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Täglich 150 Beobachtungen

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Vom Seewetteramt hatte ich Präzisionsgeräte zur Verfügung gestellt bekommen, um im Rahmen des Geophysikalischen Jahres meteorologische Beobachtungen durchführen zu können. Dreimal täglich mußte ich 50 bestimmte Fragen beantworten! Einhundertfünfzig Antworten! Es war das erste Mal, daß sich ein Einhandsegler dieser Prozedur unterwarf.

Diese Beobachtungen sollten Aufschluß geben über Wind, Sicht und Wetter, Luftdruck und Luftdruckänderungen, Lufttemperatur und Feuchte, untere, mittlere und hohe Wolken, Periode, Höhe und Richtung von Wellen etc. etc. Es fiel mir manchmal nicht ganz leicht, die Beobachtungen regelmäßig durchzuführen. Interessant sind sie nicht, die Temperaturmessungen ausgenommen. Als höchste Wassertemperatur maß ich einmal vor der Guineaküste bei Flaute 30,5 Grad Celsius.

Eine der Fragen, die immer wieder von Laien an Segler gestellt werden, ist die nach der Höhe der Wellen im Ozean. Daß es Dünungswellen gibt, die zum Beispiel durch einen Sturm in der Gegend von Neufundland entstehen und sich als gewaltige Brandung, die sogenannte Kalema, an der südafrikanischen Küste bemerkbar machen können, ist nur wenigen bekannt. Eine solche Dünung hat also unabhängig von der Windrichtung den ganzen Atlantik überquert. Einer der bekanntesten amerikanischen Sportsegler wunderte sich darüber, wie mein Faltboot diese „30 Meter hohen Dünungsberge“ heil überstehen konnte. Nun, Windwellen können bis zu dreißig Meter Höhe erreichen, als Ausnahmeerscheinung in einem langanhaltenden Sturm; die Dünung wird aber nicht einmal halb so hoch und ist auch für kleine Boote auf hoher See ungefährlich, weil sie sich im allgemeinen nicht mehr bricht.

Alle Wellen sind verschieden hoch. Die Ansicht, daß jede siebte bis neunte Welle höher sei als die vorhergehenden, ist falsch, wird aber dadurch unterstützt, daß es tatsächlich einen Rhythmus der Wellen gibt, jedoch einen unregelmäßigen.

Für Seeleute ist es entscheidend zu wissen, daß sie alle paar Stunden eine Welle erwarten können, die mehrfach so hoch sein kann wie die Durchschnittswellen. Große Dampfer, vor allem schwer beladene Erzschiffe, die im Sturm nicht rechtzeitig beidrehen, werden von einer solchen Welle zuweilen mit Mann und Maus verschluckt. In jedem Jahr hört man von Schiffsunfällen, bei denen die Katastrophe so schnell hereinbrach, daß selbst die modernsten Funkgeräte nicht mehr bedient werden konnten. Kleine Yachten hingegen schwimmen wie Korken auf dem Meer, sie drehen meist rechtzeitig bei, und die Riesenwellen können nicht auf sie einstürzen.

Als ich mit dem Faltboot über den Atlantik segelte, traten in den letzten drei Wochen steife und stürmische Passatwinde auf, die Wellen von einer durchschnittlichen Höhe von fünf bis sieben Metern erzeugten. Die Seen waren deshalb so hoch, weil der starke Wind schon seit längerer Zeit blies und weil sie auf den weiten Strecken, die sie zurückgelegt hatten, entsprechend anwachsen konnten. Aus dieser wildbewegten Meeresfläche ragten zusätzlich hin und wieder riesige, turmhohe Wellenkämme heraus, die mit lautem Getöst. in sich zusammenbrachen – ein Anblick, der mir Schauer den Rücken hinunterjagte. übrigens kann der „gezackte“ Horizont, der bei stürmismem Wetter auftritt und den jeder Seemann kennt und fürmtet, eine Vorstufe zu den haushohen Seen sein.

Kommodore Hayes von der S.S. Majestic geriet 1923 in einen Orkan, der die Seen bis zu 28 Meter hoch peitschte. Die Rekordhöhe aber wurde im Februar 1933 auf dem amerikanismen Marinetanker „Ramapo“ im Stillen Ozean verzeimnet … Auf seiner Fahrt von Manila nach Südkalifomien geriet das Schiff in eine Tiefdruckstörung, die sich über den ganzen Pazifik ausdehnte und in deren Gefolge die Winde von Sturm- auf Orkanstärke anschwollen. Als der Sturm seinen Höhepunkt erreichte, beobachtete der wamhabende Offizier, wie im hellen Mondschein eine von amtem aufkommende See zu solcher Höhe emporschnellte, daß sie über dem Krähennest des Hauptmastes zu sehen war. Da die „Ramapo“ in einem Wellental, dazu eben, lag, war es für ihren Kapitän R. P. Whitemarsh einfach, durch eine geometrisme Zeimnung die Höhe dieser Welle zu bestimmen: 34 Meter!

Trotz ihrer unglaublimen Höhen sind Windwellen weniger gefürmtet als die weitaus gefährlimeren Brandungswellen vor den Küsten, in denen die meisten Schiffe zerschellen, die unglücklimerweise hineingeraten. Am schlimmsten sind diese Wellen, wenn sie durm Erdbeben entstehen.

Als 1883 die zwischen Sumatra und Java gelegene Insel Krakatau explodierte, brauste eine etwa 30 Meter hohe Welle über die anliegenden Küsten der Sunda-Straße hinweg, zerstörte Dörfer, warf Dampfer weit ins Innere der Inseln und riß Zehntausende von Menschen mit sich ins Meer.

Es gibt noch höhere Wellen, die hömsten aller Meereswellen. Sie erreichen rund 100 Meter Höhe – und doch kann man sie nicht sehen, denn sie entstehen tief unten im Meer, wo Wasserrnassen versmiedener Temperaturen aufeinandertreffen. Forschungsschiffe sind diesen Wellen, die von den Ozeanographen „innere Wellen“ genannt werden, durm Temperaturmessungen, bei denen die Thermometer tief ins Meer gelassen wurden, auf die Spur gekommen.

In allen Weltmeeren fließen tiefe Strömungen, die noch kaum erforscht sind.

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