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Wallfahrtsort Lambarene

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Das berühmte Hospital liegt zwei Kilometer von Lambarene-Ort entfernt an einem kleinen Arm des Ogowe. Etwa 20 Einbäume ankerten am Ufer; sie waren an den Kokospalmen vertäut oder mit einem Stein als Anker mit dem lehmigen Uferboden verbunden. Die Reste eines alten Landungssteges ließen sich noch erkennen.

Ich ging die 200 Meter vom Ufer zu den alten Gebäuden, in denen Schweitzer praktiziert, und dann kam der Augenblick, in dem ich den großen alten Mann von Lambarene persönlich kennenlernen durfte.

„Ah, grüß Gott, wir hatten Sie schon längst aufgegeben“, freute sich Schweitzer, als ich mich vorstellte, „wie sind Sie denn nur hergekommen?“ Ich schilderte ihm meine Fahrt im Einbaum, und Schweitzer war erstaunt – vor allem darüber, daß ich mein Boot mutterseelenallein in Port Gentil gelassen hatte. „Wenn es gestohlen wird, stelle ich Ihnen zur Weiterfahrt eine meiner Pirogen zur Verfügung“, lämelte er. „Aber zunämst bleiben Sie hoffentlich eine Weile da.“

Ick überbramte Smweitzer Grüße von Bekannten. Andre Lantz hatte mir auch etwas für das Spital mitgegeben: eine 100-Liter-Tonne voll reinen Alkohols, den er Schweitzer vor kurzem bei seinem Besum in Lambarene versprochen hatte. Schweitzer war freudig überrascht, konnte sich aber an das Versprechen nicht mehr erinnern und erkundigte sich mehrmals eingehend nach Einzelheiten. Später nahm er mich in sein Allerheiligstes, sein Arbeitszimmer, um sich peinlim genau Adresse und Geschenk zu notieren.

Schwester Maria, eine Holländerin, führte mich zur Europäerbaracke, die angenehm kühl im Schatten von ölpalmen liegt. Drinnen gibt es kein elektrisches Licht, kein fließendes Wasser, kein verschwiegenes örtchen. Aber Moskitonetze sind vor den Fenstern, und sauber ist es auch. Eine kleine ältliche Holländerin brachte mir Bettwäsme und Handtücher, ein Boy bezog das Bett. Aus der Küche bekam ich einen Nachmittagsimbiß.

Alle Gebäude des Spitals sind etwa drei Jahrzehnte alt; das bedeutet bei der raschen Entwicklung in den Tropen: sie sind altmodisch, sie sind unbequem und spartanisch einfach. Dem Behandlungsraum gegenüber liegt eine Baracke mit männlichen Patienten; alle Türen waren weit geöffnet, Angehörige der Kranken kamen und gingen, Frauen unterhielten ein Feuer und bereiteten Essen vor. Der Rauch stieg träge in die Höhe und verbreitete afrikanischen Geruch. Hühner gackerten herum, Enten watschelten einher, Ziegen liefen in alle Richtungen, manchmal sprangen sie in Kisten, in denen Futter für sie bereitgestellt war.

Es herrscht afrikanisches Leben dort, afrikanische Hygiene, Umständlichkeit, Lässigkeit. Keiner der Afrikaner hatte es eilig, nur Schweitzer und seine europäischen Mitarbeiter arbeiteten unaufhörlich.

Albert Schweitzer hat – soviel ich weiß – als einziger europäischer Arzt in Afrika versucht, die Tore seines Hospitals vor der afrikanischen Lebensweise nicht zu verschließen. Als wir anderntags durch das Gelände seines Spitals streiften, als wir an Hunden, Rehen, Papageien und Wildschweinen vorbeikamen, hielt er plötzlich inne: „Sehen Sie, ist das nicht alles völlig natürlich hier? Ist das nicht echtes Afrika?“

Ja, das war das alte Afrika, das Schweitzer an diesem Ort bewußt konservierte, das Afrika, das er hier bei seiner Rückkehr nach dem Ersten Weltkrieg vorfand und behüten wollte vor dem Fluch einer unverstandenen modernen Zivilisation und Technik.

Schweitzer hat aus diesem Grunde jede Modernisierung seines Hospitals abgelehnt, obwohl ihm von verschiedenen Seiten die modernsten und besten Hilfsmittel angeboten wurden. Ganz leicht ist ihm diese Ablehnung manchmal sicher nicht gefallen, und häufig ist sie scharf kritisiert worden, vor allem von den Afrikanern selbst.

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