Читать книгу Soziale Arbeit - Группа авторов - Страница 23
1.2 Gegenstand »Soziale Probleme« 1.2.1 Was sind »Soziale Probleme«?
ОглавлениеZur Markierung des Gegenstands Sozialer Arbeit wird heute weitgehend auf den soziologischen Begriff »Soziale Probleme« zurückgegriffen. Er gilt als Klammerbegriff, der die enorme inhaltliche Spannweite des Gegenstands unter eine gemeinsame Formel stellt. Silvia Staub-Bernasconi (2018, S. 195) zufolge sind Soziale Probleme die »Domain« der Profession Soziale Arbeit, d. h. ihr ureigenes Operationsgelände. Mit Sozialen Problemen befassen sich zwar auch andere Berufsgruppen (z. B. Soziolog*innen, Politiker*innen auf unterschiedlichen staatlichen Ebenen, Volkswirt*innen, Psychiater*innen), sie haben jedoch andere professionelle Bezugspunkte als die Soziale Arbeit.
»Betroffenheiten von sozialen Problemen stellen die Handlungsanlässe, Begründungen und Legitimationen für Soziale Arbeit dar und bestimmen ihre Diskurse, Programmatiken und Methoden genauso wie ihre Finanzierung und öffentliche bzw. politische Anerkennung; sie sind die Grundlage und das ›Material‹ für professionelle Interventionen und ihre Institutionalisierung in Beratungs- und Jugendhilfeeinrichtungen, in sozialpolitisch relevanten Gesetzestexten, in Betreuungs- und Resozialisierungsmaßnahmen oder anderen sozialen Diensten« (Groenemeyer 2018, S. 1492).
In der soziologischen Diskussion ist allerdings umstritten, was Soziale Probleme sind bzw. wie sie bestimmt werden können: Handelt es sich um objektiv feststellbare, unmittelbar evidente Gegebenheiten (die man erfassen und in einer Liste zusammenstellen kann) oder existieren sie – so nach radikal-konstruktivistischer Auffassung – erst, wenn sie zur Sprache kommen, d. h. als soziale Wirklichkeit ›konstruiert‹ worden sind (ausführlich: Groenemeyer 2018; Staub-Bernasconi 2018, S. 209). Nach hier vertretener Auffassung haben sie eine doppelseitige Bindung: Sie sind zwar objektiv existent (d. h., sie werden nicht beliebig ›konstruiert‹), aber ohne Anerkennung sind sie nicht als gesellschaftliche und politische Wirklichkeit relevant und folglich weder Zielpunkt gesellschaftlichen Drängens nach einer ›Lösung‹ noch staatlicher Aktivitäten zu ihrer Eindämmung.