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KAPITEL 3 Das Verhältnis von Kirche und Staat § 6Grundlagen des Verhältnisses von Staat und Kirche in Deutschland 1.Kirchliches und staatliches Verfassungsrecht

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Unsere Kirchenverfassung geht auf das Verhältnis der ELKB zum Staat und auf ihr Wirken in der Öffentlichkeit in zwei einleitenden allgemeinen Bestimmungen ein: Nach Art. 3 KVerf (RS 1) verwaltet sie ihre Angelegenheiten selbstständig und nach Art. 7 KVerf kann die ELKB ihr Verhältnis zum Staat und zu anderen Körperschaften durch vertragliche Vereinbarungen regeln. Mit diesen Bestimmungen im kirchlichen Verfassungsrecht sind zwei Grundsätze angesprochen, die grundlegend für das heutige Verhältnis von Kirche und Staat sind: Einmal das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, welches das staatliche Verfassungsrecht in Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV (RS 100/101) bzw. in Art. 142 Abs. 3 BV (RS 105) anerkennt und garantiert, und zum anderen, dass Kirche und Staat sich als voneinander unabhängige, aber gleichberechtigte Partner gegenüberstehen. Denn der Abschluss von Verträgen setzt grundsätzlich die Gleichberechtigung der Vertragspartner voraus. In dieser heutigen Stellung der Kirchen und Religionsgemeinschaften zeigt sich der Wandel gegenüber dem früheren staatskirchlichen System oder gegenüber manchen ausländischen Modellen.

Kein Staat kommt daran vorbei, sich zu den in seinem Gebiet bestehenden Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften in Beziehung zu setzen, und sei es nur, um sich gegen sie abzugrenzen. Ob und wie der Staat etwa Religionsfreiheit gewährt oder den Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften den zu ihrem Wirken und zur Erfüllung ihres Auftrages erforderlichen Freiraum zugesteht und durch seine Rechtsordnung garantiert, ist nicht nur bestimmend für das Wesen dieses Staates. Das rechtliche Verhältnis des Staates zu den Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften ist auch bestimmend für die Ausgestaltung der rechtlichen Ordnung der betreffenden Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften.

So ist z.B. das gesamte Kirchensteuerrecht oder etwa die Ausgestaltung der Dienstverhältnisse der Pfarrer und Kirchenbeamten als öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse ohne die Vorgaben im staatlichen Verfassungsrecht (vgl. Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3, 5 und 6 WRV) überhaupt nicht verständlich. Ungeachtet ihrer eigenständigen (vom Staat unabhängigen) Rechtsmacht handeln die Kirchen in diesen Bereichen zum Teil, d.h. soweit sie mit ihren Regelungen über den eigenen kirchlichen Bereich hinaus auch im staatlich-weltlichen Bereich unmittelbar wirksame Rechtsnormen setzen, aufgrund einer vom Staat verliehenen Rechtsetzungsbefugnis.

Evangelisches Kirchenrecht in Bayern

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