen Sprache kaum gebraucht werden. Eine genaue Aussage über den funktionalen Wandel und somit die genaue Datierung kann daher auch im Rahmen einer diachronen Studie nicht geleistet werden.
Wie der Fall der Modalpartikeln belegt, zwingt uns die deskriptive Grammatik, besonders in den Kapiteln der neueren Sprachgeschichte auch marginale Sprachwandelprozesse zu berücksichtigen. Diese stellen zwar im Hinblick auf das gesamte Sprachsystem lediglich Fälle von Mikrovariation dar, sie dürfen jedoch für eine adäquate Beschreibung der sprachlichen Mittel nicht ausgeblendet werden – anders als dies in den traditionellen präskriptiv-normativen Grammatiken der Fall ist. Es ist daher wichtig, die Kategorien der traditionellen Grammatik zu überdenken.