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Sprachliche Inszenierungen

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In den letzten Jahren hat der Begriff der ‚Inszenierung‘ als methodisches Konzept deshalb Karriere gemacht, weil er sowohl in historischen wie in literarischen Kontexten anwendbar ist, nämlich überall dort, wo ein Material von einer planenden, ordnenden Instanz abhängig ist, von einem Regisseur oder einem Autor. Gerd Althoff hat in seinen Studien zur Inszenierung politischer Rituale überzeugend dargelegt, dass komplexe Strategien und Pläne der Realisierung mittelalterlicher Rituale und politischer Ereignisse zugrunde liegen.18 Inszenierung meint hier ebenfalls Plan und Ordnung, das Arrangement von Körpern und Material und den zeit-räumlichen Ablauf eines Rituals, also um bestimmte Kulturtechniken und -praktiken, mit denen etwas aufgeführt, zur Erscheinung gebracht wird. Dabei wirkt die Inszenierung häufig darüber, dass sie nicht als solche wahrgenommen wird, unterliegt also komplexen Steuerungs- und auch Täuschungsstrategien.

Wenn der Inszenierungsbegriff für Aufführungen, Rituale oder auch Texte verwendet werden soll, wird er zu einer anthropologischen Kategorie, zu einem „Vorgang, der durch eine je spezifische Auswahl, Organisation und Strukturierung von Personen und Materialien etwas zur Erscheinung bringt, das seiner Natur nach nicht gegenständlich zu werden vermag“.19 Nach Iser muss der Inszenierung etwas vorausliegen, welches durch sie zur Erscheinung kommt. Daher definiert er die Inszenierung auch als „Institution menschlicher Selbstauslegung“ und unterstreicht damit die anthropologische Dimension des ästhetischen Begriffes. Übertragen auf Texte heißt dies, dass sie Aufführungen, und somit auch komische Lachvorgänge, narrativ inszenieren und damit den Versuch machen, Körperlichkeit, Materialität und Sinnlichkeit in Sprache und Schrift zu übertragen. Das in der Performance unmittelbar rezipierte Wechselverhältnis zwischen Wahrnehmung, Bewegung und Sprache wird in der Literatur bewusst aufgenommen, reflektiert und kommuniziert.20 Inszenierungen komischer Körper sind in Texten somit auf die Erzeugung bestimmter Wahrnehmungs- und Vorstellungspotentiale ausgerichtet, die beim Leser die Teilhabe an einem Lachvorgang evozieren sollen.

Es ist demnach wichtig, bei der Analyse von Texten auch die Handlungskontexte zu berücksichtigen, in denen die Sprache steht, und welche körperlichen und sinnlichen Aspekte sie transportiert. Diese können sowohl in diskursiven Beschreibungen von Körperlichkeit enthalten sein, als auch in metakommunikativen oder selbstreferentiellen Aussagen. Das ist etwa an den verschiedenen mimikologischen Relationen zwischen Körper und Sprache abzulesen, insofern die als komisch ‚aufgeführte‘ Sprache körperliche Überschüsse aufweist, mit denen Sprachnormen variiert, konterkariert und damit spielerisch destabilisiert und verunreinigt werden. Neben den deiktischen Funktionen (Bühler) und ihren mimikologischen Relationen (Genette) umfasst die Sprache auch klangliche und stimmliche Aspekte, an welchen ihr mimetisches Potential erkennbar ist. Die Verwendung der Sprache, mit welcher komische Körper inszeniert werden, ist somit unter der Maßgabe ihrer körperlichen Gegenwärtigkeit zu analysieren. Wenn die Sprache des Possenreißers sich als komisch, obszön, lächerlich „gebärdet“, dann ist sie gänzlich an den unmittelbaren Körper des Sprechenden und die Körperlichkeit und Materialität der Kommunikation gebunden, nicht als Signifikant, sondern als Bezug zur körperlichen Gegenwart dessen, der diese Worte ausspricht.

Das heißt konsequenterweise, Sprache und auch ihre Bedeutungen als verkörperte zu begreifen. Damit wird der Aspekt des Vollziehens, der Leiblichkeit und Materialität von Sprache hervorgehoben, die Frage nach den stummen, vorprädikativen Formgebungen von Sinn. ‚Verkörperung‘ kennzeichnet dabei die Nahtstelle der Entstehung von Sinn aus nicht-sinnhaften Phänomenen. „Es ist die Medialität der Sprache, die alle Vorstellungen, das Sprechen sei ein intentionales, intersubjektiv kontrollierbares Zeichenhandeln, zu kurz greifen läßt. ‚Verkörperte Sprache‘ wird so zu einem Suchbegriff nach den materialen, den vorprädikativen Formgebungen unserer Sprachlichkeit“.21

Die sprachliche Inszenierung von komischer Körperlichkeit ist auch deshalb eine so wichtige Kategorie, weil Aspekte der Performance wie materielle Kopräsenz, sinnliche Wahrnehmung von Emotionalität und körperliche Übertragung bei der Rezeption von Texten nur in reduzierter und medial veränderter Form gegeben sind. Dennoch tragen sprachliche Inszenierungen in Texten nicht ausschließlich semiotischen Charakter: auch sie können Präsenz erzeugende performative Strategien verwenden.

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