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Rechtsgebiete in Wirtschaftskanzleien Arbeitsrecht
Оглавлениеvon Dr. Lars Mohnke
Klassischerweise vertritt der Rechtsanwalt einer Wirtschaftskanzlei die Arbeitgeberseite. Zudem berät er Vorstände und Geschäftsführer hinsichtlich ihrer Organstellung sowie ihrer Rechte und Pflichten aus dem Dienstvertrag.
Mit wem arbeitet der Associate zusammen? Bereits als Berufseinsteiger betreut der Associate kleinere Fälle unter Anleitung eines Partners oder eines erfahrenen Associates allein. Hierbei steht er in unmittelbarem Kontakt mit Mitarbeitern der Personalabteilung und der Geschäftsführung. Mit steigender Seniorität wird der Verantwortungsbereich größer. In komplexeren Angelegenheiten (z. B. Transaktionen, Umstrukturierungen) arbeitet der Associate im Team mit Kollegen der eigenen und anderer Fachrichtungen (z. B. Gesellschafts-, Steuer- und Kartellrecht) zusammen.
Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten (z. B. mehrere Länder betreffende Transaktionen, Auslandsentsendungen) steht der Associate im Austausch mit den Kollegen ausländischer Büros. Auch steht er in Kontakt mit Ansprechpartnern ausländischer Gesellschaften, die in Deutschland Geschäfte betreiben und Rechtsrat zum deutschen Arbeitsrecht benötigen.
Was macht das Besondere am Arbeitsrecht in einer Wirtschaftskanzlei aus? In einer Wirtschaftskanzlei werden gerichtliche Streitigkeiten häufig durch eine separate Litigation-Abteilung betreut, während der Arbeitsrechtler den Mandanten vor Gericht bis hin zum Bundesarbeitsgericht in der Regel selbst vertritt. Die Vermeidung gerichtlicher Auseinandersetzungen steht in der Beratung allerdings im Vordergrund.
Ein Einzelanwalt ist auf dem Gebiet des Arbeitsrechts überwiegend forensisch tätig und berät in individualrechtlichen Rechtsfragen (insbesondere zum Kündigungsrecht). Dies gehört natürlich auch zu den Aufgaben in einer Wirtschaftskanzlei. Den größeren Teil nimmt hier jedoch die arbeitsrechtliche Beratung bzgl. Vertragsgestaltung (Individual- und Kollektivvereinbarungen), Vorbereitung, Verhandlung und Umsetzung von Restrukturierungen, Erwerb und Veräußerung von Unternehmen und Betrieben sowie bei Fragen der Zusammenarbeit mit Arbeitnehmervertretern ein. Dabei sind stets auch ökonomische Auswirkungen des zu erteilenden Rechtsrates gegenüber Unternehmen zu beachten, was ein weiterer interessanter Aspekt bei der Tätigkeit in einer Wirtschaftskanzlei ist. Die Tätigkeit ist sehr abwechslungsreich und aufgrund einer Vielzahl teilweise auch sehr ausgefallener Rechtsfragen besonders anspruchsvoll. Während Einzelanwälte und Richter mit Fragen zum Streikrecht, Betriebsverfassungsrecht, zur Unternehmensmitbestimmung und Vertragsgestaltung eher selten befasst sind, gehört dies zur täglichen Arbeit eines Anwalts in einer Wirtschaftskanzlei. Besonders interessant sind die Zusammenarbeit mit namhaften Unternehmen und die Möglichkeit, gestaltend tätig zu werden, um die für den Mandanten optimale Lösung zu erarbeiten.
Das Arbeitsrecht steht wie kaum ein anderes Rechtsgebiet unter dem starken Einfluss der politischen Entwicklung. Die Wirtschaftskanzleien investierten daher viel Zeit und Mühe, Auswirkungen von Gesetzesänderungen frühzeitig zu erkennen. So können sie den Unternehmen frühzeitig Handlungsempfehlungen geben, damit diese ihre betrieblichen Abläufe anpassen können.
Gibt es Unterschiede zwischen den Wirtschaftskanzleien? Einige Kanzleien beschränken sich auf das Transaktionsgeschäft. Das Arbeitsrecht hat dann häufig nur eine Unterstützungsfunktion. Andere Kanzleien bieten eine Full-Service-Beratung an. Die Tätigkeit deckt dann das gesamte Arbeitsrecht ab und bietet dem Mandanten eine vollumfängliche Beratung. Je nach Größe und Ausrichtung kann es weitere Untergliederungen geben, beispielsweise eine eigene Praxisgruppe für das Spezialthema betriebliche Altersvorsorge.
Was sind die Kehrseiten dieser Tätigkeit? Nicht selten sind Kosteneinspar- und Personalabbauprogramme Gegenstand der Beratung. Diese Maßnahmen sind mit vielen Einzelschicksalen verbunden. Die Unternehmen sind aufgrund der Wettbewerbssituation gleichwohl gezwungen, sich den aktuellen Marktverhältnissen anzupassen. Gemeinsam mit Geschäftsleitung und Arbeitnehmervertretern können sozialverträgliche und wirtschaftlich tragbare Lösungen entwickelt werden. Es wird daher das nötige Gespür für die unterschiedlichen Interessenlagen von Arbeitgebern, Arbeitnehmern, Betriebsräten und Gewerkschaften verlangt.
Für wen ist diese Tätigkeit geeignet? Die Tätigkeit im Bereich des Arbeitsrechts einer Wirtschaftskanzlei ist nicht nur für Absolventen mit einschlägigem Schwerpunktbereich geeignet. Arbeitsrechtliche Vorkenntnisse sind zwar wünschenswert, nicht aber zwingende Voraussetzung. Die Größe der Mandate und die Zusammenarbeit mit anderen Fachbereichen sowie ausländischen Büros erfordern eine große Bereitschaft und Fähigkeit, in Teams zu arbeiten. Zudem ist die Bereitschaft erforderlich, sich mit den unterschiedlichen Interessen der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite auseinanderzusetzen. Wer gerne strategische Überlegungen in Hinblick auf die ökonomischen Auswirkungen anstellt, pragmatische Herangehensweisen neben der rein "wissenschaftlichen" Lösung von Rechtsfällen mag und - das gilt gerade für das Arbeitsrecht - einen Beruf mit hohem Realitätsbezug schätzt, bringt die besten Voraussetzungen für die Tätigkeit als Anwalt einer Wirtschaftskanzlei im Bereich Arbeitsrecht mit.