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Richter

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von Prof. Dr. Hendrik Lackner

FAKTEN Formale Voraussetzungen: zwei Prädikatsexamina (in den Fachgerichtsbarkeiten z. T. noch strenger) Persönliche Qualifikation: Promotion, Auslandserfahrung sowie vorherige anwaltliche Tätigkeit sind von Vorteil, aber nicht zwingend nötig. Einstiegsgehalt: ca. 3.488 Euro brutto monatlich (R1-Besoldung in Hamburg für einen ledigen Richter mit 27 Jahren). In einigen Bundesländern erhalten Richter zusätzlich eine jährliche Sonderzahlung. Aufstiegsmöglichkeiten: begrenzte Zahl von Beförderungsstellen. Eine Beförderung (z. B. zum Vorsitzenden Richter am Landgericht oder zum Richter an einem Bundesgericht) ist oft erst nach über zehn Jahren richterlicher Spruchtätigkeit und einer mehrmonatigen Erprobung an einem Obergericht möglich. Besonderheiten: hohes Maß an persönlicher und sachlicher Unabhängigkeit und Sicherheit (Ernennung auf Lebenszeit, grundsätzlich unabsetzbar und unversetzbar nach dreijähriger Probezeit); ideale Vereinbarkeit von Beruf und Familie (Anspruch auf Teilzeit bzw. mehrjährige Beurlaubung zur Kinderbetreuung) Weitere Informationen: www.richterbesoldung.de

Rechtliche Grundlagen der richterlichen Tätigkeit Die rechtsprechende Gewalt ist gemäß Art. 92 GG den Richtern anvertraut. Art. 97 Abs. 1 GG und § 25 DRiG sehen vor, dass Richter unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen sind.* Diese richterliche Unabhängigkeit ist infolge des Gewaltenteilungs- und Rechtsstaatsprinzips weit auszulegen. Sie umfasst zum einen die sogenannte sachliche Unabhängigkeit, wonach jede Art von Einflussnahme auf richterliche Entscheidungen - etwa durch die Justizministerien oder die Dienstaufsicht - unzulässig ist. Zum anderen sind Richter persönlich unabhängig, d. h. sie sind grundsätzlich unkündbar und gegen ihren Willen nicht versetzbar.

Richter stehen in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis eigener Art, das zwar in vielen Bereichen an das Dienstverhältnis von Beamten angenähert ist, in wesentlichen Punkten aber auch davon abweicht. So sind Richter im Bereich richterlicher Tätigkeit an keinerlei Weisungen gebunden, sondern nur dem Gesetz verpflichtet. Richter unterliegen auch nicht dem Anwendungsbereich des Arbeitszeitrechts, d. h. sie bestimmen selbst, zu welchen Zeiten und an welchem Ort sie ihrer richterlichen Tätigkeit nachgehen wollen. Während es früher übliche Praxis war, dass Richter einen nicht unerheblichen Teil ihrer Arbeit im häuslichen Arbeitszimmer erledigen, setzt sich mehr und mehr durch, dass Richter den überwiegenden Teil ihrer Arbeitszeit im Gericht verbringen. Seit Längerem wird zudem die rechtspolitische Forderung erhoben, auch für Richter eine Präsenzpflicht, jedenfalls zu bestimmten Kernzeiten, einzuführen.

Einstellungsverfahren und Probezeit Das Einstellungsverfahren ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich ausgestaltet, weshalb nachfolgend exemplarisch der Ablauf des Bewerbungsverfahrens im Bundesland Hamburg vorgestellt werden soll. Ein Bewerber, der sich beispielsweise für eine Tätigkeit am Verwaltungsgericht interessiert, schickt seine Bewerbungsunterlagen an das Oberverwaltungsgericht Hamburg, dessen Präsident - wie auch der Präsident des Hanseatischen Oberlandesgerichts - ein gesetzlich verankertes Recht hat, der Justizbehörde für seinen Geschäftsbereich Bewerber für das Richteramt vorzuschlagen. Sobald eine Stelle neu zu besetzen ist, werden Kandidaten nach einer Vorauswahl zu einem ersten Informationsgespräch gebeten. Geeignete Kandidaten werden sodann zu einem weiteren, mehrstündigen Bewerbungsgespräch eingeladen, an dem neben den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichts noch eine Reihe weiterer Richter teilnehmen. Der Ernennung zum Richter auf Probe durch den Justizsenator geht in Hamburg die Wahl durch einen Richterwahlausschuss voraus, dem Vertreter der Landesregierung, des Landesparlaments sowie der Richter- und Anwaltschaft angehören. Die Ernennung zum Richter auf Lebenszeit erfolgt in Hamburg in der Regel nach drei Jahren, in anderen Bundesländern teilweise erst nach bis zu fünf Jahren. Eine vorangegangene Tätigkeit, etwa als Rechtsanwalt, kann nach § 10 Abs. 2 DRiG auf die Probezeit angerechnet werden. Während der Probezeit wird der Proberichter regelmäßig in verschiedenen Gerichtsbarkeiten und gegebenenfalls auch bei der Staatsanwaltschaft eingesetzt.

Arbeitsbelastung Einen jungen Richter erwartet erfahrungsgemäß eine hohe bis sehr hohe Arbeitsbelastung. Wer als Berufsanfänger zum Beispiel eine Abteilung am Amtsgericht übernimmt, muss zumindest in den ersten Monaten mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 60 bis 70 Stunden und regelmäßigem Wochenendeinsatz rechnen. Sobald sich die jungen Richter mit der Arbeitsweise, den maßgeblichen Rechtsgebieten sowie ihrem Aktenbestand vertraut gemacht haben, tritt meist eine spürbare Normalisierung ein. Aufgrund des Anspruchs auf Teilzeittätigkeit bzw. mehrjährige Beurlaubung zur Kinderbetreuung erlaubt es die Tätigkeit des Richters, sehr gut Beruf und Familie in Einklang zu bringen.

Arbeitsalltag Neben der Durchführung von Gerichtsverhandlungen entfällt der wesentliche Teil der richterlichen Arbeit darauf, Urteile und Beschlüsse zu schreiben, sich in die Akten einzuarbeiten und Rechtsfragen mithilfe juristischer Kommentare und Datenbanken zu klären. Jedem Richter werden darüber hinaus von der Geschäftsstelle täglich bestimmte Akten vorgelegt (Dekretur), etwa wenn in einem Verfahren neue Schriftsätze eingehen, Terminverlegungsanträge gestellt oder Prozesskostenhilfe beantragt wird. Viele Richter sind zudem im Bereich der Juristenausbildung engagiert, etwa indem sie Referendare ausbilden oder Arbeitsgemeinschaften leiten.

Reiz der richterlichen Tätigkeit Die Arbeit als Richter ist sehr anspruchs- und verantwortungsvoll, da es häufig um komplizierte Sachverhalte und Rechtsfragen geht. Die Tätigkeit ist zudem abwechslungsreich und vielfältig, weil kein Fall dem anderen gleicht. Als Richter arbeitet man mit einem enorm hohen Maß an sachlicher und persönlicher Unabhängigkeit und Selbstständigkeit und ist in keinerlei Hierarchien eingebunden. Nach der Ernennung zum Richter auf Lebenszeit kommt dazu die Unkündbarkeit und damit eine Arbeitsplatzsicherheit, die neben Beamten nur die wenigsten Berufsgruppen kennen. Zwar erlaubt die Richterbesoldung keine "großen Sprünge". Dabei sollte allerdings nicht übersehen werden, dass Richter sehr hohe Pensionsansprüche erwerben und eine exzellente Krankenversorgung genießen (Beihilfeberechtigung). Schließlich machen viele Richter vor dem Hintergrund sehr flexibler Arbeitszeiten von der Möglichkeit zu Nebentätigkeiten Gebrauch, etwa durch wissenschaftliche Veröffentlichungen, Lehraufträge an der Universität oder eine Prüfertätigkeit im Juristischen Staatsexamen.**


Besoldung in Bruttobeträgen für 2009, Quelle: www.richterbesoldung.de

*Wesentliche rechtliche Grundlagen hinsichtlich der rechtsprechenden Gewalt finden sich im IX. Abschnitt des Grundgesetzes (GG), im Deutschen Richtergesetz (DRiG) sowie in den jeweiligen Richtergesetzen der Bundesländer.

**Weitere Informationen zum Richterberuf: Seitz/Büchel (Hg.) (1999): Beck‘sches Richter-Handbuch, C. H. Beck Verlag, München, S. 1561 ff.

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