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Aktuelle Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt für Juristen
Оглавлениеvon Dr. Christoph Wittekindt
Entwicklungsmöglichkeiten, Gehaltsentwicklung, Arbeitsbelastung, Vereinbarkeit von Beruf und Familie - das sind die Themen, die Juristen auch im Frühjahr dieses Jahres umtreiben. Wie entwickelt sich der Markt, und wo stehe ich? Hierauf soll im Folgenden eine Antwort gegeben werden.
Der Markt im zweiten Jahr nach der Krise Generell ist für Juristen dieselbe positive Entwicklung wie für die gesamte Wirtschaft zu verzeichnen: Die Nachfrage steigt. Der Aufschwung hat den juristischen Arbeitsmarkt mit der üblichen Verzögerung von sechs bis zwölf Monaten erreicht.
Größere Sozietäten und Boutiquen stellen bereits seit letztem Jahr wieder verstärkt ein. Viele Unternehmen hingegen agieren noch immer mit "angezogener Handbremse": Eingestellt wird dort nur, wenn sich durch einen Wechsel oder Weggang eine Lücke auftut - diese wird dann geschlossen, mehr aber auch nicht. Nur wenige Unternehmen vergrößern ihre Rechtsabteilung, es werden wieder vermehrt Aufträge an externe Kanzleien vergeben, oder man behilft sich mit Interimslösungen.
Wie immer kann jedoch auch hier keine pauschale Aussage für den gesamten Markt getroffen werden, es kommt maßgeblich auf das jeweilige Rechtsgebiet an: Während sich im Bereich Arbeitsrecht nach zwei Boom-Jahren allmählich eine gewisse Entspannung abzeichnet, werden Bank- und Kapitalmarktrechtler, Gesellschaftsrechtler, Transaktionsspezialisten und Prozessrechtler zum Teil händeringend gesucht. Gleiches gilt für den gesamten "grünen Bereich", der von der Krise ohnehin nicht so stark betroffen war. Und nach wie vor sehr gefragt, insbesondere von den großen Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften, sind Steuerrechtler.
Einstiegsgehälter Die eben skizzierten Entwicklungen spiegeln sich auch in den Gehältern wider. Betrachtet man zunächst die Kanzleien, so sind die Gehaltsunterschiede riesig: Steigt ein frischgebackener Anwalt heute bei kleineren Kanzleien oft mit einem Jahresbruttogehalt von 38.000 bis 45.000 Euro ein, so sind es in den Top-20-Kanzleien in der Regel 85.000 bis 110.000 Euro zuzüglich Bonus. Es versteht sich von selbst, dass in diesen letztgenannten Kanzleien zwei vollbefriedigende Examina, ein Doktortitel und/oder ein im Ausland erworbener LL.M. samt entsprechender Fremdsprachenkenntnisse conditio sine qua non für eine Einstellung sind. Generell gilt: je besser die Noten, desto besser das (Einstiegs-)Gehalt. Und: Die angloamerikanischen Kanzleien stehen hier bei den Gehältern an der Spitze. Bei den Boutiquen liegen die Einstiegsgehälter in der Regel zwischen 60.000 und 70.000 Euro, meist ohne irgendwelche Boni, wobei es hier je nach Stadt und Region große Unterschiede gibt. Insgesamt liegen die Einstiegsgehälter derzeit 10 bis 15 Prozent unter den in den Boom-Jahren 2005 bis 2008 gezahlten Gehältern.
In Unternehmen hängt das Einstiegsgehalt entscheidend von der Größe ab: DAX-Unternehmen mit größeren Rechtsabteilungen wie Siemens oder BMW zahlen derzeit je nach Zusatzqualifikation 85.000 bis 90.000 Euro - zweimal vb, Dr. iur. bzw. LL.M. sind auch hier fast obligatorisch. Bei Mittelständlern, wo die Rechtsabteilung nur aus ein bis drei Juristen besteht, muss der angehende Jurist sich oft mit 48.000 bis 60.000 Euro zufriedengeben. Man darf dabei aber nicht vergessen, dass Unternehmen ihren Mitarbeitern oft zusätzlich zahlreiche Sozialleistungen offerieren, welche neben einer 40-Wochenstunden-Regelarbeitszeit für manchen Bewerber den Ausschlag für einen Einstieg geben.
Gehaltsentwicklungen Noch viel spannender ist aber die Frage, wie sich die Gehälter im Laufe der Jahre entwickeln. Bei Kanzleien geht damit die Frage der Chancen auf eine spätere Partnerschaft einher. Hier hat sich nicht viel geändert: Während die Gehälter in den Top-20-Kanzleien im zweiten bis sechsten Berufsjahr in der Regel stufenweise steigen, gibt es in Boutiquen oder kleineren Kanzleien solche Entwicklungen meist nicht. Gleiches gilt übrigens auch für die Rechtsabteilungen von Unternehmen, bei denen im Laufe der Jahre neben einem "Inflationsausgleich" eine Bonuskomponente zum Gehalt hinzukommt. Dafür ist die Chance in den Boutiquen und kleineren Einheiten, einmal (Junior-)Partner zu werden, viel höher. Spätestens nach sechs oder sieben Jahren stellt sich aber auch in den größeren Kanzleien die Frage nach dem Schritt Richtung Partnerschaft. Die Gehälter dieser Senior, Principal oder Managing Associates liegen dann oft schon bei 140.000 bis 200.000 Euro, was in der Regel einen Bonus oder eine Umsatzbeteiligung beinhaltet. Danach gilt: Ob Junior-, Salary- bzw. Lockstep- oder Equity-Partner - es zählt allein der Umsatz. Und wer die Umsatzvorgaben verfehlt, fliegt eben auch mal wieder raus, wird sogar "de-equitised". Leiter von Rechtsabteilungen erreichen dagegen irgendwann eine Gehaltsobergrenze, die sie nur noch dann durchstoßen können, wenn sie ins Management oder in den Vorstand wechseln. Der variable Gehaltsbestandteil liegt dann oft bei über 50 Prozent; Aktienoptionen stellen bei börsennotierten Unternehmen eine zusätzliche Gehaltskomponente dar.
Allgemeine Trends/Work-Life-Balance Ein interessanter Trend ist unter Anwälten mit mehrjähriger Berufserfahrung zu beobachten: Unternehmen werden zunehmend als attraktive Arbeitgeber wahrgenommen. Nach einem möglichen Arbeitsplatzwechsel gefragt, wollen derzeit sechs von zehn in Kanzleien beschäftigten Anwälten ausschließlich in ein Unternehmen gehen. Dies gilt gleichermaßen für jüngere wie auch für berufserfahrene, spezialisierte Anwälte, sowohl aus Großkanzleien als auch aus mittelständischen Sozietäten. Dies hat mehrere Gründe: Zum einen ist die Arbeitsbelastung bei den Kanzleien bekanntlich nach wie vor sehr hoch, zum anderen, und das ist noch wesentlich entscheidender, fehlt den Kanzleien häufig eine über den Tag hinausreichende Strategie und dem Anwalt damit die nötige Perspektive - der Weg zur Partnerschaft ist oftmals steinig und wenig transparent.
Man darf sich nicht zu der Annahme versteigen, die Arbeitsbelastung in einem Unternehmen sei stets erheblich geringer; 40-Stunden-Wochen sind auch hier mittlerweile eher die Ausnahme. Dennoch sehen viele Juristen die Chance einer ausgeglichenen Work-Life-Balance bei einer Tätigkeit im Unternehmen eher verwirklicht als in einer Kanzlei. Zudem fördern einige Unternehmen mittlerweile außerbetriebliche Aktivitäten ihrer Mitarbeiter, z. B. mittels einer Jahreskarte für das Fitness-Studio. Kanzleien versuchen zunehmend durch "social activities" wie das gemeinsame Skiwochenende in Kitzbühel, nicht nur den Zusammenhalt der Truppe, sondern auch die sportlichen Ambitionen ihrer Mitarbeiter zu befriedigen. Viel wichtiger sind aber ein eigener Betriebshort oder -kindergarten, wo berufstätige Eltern ihre Kinder in Obhut geben können. Flexible Arbeitszeitmodelle, z. B. Teilzeit- und Heimarbeitstätigkeiten, sind derzeit sehr gefragt, insbesondere bei Kanzleien, auch wenn sie hier in der Praxis nur schwer umsetzbar sind. Für manchen Juristen zählen solche Parameter bei der Arbeitsplatzwahl mittlerweile mehr als das Gehalt.
Gehaltserwartungen von Jurastudenten und -Absolventen
Antworten auf die Frage "Welches Jahresgehalt (Grundgehalt + Bonus u. ä.) erwarten Sie?", Quelle: trendence Absolventenbarometer 2010 - Deutsche Law Edition © trendence 2010, Berlin, S. 65