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Wüste und Oase im Südatlantik

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Die Fahrt nach Ascension verlief so ereignislos, wie man es erwarten konnte. Am zwölften Tage morgens erschien die dunkle Linie der Insel am Horizont, doch erst am Abend konnte ich in der Südwestbai ankern, und am nächsten Morgen verholte ich die LIBERIA nach dem kleinen Ort Georgetown.

Ascension ist eine Bergspitze, die aus dem mächtigsten Gebirgsmassiv unserer Erde, der Atlantischen Schwelle, herausragt. Diese Bergkette zieht sich 15.000 Kilometer von Island über die Azoren und Ascension zum Südatlantik, fast bis zur Antarktis hin; meist sind ihre Gipfel von vielen hundert Metern Wasser bedeckt.

Ganz Ascension scheint auf den ersten Blick aus rostbrauner Asche zu bestehen; einige 40 junge Vulkankrater haben ihr Innerstes nach außen gestülpt und einen Effekt erzielt, der der Insel die Bezeichnungen „Des Teufels Aschengrube“ und „Des Teufels Tintenfaß“ eingebracht hat. Bereits im Jahre 1501, als der portugiesische Admiral Joao da Nova Gallega die Insel durch Zufall entdeckte, sah er nichts als kahle braune Berge und Krater. Kein Baum, kein Strauch, kein Gras, kein Lebewesen war in Sicht, nur ein paar Schildkröten umschwammen die wenigen Sandufer.

Der berühmte Kapitän William Dampier machte 1699 auf Ascension Schiffbruch und hatte so selbst Gelegenheit, Robinson Crusoe zu spielen. Er war es ja, der das Robinson-Modell Alexander Selkirk auf den Fernandez-Inseln zurückgelassen hatte und der den freiwilligen Eremiten später auch wieder abholte und mit nach England nahm. Dampier wurde bald aus seiner mißlichen Lage befreit; zurückgeblieben ist sein Goldschatz – munkelt man auf Ascension.

Auf die öde Insel besann man sich erst wieder, als Europa St. Helena zur kostenlosen Erholungsstätte für Napoleon gemacht hatte. Die Briten fürchteten, Napoleon könnte von Ascension aus befreit werden und nahmen die Insel deshalb in Besitz. Der große Korse aber starb schon wenige Jahre später – die Briten indessen sind auf Ascension geblieben.

Zu allen Zeiten des Jahres weht der Südostpassat über die Insel, so daß man die Hitze selten als lästig empfindet. Außerdem ist die Luftfeuchtigkeit sehr gering. So hat man die Insel früher als „keimfrei“ und ihr Klima als besonders gesund betrachtet und dort die Boote Station machen lassen, deren Besatzungen sich in Westafrika im Kampf gegen die Sklavenhändler Malaria und Gelbfieber zugezogen hatten.

Heute spielt Ascension eine große Rolle als Kabelverbindungsstation und als Beobachtungspunkt für die amerikanischen Raketenversuche.

So kahl, so wüstenartig, so abstoßend Ascension auf den ersten Blick aussah, so unerwartet angenehm wurde mein Aufenthalt dort – dank der britischen „Cable and Wireless Ltd.“, die die Insel regiert und deren Gast ich war.

Mit dem Direktor der Kabelstation, Mr. Harrison, der auch für alle Verwaltungsfragen verantwortlich ist, fuhr ich zum höchsten Berg der Insel, zum Green Mountain, einer köstlichen Oase inmitten einer kahlen Umgebung. Die Engländer haben den Berg systematisch bebaut und zu einer glüddichen Kombination von Naturschutzpark und Farmland gemacht. Aus aller Herren Länder führten sie Pflanzen und Tiere ein. Auf den Weiden grast das Vieh, das zur Farm gehörte, welche die rund 200 Angestellten und Arbeiter der Kabelstation mit Lebensmitteln versorgt.

Der Gipfel des Green Mountain ist 850 Meter hoch und trägt einen dichten Bambuswald, in dessen Innern sich ein kleiner Teich mit märchenhaften lilafarbenen Seerosen verstemt. Aber nicht nur (importierter) Bambus wächst auf dem Berg, sondern auch aus Australien stammende Akazien und Eukalyptusbäume, Zedern von den Bermudas, Eiben aus Südafrika und das berühmte australische Gras Paspalum dilatatum, das sich so außerordentlich gut zur Verwandlung öder Sandflächen in üppige Weiden eignet.

Im letzten Krieg vollbrachte dieses Gras in Libyen wahre Wunder: einzelne Samen körnchen hatten sich in die Uniformen und Wagen australischer Soldaten verirrt, ließen sich nun in den afrikanischen Sand fallen und begannen sogleich zu keimen, Wurzeln zu schlagen und Halme zu treiben. Im Nu wurde das ödland hier und da grün. Paspalum Rasen und -Weiden habe ich auch schon in Marokko, Dakar und in Port Gentil gesehen.

Auf dem Farmland von Ascension wachsen Ananas, Kartoffeln, Advokado-Birnen, Dattelpalmen, Ingwer-Stauden und Salbeisträucher. Bienenstöcke für die Befruchtung der Pflanzen hatten erst eingeführt werden müssen. Zu den vielen Seevögeln gesellten sich St. Helena-Kanarienvögel und Kardinäle.

Am Fuße des Green Mountain durchwanderten wir einen Hain, auf dessen Bestand früher jene Segelschiffe zurückgreifen konnten, deren Mast gebrochen war. Es ist die berühmte Norfolk Island-Kiefer, die an der Osts ei te der Insel diesen kleinen Reservewald bildet.

Auf der sonst öden Insel fällt nicht einmal ein Zehntel so viel Regen wie auf dem Grünen Berg, aus dessen Hängen tropfenweise Drips, spärliche Quellen, sickern. Die berühmteste von ihnen ist nach Dampier benannt worden, weil sie ihm und seiner Besatzung das Leben rettete. Ansonsten dienen Zisternen, in denen Regenwasser aufgefangen wird, der Wasserversorgung.

Wasser ist auf der Insel knapp – um so mehr wußte ich die Einladung des Managers zu einem täglichen Bad zu schätzen. Regnet es wirklich einmal, dann gleich in tropischen Wolkenbrüchen, die binnen Stunden die rote Insel grün werden lassen. Aber die Kehrseite dieser Verwandlung ist weniger erfreulich: Moskitos, Grillen, Heuschrecken und Kakerlaken vermehren sich so rasend schnell, daß sie den Algen Konkurrenz machen könnten. Sie werden zu einer wahren Plage, gegen die man sich nicht wehren kann.

Auch die Ratten sind keine angenehmen Inselbewohner. Als treueste Begleiter der Menschen kamen sie mit den gestrandeten Segelschiffen auf die Insel und richteten sich dort häuslich ein. Sie haben zusammen mit wildernden Katzen auf Ascension ungeheuren Schaden in den Brutkolonien der Seevögel angerichtet. Groteske Schauspiele, wie sie sich die Natur nicht besser hätte ausdenken können, sind die erbitterten Zweikämpfe zwischen Ratten und riesigen Landkrabben – beide scheinen des anderen Fleisch als Delikatesse zu schätzen. Da sie beide gleiche Gewinnchancen haben, geht keiner dem anderen aus dem Weg, sondern greift an, sobald er hungrig ist und setzt nach dem Siege zum Festschmaus an – oder aber bezahlt seinen Appetit mit dem Leben.

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