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Bank- und Finanzrecht

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von Thomas Hollenhorst

Überblick

Das Bank- und Finanzrecht ist ein breit gefächertes Rechtsgebiet, in dem Wirtschaftskanzleien unterschiedlichen Zuschnitts beraten. Es ist kein eigenes kodifiziertes Recht, sondern vielmehr eine Kombination verschiedener Rechtsgebiete. Dabei spielt das Zivilrecht eine große Rolle, aber auch das Wertpapierrecht, das Handels- und Gesellschaftsrecht, das Insolvenzrecht sowie das öffentliche Recht beeinflussen das Bank- und Finanzrecht.

Insbesondere Großkanzleien bieten in der Regel eine umfassende nationale und internationale Beratung auf den Gebieten des allgemeinen Bankrechts, Bankaufsichts- und Kapitalmarktrechts an. Ferner sind sie tätig im Zusammenhang mit Finanzierungstransaktionen, bei Restrukturierungen sowie in der Prozessführung.

Mittelgroße Wirtschaftskanzleien und Boutiquen beraten zum Teil nur in ausgewählten Rechtsgebieten oder haben ihren Schwerpunkt in bestimmten Märkten, wie z. B. im Schifffahrts- oder Energiesektor. Kleinere Kanzleien beraten im Bank- und Finanzrecht zumeist nur in begrenzten Teilbereichen oder sind spezialisiert auf die Prozessvertretung bei Verfahren zwischen Anlegern und Banken oder im Verbraucherschutzrecht.

Beratungsfelder

Allgemeines Bankrecht Das allgemeine Bankrecht umfasst zunächst die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Kontoführung, den Zahlungsverkehr (Lastschrift, Debit- und Kreditkarten, Online-Banking etc.), das Darlehens- und Kreditsicherungsrecht sowie das allgemeine Wertpapierrecht. Hier unterscheidet sich die Tätigkeit als Rechtsanwalt deutlich nach dem Zuschnitt und Mandantenstamm der jeweiligen Kanzlei. Während größere Kanzleien in der Regel auf Bankenseite tätig sind, gibt es zahlreiche kleinere Kanzleien, die schwerpunktmäßig Verbraucher gegenüber Banken vertreten.

Bankaufsichts- und Kapitalmarktrecht Auf dem Gebiet des Bankaufsichtsrechts geht es überwiegend um Themen wie Erlaubnis- und Meldewesen, Organisations- und Verhaltenspflichten, Geldwäsche, Compliance sowie Datenschutzfragen.

Das Kapitalmarktrecht betrifft zum einen die Emission von und den Handel mit Aktien, Schuldverschreibungen und anderen Wertpapieren (z. B. Aktien oder Investmentfonds) bzw. Derivaten (z. B. Swaps oder Optionen). Einen wesentlichen Teil des Kapitalmarktrechts machen aber auch die Regelung der Auflegung, des Vertriebs sowie der Überwachung von alternativen Investments wie Hedgefonds, Private Equity und Venture Capital

Fonds aus. Die Beratung im Kapitalmarktrecht umfasst dabei regelmäßig Maßnahmen zur Einhaltung der Prospektpflichten, der Aufklärungs- und Beratungspflichten gegenüber Anlegern sowie der Organisationspflichten zur Vermeidung von Interessenkonflikten und Insider-Handel. Insgesamt ist das Kapitalmarktrecht stark vom Bankaufsichtsrecht geprägt, insbesondere bezüglich der Genehmigungsanforderungen für Kapitalmarktprodukte und -prospekte.

Die Beratung börsennotierter Unternehmen bildet eine Schnittstelle zwischen Kapitalmarkt- und Gesellschaftsrecht. Hier beraten Spezialisten beider Rechtsgebiete bei der Einhaltung der kapitalmarktrechtlichen Transparenzanforderungen nach dem Aktiengesetz (AktG), dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) und dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG), beispielsweise bei M& A-Transaktionen.

Im Bankaufsichts- und Kapitalmarktrecht hängt die Tätigkeit des Rechtsanwalts sehr stark von der jeweiligen Kanzlei und ihren Mandanten ab. So sind kleinere Kanzleien häufig auf die Vertretung von Bankkunden und Anlegern gegenüber Banken und Finanzdienstleistern spezialisiert. Demgegenüber beraten größere Kanzleien vor allem Kreditinstitute bei der Emission von Wertpapieren, der Prospekterstellung sowie im allgemeinen Bankaufsichtsrecht.

Beratung bei Finanzierungstransaktionen Die Beratung bei Finanzierungstransaktionen unterscheidet sich danach, was finanziert werden soll: Herkömmlich wird zwischen Projekt-, Asset-, Akquisitions- und strukturierter Finanzierung unterschieden. Bei größeren Transaktionen ist die Zusammenarbeit von international besetzten Teams aus Großkanzleien die Regel. Wesentliche Tätigkeit eines Rechtsanwalts auf diesem Gebiet ist die Gestaltung und Verhandlung von Kredit- und Sicherheitenverträgen, wobei zumeist die Ergebnisse einer vorausgehenden Due Diligence in den Verträgen berücksichtigt werden. Zur Tätigkeit in diesem Bereich gehört jedoch auch die Durchsetzung von Rechten aus bestehenden Kreditverträgen (z. B. Kreditkündigungen, Sicherheitenverwertung etc.).

a) Die Projektfinanzierung dient der Finanzierung verschiedenster kapitalintensiver Projekte. In den vergangenen Jahren wuchs die Bedeutung von Projektfinanzierungen stetig, insbesondere in den Sektoren Energie, Infrastruktur und Rohstoffe. Bei der Projektfinanzierung ist der Rückgriff auf den Träger des Projekts (den Eigentümer der Projektgesellschaft) in aller Regel wenn überhaupt nur eingeschränkt möglich (sogenannte NonRecourse- bzw. Limited-Recourse-Finanzierung). Die Besicherung der Finanzierung beschränkt sich daher auf das Projekt an sich sowie den diesbezüglichen Cashflow. Hier liegt der Schwerpunkt der Tätigkeit der Kanzlei in der Gestaltung von Kredit- und Sicherheitenverträgen, aber auch in der Überprüfung der Projektverträge für die finanzierenden Banken.

b) Die Asset-Finanzierung dient der Finanzierung von wertvollen Objekten wie beispielsweise Flugzeugen, Schiffen und Immobilien. Diese werden den Unternehmen in verschiedenen rechtlichen Gestaltungen zur Verfügung gestellt. Während bei Flugzeug-Finanzierungen häufig Leasing-Verträge Anwendung finden, werden Schiffsfinanzierungen in der Regel über klassische Bankfinanzierungen durchgeführt. Bei der Asset-Finanzierung spielen neben den unter a) genannten Themen häufig auch steuerliche Fragestellungen eine große Rolle.

c) Bei der Akquisitionsfinanzierung im Rahmen eines Leveraged Buyout wird der Erwerb eines Unternehmens oder eines Unternehmensteils finanziert. Nur ein Teil des Kaufpreises ist durch Eigenkapital gedeckt. Der überwiegende Teil der Mittel wird als Fremdkapital, in der Regel durch Konsortialkredite verschiedener Banken, zur Verfügung gestellt.

Durch die Finanzkrise hat sich der Markt für Akquisitionsfinanzierungen erheblich gewandelt. Statt früher üblicher Kreditverträge mit wenigen Garantien der Kreditnehmer müssen Kreditnehmer nun wesentlich härtere Bedingungen in den Kreditverträgen akzeptieren. Auch sind die Finanzierungskosten durch höhere Margen der Banken deutlich gestiegen, was zusätzlich zu einem Rückgang von Akquisitionsfinanzierungen geführt hat.

d) Unter dem Stichwort Mezzanine-Finanzierungen versteht man die Mischung von Elementen des Eigen- und Fremdkapitals. Dies können nachrangige Darlehen sein, aber auch gesellschaftsrechtliche Strukturen wie partiarische Darlehen oder stille Beteiligungen. Diese lassen den Darlehensgeber in verschiedenen Ausprägungen am Unternehmenserfolg teilhaben. Auch die Finanzierung von Unternehmen über Anleihen, die am Kapitalmarkt platziert werden, wird üblicherweise unter den Begriff "strukturierte Finanzierungen" subsumiert. Die strukturierte Finanzierung weist die engste Verbindung zum Corporate/M& A-Geschäft der Banken auf und ist stark gesellschaftsrechtlich, aber auch kapitalmarktrechtlich geprägt.

Restrukturierung Rechtsanwälte in der Restrukturierungspraxis begleiten Unternehmen und Banken in der Krise bei der Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen, um das Unternehmen zu sanieren. Dies umfasst neben der insolvenzrechtlichen Beratung und der Beratung bei Finanztransaktionen auch die gesellschaftsrechtliche Beratung bei Umstrukturierungen sowie Umwandlungen von Gesellschaften. Kennzeichnend für diesen Bereich ist ebenfalls eine enge Zusammenarbeit mit Kollegen anderer Fachbereiche, insbesondere aus dem Gesellschafts-, Steuer- und Arbeitsrecht.

Die Insolvenzverwaltung ist demgegenüber häufig ein eigener Tätigkeitsschwerpunkt von bestimmten Kanzleien. Sie wird zwar teilweise auch von Großkanzleien angeboten, in der Regel wird sie aber von mittelgroßen und kleineren spezialisierten Kanzleien durchgeführt, deren Büroorganisation auf diese Tätigkeit besonders abgestimmt ist.

Anforderungen an Absolventen

Die zahlreichen Spezialthemen im Bank- und Finanzrecht sind allenfalls als Schwerpunktbereich Examensgegenstand. Daher fragen sich viele Absolventen, welche Voraussetzungen für einen Einstieg in das Bank- und Finanzrecht hilfreich wären.

Grundsätzlich gilt: Spezialkenntnisse im Bank- und Finanzrecht sind nützlich, aber keine Voraussetzung. So ergibt sich das rechtliche Know-how z. B. in der Transaktionsberatung im Bereich Finanzierung im Wesentlichen aus den ersten drei Büchern des BGB. Eine solide zivilrechtliche Ausbildung ist daher auf diesem Gebiet, aber auch in anderen Bereichen des Bankrechts sehr wichtig.

Praktische Kenntnisse des Bankgeschäfts, erworben durch Praktika oder idealerweise durch eine Banklehre sind selbstverständlich gern gesehen, wie auch entsprechende Stationen während des Referendariats. Gerade in größeren Kanzleien sind gute Englischkenntnisse zwingend erforderlich, weil die Dokumentation größerer Konsortialfinanzierungen nahezu ausschließlich auf Englisch erfolgt.

Fazit

Das Anforderungsprofil und die Aufstiegschancen in den einzelnen Bereichen des Bank- und Finanzrechts hängen sehr stark vom Zuschnitt der jeweiligen Kanzlei sowie von der gewählten Spezialisierung ab. So ist im allgemeinen Bankrecht, bei Finanzierungstransaktionen sowie in der Restrukturierungsberatung eher der zivil-, gesellschafts- und insolvenzrechtlich bewanderte Generalist gefragt, der keine Berührungsängste mit anderen Rechtsgebieten hat.

Demgegenüber baut ein Rechtsanwalt im Bankaufsichts- und Kapitalmarktrecht nach und nach Spezialkenntnisse in dem von ihm gewählten Bereich auf. Der Einstieg fällt hier mit Vorkenntnissen leichter.

Insgesamt läßt sich festhalten, dass das Bank- und Finanzrecht auch nach der Finanzkrise weiterhin zahlreiche Betätigungsfelder für hoch qualifizierte und spracherfahrene Berufseinsteiger bietet - vor allem auch aufgrund zunehmender Internationalisierung und Regulierung der weltweiten Finanzmärkte.

Perspektiven für Juristen 2012

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