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Jurist als Mitarbeiter im politischen Bereich
Оглавлениеvon Dr. Thiemo-Marcell Jeck
FAKTEN Formale Voraussetzungen: überdurchschnittliches Examen, evtl. Promotion Persönliche Qualifikation: Kenntnis der politischen Entscheidungsfindungsprozesse, Durchsetzungs- und Kompromissfähigkeit Einstiegsgehalt: im Öffentlichen Dienst meist A 13 oder 14 TVöD Aufstiegsmöglichkeiten: Laufbahn des höheren Dienstes; ein Wechsel in die Wirtschaft oder zu NGOs ist möglich Besonderheiten: Mitarbeit an der Lösung von aktuellen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Problemen Weitere Informationen: www.bund.de; http://europa.eu/epso
Tätigkeitsbereiche und Einstellungsvoraussetzungen Juristen bietet sich im politischen Bereich ein weites Spektrum an spannenden und verantwortungsvollen Tätigkeitsfeldern - auch außerhalb des Engagements als Politiker. Neben der Tätigkeit im Öffentlichen Dienst bei Ministerien auf Bundes- oder Landesebene besteht die Möglichkeit, als Referent Abgeordneten und Fraktionen zuzuarbeiten. Zur Umsetzung von Gesetzesvorhaben werden die Fraktionen in Arbeitsgruppen (beispielsweise "Wirtschaft und Arbeit" oder "Recht") unterteilt, die als Bindeglied zwischen den Staatsgewalten auf Bundesebene sowie zwischen der Bundes- und Landespolitik dienen. Referenten einer Bundestagsfraktion fungieren als Ansprechpartner für die Abgeordneten, für Fraktionsmitarbeiter, aber auch für Verbandsjuristen, Journalisten und Bürger. Sie erarbeiten Rechtsgutachten, verfassen Pressemitteilungen und Plenarreden und sind daneben für die Vor- und Nachbereitung von Arbeitsgruppensitzungen, Pressekonferenzen und parlamentarischen Abenden zuständig. Der Berufsalltag eines Fraktionsreferenten ist geprägt von zahlreichen Besprechungen, Tagungen, Kongressen und Empfängen. Teilweise muss unter hohem Zeitdruck gearbeitet werden. Lange Arbeitstage mit zehn bis zwölf Stunden sind hierbei keine Seltenheit.
Voraussetzung für die Arbeit als Jurist in der Politik ist ein überdurchschnittliches Examen, nicht selten wird ein Prädikatsexamen verlangt. Von Vorteil ist zudem eine abgeschlossene Promotion, die sich im besten Fall mit politischen Fragenstellungen beschäftigt. Neben den juristischen Fähigkeiten sind spezifisches Fachwissen sowie soziale Kompetenz, Kommunikations- und Organisationstalent essenziell. In der täglichen Arbeit gilt es Durchsetzungsvermögen, aber auch Kompromissfähigkeit unter Beweis zu stellen. Unabdingbar ist zudem die Kenntnis der Abläufe politischer Entscheidungsprozesse und Zusammenhänge.
Wer Praxiserfahrung im politischen Umfeld nachweisen kann - beispielsweise durch aktive Parteiarbeit, Mitgliedschaft in einer Studentenvertretung sowie entsprechende Praktika oder Referendariatsstationen -, steigert die Erfolgsaussichten seiner Bewerbung.
Besonderheiten des Berufsbildes Die Arbeit im politischen Bereich bietet die Möglichkeit, an der Lösung aktueller gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Probleme mitzuwirken. Oftmals sind dabei tagesaktuelle Fragestellungen zu diskutieren. In Hintergrundgesprächen mit Experten und Interessenvertretern ist ein möglichst umfassendes Bild der Situation zu erarbeiten, um praktikable Lösungen anbieten zu können. Die Lösungsfindung selbst ist geprägt von der Diskussion mit Kollegen. Einen besonderen Reiz macht hierbei das interdisziplinäre Umfeld aus, bei dem sich beispielsweise die unterschiedlichen Lösungsstrategien von Juristen und Ökonomen sinnvoll ergänzen und nicht selten neue Perspektiven eröffnen.
Zu bedenken sind jedoch auch die Kehrseiten einer Tätigkeit im politischen Bereich: Mitarbeiter werden hier oftmals als "Parteivertreter" gesehen, was durchaus Auswirkungen auf den Lebenslauf und die weitere Karriere haben kann.
Wer einen geregelten Nine-to-five-Job sucht, wird ihn in der Politik wahrscheinlich nicht finden. Unvorhergesehene politische Ereignisse bedürfen rascher Reaktionen - teilweise auch am Wochenende. Insbesondere in Wahlkampfzeiten ist die zeitliche (und psychische) Belastung groß.
Zukunftsperspektiven Der Öffentliche Dienst bietet nach wie vor einen sicheren Arbeitsplatz und gute Aufstiegschancen. Die Verdienstmöglichkeiten variieren jedoch sehr stark nach Positionen. Verallgemeinernde Aussagen sind daher nicht möglich. Zu beachten ist, dass sich die politische Landschaft alle paar Jahre deutlich verändert. Besonders vielversprechend sind daher Bewerbungen nach einer Wahl bzw. unmittelbar nach der Regierungsbildung. Fraktionsangestellte und Pressesprecher weisen die längste Verweildauer in ihren Positionen auf. Die meisten anderen politischen Mitarbeiter entscheiden sich hingegen nach einigen Jahren für eine Tätigkeit in der Verwaltung, im Journalismus oder in Verbänden.
Im Rahmen einer Tätigkeit als Verbandsjurist besteht ebenfalls die Möglichkeit, auf politische Entscheidungen Einfluss zu nehmen - in diesem Fall allerdings von außen. Verbände bieten teilweise bessere Verdienstmöglichkeiten als der Öffentliche Dienst, verpflichten aber zu einer Vertretung der Verbandsinteressen nach außen - auch wenn diese teilweise nicht deckungsgleich mit den eigenen Überzeugungen sind. Eine interessen- und parteiunabhängige Tätigkeit im politischen Bereich bietet sich hingegen im Rahmen politischer Institute wie des Centrums für Europäische Politik.
Ob im Öffentlichen Dienst oder in Verbänden: Die Arbeit im Umfeld der EU-Politik erscheint besonders reizvoll, da immer mehr politische Entscheidungen in Brüssel getroffen werden. Mit fortschreitender Integration der EU wird sich diese Entwicklung künftig weiter verstärken.