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Supranationale Institutionen

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von Matthias Miguel Braun

FAKTEN Formale Voraussetzungen: abgeschlossenes Hochschulstudium, ausgezeichnete Fremdsprachenkenntnisse (Englisch fließend; i. d. R. sehr gute Französisch-Kenntnisse, im Einzelfall auch andere Sprachen) Persönliche Qualifikation: vor allem Fähigkeit zur interkulturellen Kommunikation, Teamfähigkeit, Einsatzbereitschaft, selbstständiges Arbeiten, internationale Mobilität Einstiegsgehalt: Berufsanfänger, unverheiratet, keine Kinder: bei den VN (Vereinten Nationen) Stufe P 2, ca. 4.600 US-Dollar netto; bei der EU, Stufe AD 5, ca. 3.700 Euro netto Aufstiegsmöglichkeiten: unterschiedlich. Viele Stellen werden nur noch mit Zeitverträgen besetzt, auch Leitungsposten werden öffentlich ausgeschrieben. Besonderheiten: Praktische Erfahrungen im internationalen Bereich sind oft ein entscheidender Vorteil. Berufserfahrung ist selbst für Einstiegspositionen häufig Voraussetzung; die Dauer wird in der Stellenausschreibung spezifiziert. Weitere Informationen: www.auswaertiges-amt.de, Internetseiten der jeweiligen Organisationen

VN, EU und mehr - Einteilung internationaler Organisationen Zwei internationale Organisationen seien hier zuvorderst genannt: die Vereinten Nationen und die Europäische Union - und mit ihnen ihre zahlreichen nachgeordneten Einrichtungen. Sie fallen auch dem Absolventen, der weder EU- noch Völkerrecht als Schwerpunkt hatte, sofort bei diesem Stichwort ein. Und dies zu Recht: Schon aufgrund ihrer beachtlichen Größe bieten beide Institutionen zahlreiche Karrierechancen für Juristen. Hier all diese Möglichkeiten aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen, zudem ließe sich Vollständigkeit wohl nie erreichen. Aber auch neben den anderen großen internationalen Organisationen wie NATO, OSZE, OECD, Weltbank, Währungsfonds oder Europarat gibt es abseits der ausgetretenen Pfade Nischen, die - sofern die nötige Qualifizierung vorliegt - eine Berufsperspektive bieten können. So mag ein Absolvent aus Deutschland vielleicht noch an die Donaukommission in Budapest denken oder an den Ostseerat in Stockholm, aber was ist mit dem World Vegetable Centre in Taiwan? Auch wenn das letztgenannte Weltgemüsezentrum sich schwerpunktmäßig der Forschung widmet und daher nur wenige Berufschancen für Juristen bietet, zeigt dieses Beispiel doch die Fülle der existierenden Organisationen. Ein Überblick über die wichtigsten öffentlichen zwischen- oder überstaatlichen Organisationen und Einrichtungen ist auf der Internetseite des Auswärtigen Amts zu finden.

Im Folgenden sollen daher statt einer ohnehin unmöglichen Gesamtdarstellung die Berufsmöglichkeiten unter verschiedenen Aspekten beleuchtet und systematisch vorgestellt werden: nach Art der Organisation, nach Art der Tätigkeit und der Vertragsausgestaltung. Abschließend sollen kurz Hilfestellungen für den Berufseinstieg aufgezeigt werden.

Die eingangs erwähnten internationalen Organisationen lassen sich, was das Dienstrecht (und damit die Zugangsmöglichkeiten) angeht, in vier große Gruppen einteilen:

Zunächst sind die Vereinten Nationen mit ihren Unter- und Sonderorganisationen zu nennen, die dienstrechtlich im sogenannten Common System zusammengeschlossen sind. Daneben gibt es Organisationen, die dieses System autonom anwenden (z. B. die OSZE). Die internationalen Finanzinstitutionen, die ihre eigenen Beschäftigungsbedingungen entwickelt haben, kann man in einer zweiten Gruppe zusammenfassen. Die EU-Institutionen bilden eine dritte Gruppe und schließlich existieren als vierte Gruppe noch die sogenannten koordinierten Organisationen, die sich in einem gemeinsamen Koordinierungsausschuss zur Regelung ihres Dienstrechts zusammengeschlossen haben. Zu ihnen zählen unter anderem OECD, Europarat, NATO und WEU. Jede dieser vier Gruppen hat ein eigenes Besoldungssystem, eigene Amts- und Funktionsbezeichnungen und sieht damit auch recht unterschiedliche Karrieremöglichkeiten vor.

Tätigkeitsfelder für Juristen in internationalen Organisationen Untersucht man internationale Organisationen im Hinblick auf die Jobmöglichkeiten, die sie Jura-Absolventen bieten, so lassen sich drei große Betätigungsfelder ausmachen: Verwaltung, sonstige juristische Tätigkeiten und Referententätigkeiten an den Schnittstellen zu anderen Bereichen wie Menschenrechte oder Politikanalyse.

Auch wenn viele bei UNO und EU zuerst an nächtelanges Feilen an Resolutionen denken oder an einen Verhandlungsmarathon, um eine Einigung bei Agrarsubventionen zu erzielen - diese beiden politischen Organisationen sind zunächst einmal auch Verwaltungen, denn nur so kann das Funktionieren der Organisation als Ganzes sichergestellt werden. Verwaltungen haben jedenfalls immer Bedarf an Spezialisten, sodass sich hier eine nicht unbedeutende Karrieremöglichkeit für deutsche Jura-Absolventen ergibt. Denn neben dem theoretischen Wissen im Verwaltungsrecht haben Juristen mit Zweitem Staatsexamen immer auch praktische Verwaltungserfahrung. Personalabteilungen und Arbeitseinheiten für Liegenschaften sind neben den Rechtsabteilungen wichtige Einsatzgebiete für Juristen.

Die zweite Gruppe möglicher Tätigkeiten umfasst die klassischen juristischen Aufgaben, oft auf einem besonderen Rechtsgebiet. Viele Organisationen suchen regelmäßig Legal Officers, die allgemein für juristische Fragen zuständig sind. Anders dagegen bei Organisationen oder Gerichten, die ein bestimmtes Rechtsgebiet zum Gegenstand haben, z. B. für internationales Strafrecht der Internationale Strafgerichtshof für Ex-Jugoslawien, oder für Völkerrecht der International Court of Justice, für Europarecht der Europäische Gerichtshof (EuGH) oder für Patentrecht das Europäische Patentamt, um nur einige zu nennen. Interessante Einstiegspositionen bei entsprechender Qualifizierung sind Stellen für Referenten und wissenschaftliche Mitarbeiter, die den Richtern zuarbeiten. Ebenfalls interessant sind am EuGH die Stellen der Lawyer/Linguists, die EuGH-Entscheidungen in die EU-Amtssprachen übertragen.

Im dritten Bereich tritt der Jurist in Konkurrenz zu Absolventen anderer Disziplinen, insbesondere der Politikwissenschaft und des in Deutschland noch recht jungen Faches der Internationalen Beziehungen (IB): Es handelt sich um die Schnittstellen zu Nachbarfächern der Rechtswissenschaft, z. B. den Menschenrechten, der Politikwissenschaft oder der politischen Analyse auf dem Feld der IB. Wer hier als Jurist entsprechende Praktika, Zusatzqualifikationen wie einen Master in IB oder auch Engagement bei einem UN-Planspiel wie den National Model United Nations (NMUN) vorweisen kann, hat eher Chancen, sich gegen die Konkurrenz durchzusetzen.

Feste vs. Entsandte vs. Vertragsbedienstete Eine weitere Kategorisierung der Arbeitsmöglichkeiten kann über die Art der Anstellung vorgenommen werden. Feste, unbefristete Anstellungen sind eher selten und zudem für deutsche Staatsbürger z. B. bei der UNO zurzeit schwer zu erlangen, weil der dortige Auswahlwettbewerb NCRE (National Competitive Recruitment Examination), der zu einer geografisch ausgewogeneren Mitarbeiterschaft der UN beitragen soll, deutschen Staatsbürgern in den Jahren 2009 und 2010 nicht offenstand. Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses stand noch nicht fest, welche Staatsangehörige am NCRE 2011 werden teilnehmen können. Ohnehin wird häufiger mit befristeten als mit festen Verträgen gearbeitet. Auch die EU kennt die Unterscheidung zwischen EU-Beamten und Vertragsbediensteten, für die auch zwei verschiedene Auswahlverfahren (Concours) von der europäischen Personalbehörde EPSO durchgeführt werden. Viele Posten werden aber über eine dritte Art der Personalgewinnung besetzt - mit nationalen Entsandten. Sie sind in der Regel bereits Staatsbedienstete und werden für einige Jahre von ihren nationalen Regierungen in die jeweilige internationale Organisation entsandt, was in der Regel andere Bewerber ausschließt.

Wer keinen "roten Faden" in seinem Lebenslauf hat, der eine frühe internationale Ausrichtung von Studium und Interessen belegt, der wird es schwer haben, nach dem Abschluss in einer internationalen Organisation Fuß zu fassen. Interessenten sollten möglichst früh praktische internationale Erfahrungen sammeln. Das kann in erster Linie über Praktika geschehen. Der Förderung solcher Praktika in internationalen Organisationen hat sich das Carlo-Schmid-Programm verschrieben (www.daad.de/csp), aber auch InWEnt fördert Praktika im Ausland allgemein (www.inwent.de). Daneben ist die UNi-Gruppe der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen e. V. (DGVN) Ansprechpartner für Praktika im gesamten VN-System (www.uni-gruppe.de). Aber auch Studentenorganisationen wie EL§A - The European Law Students' Association (www.elsa-germany.org) oder die Jungen Europäischen Föderalisten (www.jef.de) bieten die Möglichkeit, sich ehrenamtlich international-europäisch zu engagieren und so Erfahrungen zu sammeln.

Liegen bereits erste Berufserfahrungen vor und ist man noch nicht 32 Jahre alt, so kann man sich beim Programm der Bundesregierung für Beigeordnete Sachverständige bewerben. Beigeordnete Sachverständige sind international bekannt als Junior Professional Officers (JPOs), Associate Experts (AEs) oder Associate Professional Officers (APOs). Die Bundesregierung hat mit etwa 20 internationalen Organisationen Abkommen zur Förderung von deutschen Nachwuchskräften als Beigeordnete Sachverständige geschlossen. Erwähnenswert ist auch das Zentrum für Internationale Friedenseinsätze (ZIF), das Trainings und einen Expertenpool für internationale Einsätze anbietet (z. B. Wahlbeobachtungen). Sehr hilfreiche Tools bei der Stellensuche sind die beiden Datenbanken "Internationaler Stellenpool" und "Internationaler Personalpool", die der Koordinator für internationale Personalpolitik (KIP) im Auswärtigen Amt eingerichtet hat; sie sind zu finden auf der dortigen Internetseite.

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