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4.Die allgemeinen Bestimmungen (Art. 1 bis 8)

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Neben dem Grundartikel enthält auch der erste Abschnitt allgemeine Bestimmungen von besonderer Bedeutung, die den folgenden Abschnitten vorgeordnet sind und sowohl rechtliche als auch theologische Grundsatzaussagen enthalten.

a)Art. 1 stellt nochmals den schon im Grundartikel angesprochenen Auftrag der Kirche in den Vordergrund. Ihr Dienst am Evangelium in Wort und Sakrament (CA VII) wird ergänzt, näher entfaltet und untrennbar verbunden mit der Gemeinschaft im Gebet und in der Nachfolge Jesu Christi, mit der Ausrichtung des Missionsauftrages, dem Zeugnis in der Öffentlichkeit, im Dienst der helfenden Liebe und der christlichen Erziehung und Unterweisung (Art. 1 Abs. 1; vgl. bereits Grundartikel Abs. 3, wo vom Auftrag, Gottes Heil zu bezeugen, nicht nur zu verkündigen, die Rede ist). Nicht nur den kirchlichen Rechtsträgern, sondern – als Ausfluss des allgemeinen Priestertums der Getauften – allen Kirchengliedern kommt dabei die Verantwortung für die rechte Lehre und für die zeit- und sachgemäße Erfüllung dieses kirchlichen Auftrages zu (Abs. 2; vgl. daneben die besondere Verantwortung von Pfarrern und Pfarrerinnen (Art. 16), der kirchenleitenden Organe (Art. 41 Abs. 2) und – noch einmal besonders erwähnt – des Landesbischofs/der Landesbischöfin (Art. 61 Abs. 1 Nr.1) und der Oberkirchenräte und Oberkirchenrätinnen in den Kirchenkreisen (Art. 64 Abs. 3 Nr. 1).

b)Art. 2 enthält die „Bausteine“, die organisatorische und strukturelle Gliederung der ELKB. Hier wird die ELKB näher entfaltet: Sie besteht nicht nur aus den Kirchengemeinden, Gesamtkirchengemeinden und Dekanatsbezirken, auch ihre sonstigen Körperschaften, ihre Anstalten und Stiftungen, ihre Ämter, Werke und Dienste bilden einen integrativen Bestandteil der ELKB. Sie alle stellen eine innere und äußere Einheit dar, sind die „verfasste Kirche“. In dieser Einheit haben sie die „zur Erfüllung ihrer besonderen Aufgaben notwendige Eigenverantwortung und Freiheit, die durch die kirchlichen Ordnungen gesichert und begrenzt werden“ (Art. 2 S. 2).57 Die einzelnen Rechtsträger sind also Partner in Freiheit untereinander und gegenüber die Landeskirche. Zum anderen sind alle auch Teile eines als Einheit sich darstellenden Ganzen und damit den gemeinsamen Ordnungen unterworfen.58 Den neben den Kirchengemeinden, den Gesamtkirchengemeinden und Dekanatsbezirken bestehenden sonstigen „Gliederungen“, wie die landeskirchlichen Einrichtungen und Dienste kommt in manchen Fällen eine eigene Rechtspersönlichkeit zu, überwiegend jedoch nicht (vgl. hierzu auch Art. 8 und Art. 38 ff. KVerf). Eine besondere Systematik besteht in dieser Beziehung nicht.59

c)Das Selbstbestimmungsrecht der Kirche ist in Art. 3 ausgedrückt. Im staatlichen Recht ist dieses Recht anerkannt und garantiert in Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV (RS 100/101) und in Art. 142 Abs. 2 BV (RS 105).

d)Art. 4 enthält die grundlegende Aussage über das Verhältnis von Amt und Gemeinde.60 Art. 4 trifft keine Entscheidung hinsichtlich einer Priorität weder des einen noch des anderen: Amt und Gemeinde stehen nicht im Verhältnis einer Über- oder Unterordnung. Unter der gemeinsamen Verantwortung der ganzen Kirche für Wort und Sakrament (vgl. bereits die gemeinsame Verantwortung für die Erfüllung des kirchlichen Auftrages durch alle Kirchenglieder und die kirchlichen Rechtsträger in Art. 1 Abs. 2) sind „Gemeinde und Amt einander zugeordnet und aneinander gewiesen“. Dieses Spannungsverhältnis der gegenseitigen Zuordnung und des Aneinandergewiesenseins ist ein hoher Anspruch, dessen Verwirklichung der Praxis immer wieder neu aufgegeben ist (vgl. hierzu auch §§ 1 Abs. 1, 19 KGO). Wenn auch die Kirchenverfassung in Art. 4 von einer grundsätzlichen Gleichgewichtigkeit von Gemeinde und Amt ausgeht, so bleibt doch zu fragen, ob dieses Maß stets in gleicher Weise durchgehalten wird. Ingesamt scheint die Stellung des Amtes doch etwas stärker ausgeprägt zu sein als die Stellung der Gemeinde (vgl. hierzu den weiten Begriff des Amtes in Art. 12 KVerf und die besondere Verantwortung des Pfarrers in Art. 16 KVerf.

e)Art. 5 weist mit seiner Aussage, dass Leitung der Kirche zugleich geistlicher und rechtlicher Dienst sei, auf Abs. 3 des Grundartikels zurück, wonach auch das Recht und die Ordnungen dem Auftrag der Kirche unterstellt sind, Gottes Heil in Jesus Christus in der Welt zu bezeugen (vgl. insoweit auch die dritte These der Barmer Theologischen Erklärung: „Sie hat mit ihrem Glauben wie mit ihrem Gehorsam, mit ihrer Botschaft wie mit ihrer Ordnung mitten in der Welt der Sünde als die Kirche der begnadigten Sünder zu bezeugen …“)• Was mit Art. 5 gemeint ist, besagt auch die entsprechende und in der Klarheit ihrer Aussage so treffliche Bestimmung der Grundordnung der Badischen Landeskirche (Art. 109, Abs. 2 Satz 1): „Die Leitung der Landeskirche geschieht geistlich und rechtlich in unaufgebbarer Einheit.“

f)Art. 6 enthält Aussagen über die Verhältnis der ELKB zu anderen Kirchen und ihre Einbindung als Partikularkirche in größere kirchliche Gemeinschafen (VELKD, EKD – unter Wahrung ihres Bekenntnisstandes! –, LWB und ÖRK).

g)In Art. 7 wird das Verhältnis zum Staat und zu anderen öffentlichen Körperschaften nur insoweit angesprochen, als die – selbstverständliche – Möglichkeit vertraglicher Vereinbarungen bejaht wird. Das Verhältnis Kirche–Stadt regelt sich gemeinhin auf der Basis der staatlichen Verfassungsgarantien (Art. 4 GG und 140 i. V. m. Art. 136–141 WRV) und der staatlichen Gesetze. Dem gewandelten Verhältnis von Staat und Kirche entspricht aber zunehmend auch die Regelung durch vertragliche Vereinbarungen. Hierzu bedarf es allerdings keiner besonderen Ermächtigung in der Kirchenverfassung. Insoweit hat Art. 7 lediglich deklaratorische Bedeutung.61 In der Tat bestehen eine ganze Anzahl vertraglicher Vereinbarungen, die bereits aus der Zeit vor Inkrafttreten der Verfassung von 1971 stammen. Die bedeutendste davon ist der Kirchenvertrag von 1924 mit den Änderungsverträgen von 1968, 1974, 1978 und 1984.62 Zu erwähnen sind ferner der Vertrag über die Evangelisch-Theologische Fakultät der Universität München (1967) sowie die Vereinbarung über Staatsleistungen (1964/2014) und vertragliche Regelungen auf einigen Sondergebieten (z.B. über die Pauschalvergütung für die Erteilung des Religionsunterrichtes, die Seelsorge in den Justizvollzugsanstalten oder auf dem Gebiet des Baulastrechts).63

h)Art. 8 als letzte der allgemeinen Bestimmungen behandelt schließlich die Rechtspersönlichkeit nach kirchlichem Recht, wobei festgestellt wird, dass die bestehenden kirchlichen Körperschaften zugleich nach staatlichem Recht Körperschaften des öffentlichen Rechts sind und neu errichtete kirchliche Körperschaften die Rechtsfähigkeit nach staatlichem Recht erwerben sollen. Die Rechtsfigur der Rechtspersönlichkeit nach kirchlichem Recht hat lediglich innerkirchliche Bedeutung; von ihr ist bei den Prodekanatsbezirken in den Dekanatsbezirken der Dekanatsbezirke München und Nürnberg sowie gemäß § 7 Abs. 2 des Kirchlichen Zusammenarbeitsgesetzes (RS 315) für kirchliche Zweckverbände, soweit diesen nicht auch die Eigenschaft einer Körperschaft des öffentlichen Rechts verliehen wird, Gebrauch gemacht worden.

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